Psychotherapeuten: Gesundheits-Apps auf Wirksamkeit überprüfen
Berlin – Gesundheits-Apps können die Versorgung psychisch kranker Menschen ergänzen – sie sollten in der Behandlung aber nur eingesetzt werden, wenn sie auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden. Das hat heute die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) vor der Presse in Berlin angemahnt.
„Digitale Programme für psychisch kranke Menschen müssen Datensicherheit und technische Funktionalität sicherstellen, vor allem aber dürfen sie Patienten nicht gefährden. Eine App, die nicht wirkt, ist bei psychisch kranken Menschen nicht einfach nur überflüssig, sondern sogar schädlich“, erklärte Dietrich Munz, Präsident der BPtK.
Die BPtK fordert deshalb, dass der Hersteller einer Gesundheits-App, womit internet- und mobilbasierte Interventionen gemeint sind, die Wirksamkeit nachweisen muss. Diese sollte durch klinische Studien mit Kontrollgruppen geschehen.
Mit dem Digitale-Versorgungsgesetz (DVG), das am 27. September in erster Lesung im Bundestag beraten werden soll, plant Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unter anderem, digitalen Gesundheitsanwendungen den Weg in die Versorgung zu ermöglichen.
Der Gesetzentwurf enthält Regelungen, wie Ärzte und Psychotherapeuten ihren Patienten künftig Gesundheits-Apps verschreiben können. Sie sollen aber auch ohne Rezept, zum Teil direkt über die Krankenkassen zu erhalten sein. Vorgesehen ist auch, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Apps prüfen und in ein „Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen“ aufnehmen soll.
Intensivierung von psychotherapeutischen Behandlungen
Durch Gesundheits-Apps lassen sich nach Angaben der BPtK psychotherapeutische Behandlungen intensivieren, indem Ärzte oder Psychotherapeuten sie gezielt einsetzen, um beispielsweise die Bewältigung angstauslösender Situationen wirksamer üben zu können.
Sie könnten das psychotherapeutische Angebot auch erweitern, weil sie zwischen den Gesprächsterminen zusätzliche Behandlungseinheiten oder Übungen auch ohne den Psychotherapeuten ermöglichen. Einige Patienten können so mit Unterstützung einer App allein an ihren Beschwerden arbeiten. Gesundheits-Apps können darüber hinaus genutzt werden, um psychische Erkrankungen zu vermeiden oder Rückfällen vorzubeugen.
Insbesondere für Diagnose, Indikationsstellung und Aufklärung ist nach Ansicht des BPtK-Präsidenten das unmittelbare Gespräch von Arzt/Psychotherapeut und Patient von Angesicht zu Angesicht erforderlich.
Programme für psychische Erkrankungen sollten ausschließlich durch Psychotherapeuten und Ärzte verordnet werden. Eine fachgerechte Diagnostik könne weder durch die App selbst noch durch Krankenkassen erfolgen. „Die Servicehotlines und Berater von Krankenkassen sind nicht in der Lage, beim einzelnen Patienten die Risiken einer Gesundheits-App einzuschätzen“, betonte Munz.
Patienten können Gesundheits-Apps auch nutzen, um psychischen Erkrankungen vorzubeugen. Damit dies insbesondere Patienten tun, bei denen das aufgrund von individuellen Risikofaktoren angebracht ist, sollten Psychotherapeuten und Ärzte präventive Angebote gezielt empfehlen, fordert die Bundespsychotherapeutenkammer.
Dies wäre insbesondere in der psychotherapeutischen Sprechstunde sinnvoll. „Rund 40 Prozent der Patienten, die in eine psychotherapeutische Sprechstunde kommen, benötigen anschließend keine Behandlung. Oft haben sie aber psychische Beschwerden, bei denen präventive Angebote ratsam wären“, erläuterte Munz.
Transparentes Online-Verzeichnis gefordert
Darüberhinaus wünscht sich die BPtK, dass Gesundheits-Apps, die als wirksam und sicher überprüft wurden, für Patienten, Psychotherapeuten und Ärzte in einem Online-Verzeichnis nachzuschlagen werden können.
Die Apps sollten allen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können und nicht nur, wie jetzt noch häufig, den Versicherten einzelner Krankenkassen zur Verfügung stehen. Außerdem sollten die Versicherten einen Leistungsanspruch auf wirksame und sichere Gesundheits-Apps haben, sodass die Krankenkassen die Kosten für diese Gesundheits-Apps übernehmen müssen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: