Ausland

Menschengerichtshof setzt Signal gegen Leihmutterschaft

  • Mittwoch, 25. Januar 2017

Straßburg – Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat die Klage eines italieni­schen Paares abgewiesen, dem die Behörden ihr durch eine Leihmutter ausgetragenes Kind abgenommen hatten. Mit elf zu sechs Stimmen hielten die Richter gestern in Straß­burg das Vorgehen der italienischen Behörden für angemessen. Dem Urteil zufolge kann die Trennung des Kindes von dem Paar nicht als Verletzung des Privatlebens gewertet werden. Gründe dafür seien die fehlende biologische Verbindung des Paares zu dem Kind sowie die kurze Spanne, die sie mit dem Kind verbrachten.

Die Eheleute hatten über eine russische Agentur eine Leihmutter bezahlt, die für sie im Fe­bruar 2011 in Moskau ein Kind zur Welt brachte. Das italienische Paar ließ den Jun­gen dann in Russland als eigenes Kind registrieren, ohne dabei anzugeben, dass es von einer Leihmutter geboren wurde. Während Leihmutterschaft in Italien verboten ist, ist sie in Russland möglich.

Zurück in Italien verweigerten die dortigen Behörden eine Anerkennung der Elternschaft. Zudem stellte sich nach einem Vaterschaftstest heraus, dass der italienische Ehemann nicht der biologische Vater des Kindes ist. Somit stammten weder Eizelle noch Samen­zel­l­e von den italienischen Klägern.

Im Oktober 2011 entschied ein italienisches Gericht, das Kind sofort in staatliche Obhut zu geben. Dem Ehepaar wurde jeder Kontakt mit dem zu diesem Zeitpunkt neun Monate alten Kind verweigert. Nach rund einem Jahr in einem Kinderheim kam der Junge 2013 in eine Pflegefamilie und wurde mittlerweile adoptiert.

Nach dem Ausschöpfen des Rechtswegs in Italien wandte sich das Paar an den Straß­bur­ger Menschenrechtsgerichtshof. Dort erhielten sie in einem ersten Verfahren im Janu­ar 2015 Recht. Mit fünf zu zwei Stimmen entschieden die Richter damals, dass das Vor­gehen der italienischen Behörden das Kindeswohl nicht angemessen berücksichtigt ha­be. Die staatliche Inobhutnahme sei ein extremes Mittel, das nur bei unmittelbarer Gefahr für ein Kind zulässig sei. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, auch wenn das Ehepaar durch die Leihmutterschaft in Russland gezielt das italienische Verbot umgan­gen habe. Zugleich wurde der Fall auf Antrag Italiens an die übergeordnete Große Kammer des Menschenrechtsgerichtshof verwiesen. Diese entschied gestern nun anders.

Die Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) begrüßte das Urteil. Dies sei eine Entscheidung, die den Schutz der Kinder stärke und ein deutliches Signal gegen Leihmutterschaft und Menschenhandel sende, teilte FAFCE in Brüssel mit. „Es ist sehr positiv, dass der Europäische Menschenrechtsgerichtshof das Recht des Staates anerkannte, Leihmutterschaftsvereinbarungen nicht zu legitimieren“, sagte FAFCE-Präsident Antoine Renard. Das Urteil bestätige die Notwendigkeit, gegen das „Recht auf ein Kind“ vorzugehen.

kna

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