Post COVID: Fünf Ambulanzen und eine Webseite für Betroffene
Mainz – Fünf zentrale Ambulanzen für Menschen mit Post-COVID-Symptomen nehmen im September und Oktober in Rheinland-Pfalz ihre Arbeit auf. Außer in Koblenz und Mainz werde es die Spezialeinrichtungen auch in Trier, Ludwigshafen und Kaiserslautern geben, kündigte Ministerialdirektor Daniel Stich (SPD) aus dem Gesundheitsministerium in Mainz an.
Die Landesregierung unterstützt diese Einrichtungen mit jeweils bis zu 50.000 Euro – zunächst für ein Jahr. Mediziner und Krankenkassen sind aus verschiedenen Gründen skeptisch. Nach einem Jahr werde es voraussichtlich eine bundesweite Versorgungsrichtlinie geben, sagte Stich. „Wir wissen aber noch nicht genau, was der Bund vorhat.“ Sollte es nach einem Jahr noch keine bundesweite Regelung geben, würden die betroffenen Rheinland-Pfälzer aber auch „nicht im Stich gelassen“.
Hausärzte sollen die erste Anlaufstelle für Betroffene bleiben, sie können sich aber auch gleich – ohne Überweisung – an eine der neuen Ambulanzen wenden. Diese sollen sich auch vernetzen und miteinander lernen. Eine Webseite bietet Informationen über Post COVID und weist auf Unterstützungsangebote und Selbsthilfegruppen hin.
Rund 80.000 Rheinland-Pfälzer haben nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums mit Post-COVID-Symptomen zu kämpfen, etwa 1.500 davon hätten schwere Verläufe. Bei Symptomen, die nach einer Coronainfektion länger als zwölf Wochen andauern, ist von Post COVID die Rede, bei bis zu zwölf Wochen von Long COVID, wie Stich erläuterte.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) des Landes verwies auf fehlende Ärzte und zu wenig medizinisches Personal. Das Geld der Landesregierung für die Anlaufstellen sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die KV lobte aber den Zuschuss der Krankenkassen zur „aufwendigen Versorgung von Post-COVID-Patienten“ für alle niedergelassene Fach- und Allgemeinärzte von 150.000 Euro für das zweite Halbjahr.
Die Techniker Krankenkasse (TK) habe sich gemeinsam mit den anderen Krankenkassen und der KV auf eine zusätzliche Vergütung verständigt, die den Mehraufwand berücksichtige, erläuterte der Leiter der TK-Landesvertretung, Jörn Simon.
Zum Jahresende werde zudem eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Versorgung von Menschen mit Post-COVID-Syndrom erwartet, die die Grundlage für die weitere Versorgung sei.
„Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, diese Richtlinie abzuwarten, bis man weitere Entwicklungen anstößt“, sagte Simon. „Die Ambulanzen sind für mich auch deshalb mit einem gewissen Fragezeichen versehen, da die vorhandenen Strukturen ausreichen.“ Die Landesärztekammer warnte vor „einer zu großen Erwartungshaltung“.
„Der Vorteil der Post-COVID-Ambulanzen ist die Spezialisierung“, sagte der Präsident der Kammer, Günther Matheis. Allerdings gebe es nach wie vor keine einheitliche Leitlinie für die Behandlung von Coronalangzeitfolgen.
„Die Erfahrungen mit Diagnose und Behandlung stehen noch am Anfang, das Krankheitsbild Post-COVID ist noch zu unerforscht, einen Goldstandard gibt es noch nicht – dafür wird es noch Zeit brauchen.“ Die neuen Ambulanzen könnten auch nichts am Mangel von Fachärzten ändern.
Skeptisch ist auch der Verband der Ersatzkassen (vdek). „Inwieweit die neuen Post-COVID-Ambulanzen einen zusätzlichen Nutzen für die Versorgung im Land bringen können, bleibt abzuwarten“, sagte Tanja Börner vom Verband. „Ganz wichtig ist deshalb, dass Patienten bei Beschwerden im Nachgang zu einer Coronaerkrankung immer erst zu ihrem Hausarzt gehen.“
Dieser kenne seine Patienten und könne im konkreten Fall entscheiden, ob er selbst die Versorgung übernehmen kann, ob eine Überweisung zu einem oder mehreren Fachärzten erforderlich ist oder ob, bei besonders schweren Formen der Erkrankung, eine der Post-COVID-Ambulanzen aufgesucht werden sollte, betonte Börner.
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