„Wir gehen davon aus, dass die ersten DiGA Ende August im Verzeichnis geführt werden“
Berlin – Die mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eingeführte „App auf Rezept“ rückt näher. Bereits im August sollen erste digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden können.

5 Fragen an Wiebke Löbker, Leiterin des für DiGA zuständigen Innovationsbüros beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
DÄ: Das Prüfverfahren für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) läuft ja seit einigen Wochen – wie viele Hersteller haben sich denn Stand jetzt bereits „beworben“?
Wiebke Löbker: Aktuell liegen uns 18 Anträge vor, davon jeweils rund die Hälfte zur vorläufigen beziehungsweise direkt zur endgültigen Aufnahme einer digitalen Anwendung in das DiGA-Verzeichnis. Der erste Antrag ist gleich am ersten Tag nach Freischaltung unseres elektronischen Antragsportals eingegangen – ein gutes Signal, das für eine intuitive Nutzung des Portals spricht.
DÄ: Können Sie Prozedere des Verfahrens kurz erläutern?
Löbker: Das Verfahren zur Aufnahme einer digitalen Gesundheitsanwendung in das Verzeichnis nach Paragraf 139e SGB V wird durch den Antrag eines Herstellers gestartet – das heißt, es ist eine unternehmerische Entscheidung, diesen Weg in die Regelversorgung der GKV zu gehen. Liegen alle relevanten Nachweise bei Antragstellung vollumfänglich vor – auch zu den positiven Versorgungseffekten wie der Verbesserung des Gesundheitszustandes oder der Verbesserung der Adhärenz, um nur ein paar Beispiele zu nennen – kann die direkte Aufnahme in das Verzeichnis beantragt werden.
Alternativ besteht die Möglichkeit der vorläufigen Aufnahme; das heißt: Die Anforderungen an Datenschutz, (Informations-)Sicherheit, Qualität, Nutzerfreundlichkeit und Interoperabilität einer DiGA sind erfüllt. Gleichzeitig kann der Hersteller basierend auf ersten Datenauswertungen und einem Evaluationskonzept nachvollziehbar darlegen, dass im Rahmen einer Erprobungsphase von bis zu einem Jahr weitere aussagekräftige Evidenz zu den positiven Versorgungseffekten erbracht werden kann.
Gelingt dies, wird die DiGA endgültig aufgenommen, andernfalls aus dem Verzeichnis gestrichen. Das Verfahren ist im wahrsten Sinne des Wortes als „fast track“ konzipiert: Liegen alle Unterlagen vollständig vor, bewertet das BfArM die Anträge binnen drei Monaten. Mit Aufnahme einer DiGA in das Verzeichnis beginnen die Preisverhandlungen zwischen dem Hersteller und dem GKV-Spitzenverband.
DÄ: Hat das BfArM für das Prüfverfahren, die Beratungsangebote und die Pflege des Verzeichnisses eine eigene Abteilung aufbauen müssen?
Löbker: Das BfArM bietet hier über das bereits Anfang 2017 eingerichtete Innovationsbüro auch rund um das DiGA-Fast-Track-Verfahren umfangreiche Beratungsmöglichkeiten an, das heißt von administrativen Aspekten zum Verfahrensablauf über die Frage, ob eine Anwendung die Anforderungen an eine DiGA erfüllt, bis hin zu Details der zu erbringenden Nachweise. Hier ist das BfArM auch schon lange im Bereich Medizinprodukte beratend aktiv – beispielsweise mit Blick auf die Frage, welche regulatorischen Anforderungen bei der Entwicklung von Medical Apps zu beachten sind.
Für die Bewertung der DiGA-Anträge hat das BfArM das Fachgebiet „DiGA-Fast-Track“ in der Abteilung Medizinprodukte eingerichtet. Hier arbeitet ein fünfköpfiges Kernteam eng mit dem Innovationsbüro sowie je nach Fragestellung mit weiteren Expertinnen und Experten des Hauses aus den anderen Fachbereichen zusammen – zum Beispiel zu medizinischen oder IT-spezifischen Aspekten.
DÄ: Kann man etwas zur Inanspruchnahme der Beratungsangebote und dem Interesse der DiGA-Hersteller, über die bereits im Prüfverfahren befindlichen „early birds“ hinaus, sagen?
Löbker: Rund 50 Beratungen hat das Innovationsbüro des BfArM zu den DiGA seit Anfang Mai durchgeführt, zusätzlich erreichen uns täglich mehrere Anfragen zu diesem Thema. Das Interesse ist also groß – nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit.
Zusätzlich bietet das BfArM auf seiner Webseite einen Leitfaden an, der die Anforderungen aus Gesetz und Verordnung zu diesem neuen Verfahren zusammenfasst, „leserfreundlich“ aufbereitet und – wo erforderlich – mit Beispielen Transparenz zu den Verfahrens- und Bewertungsgrundsätzen schafft.
Auch für die Antragstellung leisten wir mit einer Ausfüllhilfe konkrete Hilfestellung. Wir sehen vor allem den Leitfaden als lebendes Dokument, den wir basierend auf unseren Erfahrungen und Rückmeldungen hierzu kontinuierlich aktualisieren.
DÄ: Kann, Stand jetzt, schon etwas zur „Erfolgsquote“ gesagt werden? Und welche Informationen wird das DiGA-Verzeichnis Ärzten und Anwendern bieten?
Löbker: Wir gehen davon aus, dass die ersten DiGA Ende August im Verzeichnis geführt werden. Bis dahin möchten wir die Spannung noch etwas aufrechthalten. Soviel können wir aber an dieser Stelle schon sagen: Wir haben das Verzeichnis so konzipiert, dass es – auch dank zahlreicher Such- und Filterfunktionen – Ärzten, Anwendern und Krankenkassen einen umfangreichen Überblick zu den Produkteigenschaften liefert.
Das heißt neben Basisinformationen wie Produktnamen etc. Informationen zur Zweckbestimmung, zur Funktion der DiGA, zu den Bewertungsergebnissen des BfArM, vor allem bezüglich der positiven Versorgungseffekte, die mit der Anwendung dieser DiGA verbunden sind. Als weitere Service-Leistung wird eine Art „Steckbrief“ die relevantesten Informationen zu jeder DiGA in übersichtlicher Form zusammenfassen.
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