Psychotherapie: Bewertungsausschuss legt Vergütung für Sprechstunde und Akuttherapie fest

Berlin – Die neu eingeführten Leistungen der psychotherapeutischen Sprechstunde und der Akuttherapie werden circa fünf Prozent schlechter bezahlt als die bekannte Richtlinienpsychotherapie. Dies hat der Erweiterte Bewertungsausschuss gegen die Stimmen der Ärzte heute in Berlin entschieden. Die Entscheidung stößt auf erhebliche Kritik bei Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Psychotherapeutenverbänden. Die KBV will am morgigen Donnerstag mehr in einer Pressekonferenz bekanntgeben.
„Die Krankenkassen haben die Interessen ihrer eigenen Versicherten torpediert. Sie weigern sich, den Mehraufwand für die Psychotherapeuten adäquat zu finanzieren“, kommentierte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen das Ergebnis heute auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Die KBV hatte sich im Erweiterten Bewertungsausschuss für eine leistungsgerechte Vergütung eingesetzt und sich gegen die Kassenseite positioniert. Die Stimme des neutralen Schlichters habe dann allerdings den Ausschlag gegen die KBV gegeben.
„Die psychotherapeutischen Sprechstunden einzurichten, stellt einen hohen – nicht nur inhaltlichen, sondern auch administrativen – Mehraufwand dar, der zum Teil sogar mit der Einstellung von Praxispersonal verbunden ist. Das macht man nicht eben nebenbei, wie die Vertreter der Krankenkassen offenbar meinen“, erläuterte Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender.
„Durch diese Entscheidung wird der Wille des Gesetzgebers durch den GKV-Spitzenverband konterkariert und eine Chance auf schnelleren Zugang der Versicherten auf Psychotherapie leichtfertig aufs Spiel gesetzt“, bewertete auch Jörg Hermann, Vorstandsvorsitzender der KV Bremen, den Beschluss negativ. Der Vorstand der KV Bremen will der KBV empfehlen, gegen diese Entscheidung zu klagen.
„Mit diesem Beschluss wird die gesamte Reform der Psychotherapie-Richtlinie ausgehebelt“, erklären die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV), der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) und die Vereinigung analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP). Damit würden die Reformbemühungen des Gesetzgebers „erschwert“. „Es fehlt damit jede Anreizwirkung für die notwendige Veränderung“, kritisierten sie in einer ersten Stellungnahme.
Die neuen Behandlungsformen Sprechstunde und Akutbehandlung waren eingeführt worden, um den Patienten den Weg in und durch die Therapieformen für psychische Erkrankungen zu ebnen. Ab dem 1. April sind Psychotherapeuten gesetzlich verpflichtet, psychotherapeutische Sprechstunden anzubieten. Durch Erstgespräch – im Rahmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde – und einer Akutbehandlung soll Patienten zeitnah ein leichterer Zugang ermöglicht werden.
In der psychotherapeutischen Sprechstunde soll ein ärztlicher oder psychologischer Psychotherapeut oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut künftig frühzeitig abklären, ob eine psychische Krankheit beziehungsweise ein Verdacht hierauf vorliegt und ob der Patient eine Psychotherapie benötigt oder ob ihm mit anderen Unterstützungs- und Beratungsangeboten geholfen werden kann. Die Akutbehandlung ermöglicht Patienten in einer akuten psychischen Krise den Zugang zum Psychotherapeuten ohne lange Genehmigungsverfahren über die Krankenkasse.
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