Qualitätssicherung: Regierungskommission legt erste Punkte zum Bürokratieabbau vor

Berlin – In der medizinischen Versorgung sollten die Qualitätssicherung selbst und alle bisherigen Instrumente dafür auf den Prüfstand gestellt werden. Ziel sollte es sein, bestehende Bürokratie abzubauen. Die Regierungskommission Krankenhaus hat dafür am Abend erste Vorschläge vorgelegt.
Das oberste Gebot für Nachweise der Qualitätssicherung sollte weniger Bürokratie und Praxistauglichkeit sein, heißt es von der Kommission in einer Mitteilung. Das ausführliche Empfehlungspapier liegt allerdings noch nicht dazu vor.
Um Bürokratie abzubauen, sollten – wo immer möglich – vorhandene Daten etwa aus Abrechnungs- oder Sozialdaten sowie Krankenhausinformationssystemen genutzt werden. Berücksichtigt werden sollten nicht nur klinische Daten, sondern auch die Patientenperspektive.
Die Kommission regt darüber hinaus an, dass stabil unauffällige Einrichtungen erst nach drei Jahren wieder überprüft werden sollen. Ebenso sollten Qualitätsindikatoren möglichst auf Empfehlungen von S3-Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften beruhen.
Aus Sicht der Kommission sollten vorhandene Zertifikate, die wissenschaftlichen Kriterien nicht genügen, nicht mehr finanziert oder von Krankenhäusern erworben werden. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) sollte Kriterien für die Bewertung von Zertifikaten erarbeiten.
Einführen will die Kommission ein freiwilliges Zertifikat für Krankenhäuser, die sich mit Gesundheitseinrichtungen aus der Region vernetzen und eng zusammenarbeiten. Damit verbunden sollte eine Aufstockung des Vorhaltebudgets um bis zu zwei Prozent sein, heißt es.
Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagements (QM-RL) sollte nach Vorstellung der Berater zu einem klaren Anforderungskatalog weiterentwickelt werden. „Bei erfolgreicher (freiwilliger) Auditierung sollten Krankenhäuser ihr Vorhaltebudget um bis zu zwei Prozent aufstocken können“, so die Kommission.
Mit einer qualitätsabhängigen Vergütung will die Kommission diejenigen Gesundheitseinrichtungen belohnen, die sogenannte Indikationsboards etablieren oder mit Methoden des „Shared Decision Making“ arbeiten.
Die Eckpunkte sehen auch vor, dass für nicht ärztliche Behandlungsarten – also die Qualität der Leistungen der Pflege und anderer Gesundheitsberufe – Standards entwickelt werden sollten. Darüber hinaus sollte die Qualitätssicherung im ambulanten und stationären Sektor angeglichen werden. Auch die Vorgehensweisen in den Bundesländern sollten harmonisiert werden, schreibt die Kommission.
„Die Empfehlung der Regierungskommission betont ein Kernanliegen der Bundesregierung: die Qualität der Versorgung zu verbessern“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Dass bessere Qualität nicht notwendigerweise mehr Bürokratie bedeuten müsse, sei ein wichtiger Ansatz, den man im Regierungshandeln verfolgen werde.
„Qualität fängt bereits bei der Indikationsstellung an“, sagte Heidemarie Haeske-Seeberg, Mitglied der Regierungskommission und Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement, sowie Leiterin des Bereichs für Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement der Sana Kliniken AG. Es gebe noch wenig valide Informationen über das Versorgungsgeschehen. Wissenschaftliche Leitlinien sollten daher dazu routinemäßig Hinweise geben.
„Eine hohe Versorgungsqualität und Patientensicherheit sind primäre Ziele unseres Gesundheitssystems. Hier befinden wir uns aber trotz viel Bürokratie fast noch im Blindflug“, erklärte Jochen Schmitt, Mitglied der Regierungskommission und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am Universitätsklinikum Dresden.
Entscheidende Schlüssel für bessere Qualitätstransparenz bei gleichzeitig verhältnismäßigem Dokumentationsaufwand in Kliniken und Praxen seien die digitale Transformation im Gesundheitswesen und ein ermöglichender Datenschutz.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) wies erneut auf die Unzufriedenheit mit dem derzeitigen System der gesetzlichen Qualitätssicherung hin. Die DKG betonte, Überregulierung, Doppeldokumentationen und Parallelkontrollen, ineffiziente und nebenwirkungsbehaftete Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Bürokratie und die Suche nach Fehlern und Defiziten, drohende Sanktionen sowie die Zweckentfremdung zur „kalten Krankenhausstrukturbereinigung“ hätten seit Langem negative Auswirkungen für die Krankenhäuser und die Patientenversorgung.
„Die Vorschläge der Regierungskommission sind fundiert und eine gute Grundlage für eine echte Weiterentwicklung und Verbesserung der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements“, erklärte Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG. Wesentliches Ziel müsse es sein, den tatsächlichen Nutzen der Qualitätssicherung für die Patientenbehandlung in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zu stellen.
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