Politik

Qualitätssicherung: Regierungskommission legt erste Punkte zum Bürokratieabbau vor

  • Freitag, 20. Oktober 2023
/tippapatt, stock.adobe.com
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Berlin – In der medizinischen Versorgung sollten die Qualitätssicherung selbst und alle bisherigen Instrumente dafür auf den Prüfstand gestellt werden. Ziel sollte es sein, bestehende Bürokratie abzubauen. Die Regierungs­kommis­sion Krankenhaus hat dafür am Abend erste Vorschläge vorgelegt.

Das oberste Gebot für Nachweise der Qualitätssicherung sollte weniger Bürokratie und Praxistauglichkeit sein, heißt es von der Kommission in einer Mitteilung. Das ausführliche Empfehlungspapier liegt allerdings noch nicht dazu vor.

Um Bürokratie abzubauen, sollten – wo immer möglich – vorhandene Daten etwa aus Abrech­nungs- oder So­zial­daten sowie Krankenhausinformationssystemen genutzt werden. Berücksichtigt werden sollten nicht nur klinische Daten, sondern auch die Patientenperspektive.

Die Kommission regt darüber hinaus an, dass stabil unauffällige Einrichtungen erst nach drei Jahren wieder überprüft werden sollen. Ebenso sollten Qualitätsindikatoren möglichst auf Empfehlungen von S3-Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften beruhen.

Aus Sicht der Kommission sollten vorhandene Zertifikate, die wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, nicht mehr finanziert oder von Krankenhäusern erworben werden. Das Institut für Qualitätssicherung und Transpa­renz im Gesundheitswesen (IQTIG) sollte Kriterien für die Bewertung von Zertifikaten erarbeiten.

Einführen will die Kommission ein freiwilliges Zertifikat für Krankenhäuser, die sich mit Gesundheitseinrich­tungen aus der Region vernetzen und eng zusammenarbeiten. Damit verbunden sollte eine Aufstockung des Vorhaltebudgets um bis zu zwei Prozent sein, heißt es.

Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagements (QM-RL) sollte nach Vorstellung der Berater zu einem klaren Anforderungskatalog weiter­entwickelt werden. „Bei erfolgreicher (freiwilliger) Auditierung sollten Kranken­häuser ihr Vorhaltebudget um bis zu zwei Prozent aufstocken können“, so die Kommission.

Mit einer qualitätsabhängigen Vergütung will die Kommission diejenigen Gesundheitseinrichtungen belohnen, die soge­nannte Indikationsboards etablieren oder mit Methoden des „Shared Decision Making“ arbeiten.

Die Eckpunkte sehen auch vor, dass für nicht ärztliche Behandlungsarten – also die Qualität der Leistungen der Pflege und anderer Gesundheitsberufe – Standards entwickelt werden sollten. Darüber hinaus sollte die Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Sektor angeglichen werden. Auch die Vorgehensweisen in den Bundesländern sollten harmonisiert werden, schreibt die Kommission.

„Die Empfehlung der Regierungskommission betont ein Kernanliegen der Bundesregierung: die Qualität der Versorgung zu verbessern“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dass bessere Qualität nicht notwendigerweise mehr Bürokratie bedeuten müsse, sei ein wichtiger Ansatz, den man im Regierungs­handeln verfolgen werde.

„Qualität fängt bereits bei der Indikationsstellung an“, sagte Heidemarie Haeske-Seeberg, Mitglied der Regie­rungskommission und Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement, sowie Leiterin des Bereichs für Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement der Sana Kliniken AG. Es gebe noch wenig valide Informationen über das Versorgungsgeschehen. Wissenschaftliche Leitlinien sollten daher dazu routinemäßig Hinweise geben.

„Eine hohe Versorgungsqualität und Patientensicherheit sind primäre Ziele unseres Gesundheitssystems. Hier befinden wir uns aber trotz viel Bürokratie fast noch im Blindflug“, erklärte Jochen Schmitt, Mitglied der Re­gierungskommission und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am Universitäts­klinikum Dresden.

Entscheidende Schlüssel für bessere Qualitätstransparenz bei gleichzeitig verhältnismäßigem Dokumenta­tionsaufwand in Kliniken und Praxen seien die digitale Transformation im Gesundheitswesen und ein er­mög­lichender Datenschutz.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wies erneut auf die Unzufriedenheit mit dem derzeitigen Sys­tem der gesetzlichen Qualitätssicherung hin. Die DKG betonte, Überregulierung, Doppeldokumentatio­nen und Parallelkontrollen, ineffiziente und nebenwirkungsbehaftete Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Bürokratie und die Suche nach Fehlern und Defiziten, drohende Sanktionen sowie die Zweckentfremdung zur „kalten Krankenhausstrukturbereinigung“ hätten seit Langem negative Auswirkungen für die Krankenhäuser und die Patientenversorgung.

„Die Vorschläge der Regierungskommission sind fundiert und eine gute Grundlage für eine echte Weiterent­wicklung und Verbesserung der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements“, erklärte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. We­sentliches Ziel müsse es sein, den tatsächlichen Nutzen der Qualitäts­sicherung für die Patientenbehandlung in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zu stellen.

may/EB

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