Von Mücken übertragene Erkrankungen: Infektionen in diesem Jahr auf Rekordniveau

Stockholm – Vektorassoziierte Infektionen nehmen zu und verzeichnen bereits in diesem Jahr ein Rekordhoch in Europa. Das Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) schlägt sechs Maßnahmen vor, um die Gefahr durch Moskito-übertragene Erkrankungen einzudämmen.
„In den ersten Monaten des Jahres 2024 haben mehrere Länder einen erheblichen Anstieg der Zahl der importierten Dengue-Fälle gemeldet, was darauf hindeutet, dass die Zahlen im Jahr 2024 noch höher ausfallen könnten“, berichtet das ECDC. Zum Schutz gegen die von Mückenübertragenen Infektionen definiert das ECDC sechs Hauptarbeitsgebiete. Dazu zähle der individuelle Schutz mithilfe von Repellentien, schützender langer Kleidung, Moskitonetzen und Ventilatoren, sagte Celine Gossner vom ECDC. Als zweiten Punkt nannte sie koordinierte Vektorkontrollmaßnahmen.
Zudem bedürfe es weiterer Forschung, um effiziente, aber umweltfreundliche Instrumente zur Kontrolle der Mückenpopulationen zu entwickeln. „Parallel dazu sollten einfache Maßnahmen wie die Beseitigung von stehendem Wasser in Gärten oder auf Balkonen, wo Mücken brüten, in der Bevölkerung bekannt gemacht werden“, so das ECDC.
Damit die Maßnahmen auf breiter Basis angewandt werden können, seien darüber hinaus wirksame Sensibilisierungskampagnen sowohl für Reisende als auch für Gesundheitspersonal wichtig. Gossner wies zudem darauf hin, dass es zwar aktuell zwei zugelassene Dengue-Impfstoffe gebe, diese jedoch hoch-endemischen Gebieten vorbehalten und daher nicht Teil der Dengue-Präventions- und Kontrollmaßnahmen in Kontinental-Europa seien.
Zunahme von Dengue-Infektionen um mehr als 300 Prozent
Bis Ende April wurden laut Robert-Koch-Institut 737 Dengue-Fälle von Einreisenden in Deutschland gemeldet. Im Vorjahr hat es 174 Fälle in diesem Zeitraum gegeben. Somit sind 2024 324 % mehr Fälle in Deutschland registriert worden als im Vorjahr. Dem ECDC zufolge ist die erhöhte Zahl nicht auf eine erhöhte Anzahl von Reisenden zurückzuführen. Bereits 2023 war die Zahl importierter Dengue-Fälle höher als vor der COVID-19-Pandemie: 4.900 im Jahr 2023 und 3.460 im Jahr 2019.
Für autochthone Infektionen war die Zahl 2023 ebenfalls auf Rekordniveau: So seien 2023 in der EU sowie in Liechtenstein, Norwegen und Island 130 Fälle gemeldet, 2022 waren es 71. Frankreich verzeichnete acht Ausbrüche, Italien vier und Spanien zwei.
In diesem Jahr sind bislang noch keine Dengue-Fälle in Europa registriert worden. Diese hätten bislang zwischen Juni und November stattgefunden, so das ECDC. Obwohl eine der Überträger-Mücken, die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), in Deutschland bereits etabliert ist, hat es bislang auch in Vorjahren noch keine Übertragungen hierzulande gegeben.
Anders sieht das beim West-Nil-Virus (WNV) aus, das von der hier heimischen Gemeinen Steckmücke (Culex pipiens) übertragen wird. Die erste nachgewiesene Virusübertragung hat es 2019 in Deutschland gegeben. Seitdem tritt das Virus zunehmend auf.
In Spanien ist bereits im März dieses Jahres ein WNV-Fall nachgewiesen worden. „Obwohl es sich um einen Einzelfall handelt, zeigt er, dass die Übertragung des West-Nil-Virus sehr früh im Jahr erfolgen kann, was wahrscheinlich auf die geeigneten klimatischen Bedingungen zurückzuführen ist“, erklärte das ECDC. 2023 hätten neun EU-Länder 713 lokal erworbene WNV-Fälle in 123 verschiedenen Regionen gemeldet.
„Die Zahl der gemeldeten Fälle ist niedriger als im Jahr 2022 mit 1.133 menschlichen Fällen, aber die Zahl der betroffenen Regionen ist die höchste seit dem Höchststand im Jahr 2018, was auf eine weite geografische Verbreitung des Virus hinweist“, so Gossner.
Insgesamt verlängere sich die Übertragungszeit von Moskito-assoziierten Infektionen, sagte zudem die ECDC-Direktorin Andrea Ammon. Die asiatische Tigermücke sei inzwischen in 13 EU-/EWR Ländern etabliert. Aedes aegypti, Überträger von Gelbfieber-, Dengue-, Chikungunya- und Zika-Viren, habe sich zudem kürzlich in Zypern und anderen Teilen an den Außenrändern der EU, wie beispielsweise auf der portugiesischen Insel Madeira, niedergelassen.
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