Prozesse gegen Ärztekammervorstände gehen in der Türkei weiter

Ankara – Mitglieder der türkischen Ärztekammer stehen auch zu Beginn dieses Jahres vor Gericht – zum Beispiel die Vorsitzende der Kammer Sebnem Korur Fincanci, gegen die morgen die dritte Anhörung stattfinden soll. Darauf wiesen heute Amnesty und die Ärzteorganisation IPPNW hin.
Die Staatsanwaltschaft fordert gegen die Menschenrechtlerin Fincanci bis zu siebeneinhalb Jahren Haft wegen „Terrorpropaganda“. Sie war Ende Oktober des vergangenen Jahres wegen des Vorwurfs der Propaganda für eine terroristische Vereinigung festgenommen worden.
Fincanci hatte eine unabhängige Untersuchung eines möglichen türkischen Einsatzes von chemischen Waffen in Kurdistan gefordert. Mittlerweile erhebt die Staatsanwaltschaft in Ankara eine Zivilklage gegen den gesamten Vorstand der türkischen Ärztekammer.
Neben Fincanci hatten auch Teile der Opposition unabhängige Untersuchungen dazu gefordert. Die türkische Regierung hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
„In den letzten sieben Jahren war die türkische Ärztekammer Gegenstand zahlreicher strafrechtlicher Ermittlungen auf der Grundlage der übermäßig weit gefassten Antiterrorgesetze der Türkei“, erläuterte Angelika Claußen, Vorsitzende der deutschen Sektion der International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW) und Präsidentin der IPPNW Europa.
Der Prozess sei „offensichtlich gegen die freie Meinungsäußerung und freie Berufsausübung gerichtet – mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der türkischen Ärztekammer zu zerschlagen“, so Claußen.
Fünf Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen hatten die Türkei bereits Anfang November aufgefordert, die verhaftete Präsidentin der Ärztekammer freizulassen und Antiterrorgesetze nicht als Mittel der Einschüchterung zu verwenden.
Der Weltärztebund, mehrere deutsche Ärztekammern, der British Medical Association, der American Medical Association und andere unterstützen diese Forderung.
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