Ausland

Ärzte ohne Grenzen sehen Kinder in griechischen Flüchtlingslagern in Gefahr

  • Donnerstag, 23. Januar 2020
Flüchtlingscamp Moria, Lesbos (Griechenland) /dpa
Flüchtlingscamp Moria, Lesbos (Griechenland) /dpa

Lesbos – Ärzte ohne Grenzen hat die griechische Regierung dazu aufgefordert, geflüchte­ten Menschen den Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Auch die deutsche Bundesregierung solle sich für angemessene medizinische Hilfe für die Geflüch­teten einsetzen, lautete der heutige Appell. Besonders die Lage von chronisch kranken Kindern im Lager Moria auf der Insel Lesbos erfordere sofortiges Handeln.

„Wir sehen viele Kinder, darunter Babys, die an Krankheiten wie Diabetes, Asthma und Herzkrankheiten leiden. Sie sind gezwungen, in Zelten zu leben, unter katastrophalen unhygienischen Bedingungen, ohne Zugang zu der medizinischen Versorgung und den Medikamenten, die sie brauchen“, sagte Hilde Vochten, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland.

Die Hilfsorganisation berichtet, dass die griechische Regierung im Juli 2019 Asylsuchen­den und anderen Personen ohne Papiere den Zugang zu Sozialversicherungsnummern – und somit auch zur öffentlichen Krankenversorgung – entzogen hätte. Inzwischen seien mehr als 55.000 Menschen betroffen: In der Ärzte ohne Grenzen-Hilfestelle in Athen waren im Januar vergangenen Jahres noch 18 Prozent der Patienten unversichert. Zehn Monate später waren es bereits 43 Prozent.

Eine neue Regelung, die zum 1. November 2019 in Kraft getreten ist, verspricht Geflüch­teten eine sogenannte Gesundheitsnummer. Damit sollen sie wieder Zugang zu medizini­scher Versorgung bekommen können. Bisher sei dieser Prozess jedoch noch nicht ange­laufen, so Ärzte ohne Grenzen.

Medizinische Versorgung für die Kinder aus Moria

Auch die Zustände in Moria, dem größten Auffanglager auf Lesbos, sind bereits seit Län­gerem bekannt: Es war 2015 für knapp 3.000 Bewohner gebaut worden. Aktuell leben in und um Moria laut Medienberichten fast 19.000 Asylsuchende.

Die Ärzte der Kinderstation außerhalb des Lagers hätten seit März 2019 über 270 Kinder mit chronischen Krankheiten behandelt. Doch es fehle an Medikamenten, Personal und Spezialkenntnissen. Die gleichen Probleme gebe es auch im öffentlichen Krankenhaus auf der Insel.

„Die Weigerung der Regierung, eine schnelle, organisierte Lösung für diese Kinder zu finden, ist empörend – sie schadet deren Gesundheit und kann lebenslange Folgen und sogar den Tod nach sich ziehen“, meinte Vochten weiter.

„Ärzte ohne Grenzen führt derzeit Gespräche mit den griechischen Behörden, um Kinder auf das Festland zu verlegen“, erklärte sie. Ärzte ohne Grenzen plädiert an alle EU-Staaten: „Alle Asylsuchenden, unbegleiteten Minderjährigen und Menschen ohne Papiere in Griechenland müssen Zugang zu angemessener kostenloser und zeitnaher Gesundheitsversorgung erhalten.“

Am morgigen Freitag treffen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Instanbul, auch um über den EU-Flüchtlingsdeal zu sprechen. Mehrere Hilfsorganisationen hoffen auf Verbesserungen für die Menschen in den Lagern durch das Treffen.

jff

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung