Oberster Gerichtshof der Niederlande bestätigt Sterbehilfe auch für Demenzkranke
Den Haag − Der Oberste Gerichtshof der Niederlande hat entschieden, dass Sterbehilfe bei schwer Demenzkranken unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist. Wenn der Demenzkranke diesen Willen zu Anfang seiner Erkrankung schriftlich festgehalten habe, als er noch seinen Willen äußern konnte, und alle übrigen Voraussetzungen erfüllt seien, könne der ausführende Arzt nicht belangt werden, entschieden die Richter heute.
Anlass war der Freispruch einer Ärztin im vergangenen Jahr, mit dem sich das Oberste Gericht nun „im Interesse des Gesetzes“ befasste. Ein Gericht hatte im September geurteilt, die Ärztin habe alle Vorschriften im Zusammenhang mit der Sterbehilfe-Gesetzgebung in den Niederlanden eingehalten.
Die Niederlande hatten am 1. April 2002 als erstes Land weltweit Sterbehilfe legalisiert. Sie ist allerdings nur dann erlaubt, wenn der Patient den Antrag dafür bei vollem Bewusstsein stellt und unter einer unheilbaren Krankheit und unerträglichen Schmerzen leidet. Jeder Fall muss einzeln von einer Kommission geprüft und genehmigt werden.
Die Ärztin hatte der 74-jährigen Patientin, die in einem frühen Krankheitsstadium den Wunsch nach Sterbehilfe geäußert hatte, 2016 ein Schlafmittel verabreicht, um den Prozess der Sterbehilfe einzuleiten. Die Frau erwachte während des Vorgangs jedoch noch einmal; Angehörige mussten daraufhin mithelfen, damit die Ärztin die lebensbeendenden Medikamente spritzen konnte.
Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, die Patientin habe es sich während des Vorgangs womöglich noch einmal anders überlegt. Sie warfen der Medizinerin vor, die 74-Jährige nicht noch einmal intensiv befragt zu haben.
Die Frau hatte 2014 eine Alzheimer-Diagnose erhalten und bereits damals schriftlich festgelegt, dass sie lieber Sterbehilfe erhalten würde, als in eine Pflegeeinrichtung zu kommen.
Kurz nachdem sie in ein Pflegeheim kam, befand ein auf Altenpflege spezialisierter Arzt, dass sie ihrem Antrag entsprechend zu Sterbehilfe berechtigt war. Zwei Ärzte bestätigten dies unabhängig voneinander.
Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, dass die Ärztin noch einmal „ein intensiveres Gespräch“ mit der Patientin hätte führen müssen. Das Gericht verwies jedoch auf die starke Demenz der Patientin.
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