Politik

Proteste gegen Personalnot in der Pflege

  • Dienstag, 24. Oktober 2017
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Düsseldorf – Die Pflegenden protestieren in Deutschland weiter gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Personalnot. Klinikbeschäftigte in Baden-Württemberg haben heute mit einer Reihe von Aktionen begonnen, um auf Personalknappheit hinzuweisen. An den Düsseldorfer Universitätskliniken hat ein 48-stündiger Warnstreik begonnen, zu dem die Gewerkschaft verdi aufgerufen hatte. Forderungen nach schneller Hilfe stellten Grüne und Sozialverband VdK.

Ein Sprecher der Düsseldorfer Universitätskliniken sagte heute, etwa die Hälfte der 36 Operationssäle könne wegen des verdi-Streiks nicht betrieben werden. Vor allem im Bereich der Küche fehle Personal. Unter anderem seien Mitarbeiter aus dem IT-Bereich geschult worden, um dort auszuhelfen. Der Streik soll auch morgen noch weitergehen. Die Gewerkschaft verdi fordert dort unter anderem die Übernahme des Klinikpersonal-Tarifvertrags für die Tochtergesellschaften.

Proteste in Süddeutschland

Am Städtischen Klinikum Karlsruhe gab es heute zwei kleine Kundgebungen und einen Infostand, wie Klaus Nägele von verdi sagte. An den mehrtägigen Aktionen seien unter anderem auch das Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, das Zollernalb-Klinikum und das Uniklinikum Tübingen beteiligt. Zu dem Protest gehöre, dass die Beschäftigten an bestimmten Tagen Überstunden verweigern und Pausen so nehmen, wie sie gesetzlich vorgeschrieben sind.

Die Aktionen bis zum Donnerstag seien für die Arbeitgeber planbar – sie könnten sich organisatorisch darauf vorbereiten. Gleichwohl könnten Auswirkungen auch für die Patienten spürbar sein, sagte ein Verdi-Sprecher. Die Gewerkschaft fordert von der künftigen Bundesregierung, per Gesetz für mehr Personal in den Kliniken zu sorgen. Nach Angaben von Verdi gibt es im Südwesten gut 37.000 Pflegekräfte – das seien mindestens 7.000 zu wenig. Von den vier Unikliniken in Baden-Württemberg – Tübingen, Heidelberg, Ulm und Freiburg – fordert die Gewerkschaft Haustarifverträge zur Entlastung der Mitarbeiter.

Maria Klein-Schmeink und Kordula Schulz-Asche, Gesundheitsexpertinnen der Grünen-Bundestagsfraktion, machten sich heute erneut für zeitnahe spürbare Entlastungen für die Pflege stark. „Die Streiks verdeutlichen: es fehlt an qualifiziertem Pflegepersonal  und die Arbeitsbelastung für die Beschäftigten steigt immer weiter“, erklärten sie in einer Mitteilung.

Sie verwiesen auf internationale Vergleichsstudien, die die hohe Belastung des deutschen Klinikpersonals zeigten. Während sich in Deutschland eine Krankenpflegerin im Schnitt um 13 Patienten kümmern müsse, seien es in den USA durchschnittlich nur 5,3. Das sei ein Ergebnis davon, „dass jahrelang Stellen im Pflegedienst an deutschen Kliniken abgebaut wurden“.

Auch der Sozialverband VdK fordert deutlich mehr Pflegekräfte für Deutsch­land. „Wir sind sehr froh über die ersten Ergebnisse der Pflegereform. Das Grund­problem ist aber ungelöst“, erklärte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zu wenige Personen müssten sich um zu viele Pflegebedürftige kümmern, sagte Mascher mit Blick auf die stationäre Pflege. Es gebe zudem zahlreiche Regionen in Deutschland, in denen ambulante Pflegedienste keine neuen Kunden mehr aufnehmen könnten, weil ihnen das Personal fehle.

Personaluntergrenzen nötig

Mascher betonte, der Gesamtbedarf an beruflich Pflegenden werde in den nächsten Jahren massiv steigen. „Unterschiedliche Berechnungen gehen von 300.000 bis 500.000 zusätzlichen Pflegekräften bis 2050 aus. Von daher sollten wir alle Möglichkeiten in Betracht ziehen“, erklärte sie. Die Anwerbung ausländischer Pflegekräfte könne dabei nur ein Baustein sein, „nicht die Lösung aller Probleme“.

Wichtig seien außerdem verbindliche Personaluntergrenzen in Pflegeheimen, „damit die Arbeitsverdichtung, Überforderung und die steigende Arbeitsbelastung vieler Pflegekräfte ein Ende haben“. Der VdK fordere darüber hinaus einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss, eine automatische Leistungsdynamisierung und die kommunale Übernahme von Investitionskosten.

dpa

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