Impfallianz mahnt, Routineimpfungen nicht zu vernachlässigen

Berlin – Die internationale Impfallianz Gavi hat davor gewarnt, angesichts der Coronapandemie Impfungen gegen Infektionskrankheiten wie Masern, Röteln, Polio oder Gelbfieber zu vernachlässigen.
Würden Routineimpfungen insbesondere in armen Ländern aus Angst vor Ansteckung nicht mehr durchgeführt, riskiere man weit mehr Todesfälle als durch eine Infektion mit COVID-19, sagte Gavi-Geschäftsführer Seth Berkley gestern in einem Videogespräch mit deutschen Journalisten.
Die Pandemie könne aber auch dazu beitragen, den Menschen erneut die große Bedeutung von Impfungen zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten zu verdeutlichen.
Mit einem Impfstoff gegen eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus rechne er im günstigsten Fall innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate, erklärte der US-amerikanische Arzt und Epidemiologe. Zurzeit befänden sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation 76 Impfstoffkandidaten in unterschiedlichen Phasen der Prüfung.
Coronaimpfstoff fair verteilen
Sobald ein Impfstoff zugelassen sei, gelte es, dafür zu sorgen, dass er in ausreichender Menge produziert und weltweit dort zur Verfügung gestellt werde, wo er am nötigsten gebraucht werde, sagte Berkley. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die reichsten Staaten die weltweiten Vorräte aufkauften. Regierungen und Gesundheitsorganisationen müssten für eine faire internationale Verteilung sorgen.
Zusätzlich müssten Prioritäten gesetzt werden, welche Gruppen und Regionen einen Impfstoff zuerst erhalten sollten. Der Epidemiologe plädierte dafür, zunächst das Gesundheitspersonal zu impfen.
Zugleich forderte er, einen Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus zunächst für eine bestimmte Zeit zum globalen Gemeingut zu erklären. Der öffentliche Sektor solle deshalb auch die Entwicklung, Produktion und Verteilung finanzieren.
Nach dem Ende der Pandemie könne der Impfstoff dann von kommerziellen Herstellern produziert werden. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass die Preise die Kaufkraft der jeweiligen Einsatzländer abbildeten.
Kinderärzte fordern mehr Geld für Gavi
Mit Blick auf die anstehende Geberkonferenz für Gavi am 4. Juni äußerte Berkley die Hoffnung, dass die Bundesregierung den deutschen Beitrag für die Impfallianz noch aufstocke.
Diese hatte zunächst für die kommenden fünf Jahre 600 Millionen Euro zugesagt. Berkley zufolge benötigt Gavi insgesamt 7,4 Milliarden US-Dollar, um seine Arbeit erfolgreich fortsetzen zu können.
Vor Beginn der Weltimpfwoche, die jährlich in der letzten Aprilwoche stattfindet, hatten 270 Kinderärzte aus Deutschland gemeinsam mit der Entwicklungshilfeorganisation One die Bundesregierung aufgefordert, sich stärker für Impfungen weltweit einzusetzen und den deutschen Beitrag für die internationale Impfallianz von 600 auf 700 Millionen Euro aufzustocken.
Gavi wurde vor 20 Jahren beim Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet. Seither hat die Impfallianz nach eigenen Angaben mehr als 760 Millionen Kinder geimpft und so mehr als 13 Millionen Leben gerettet.
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