Hochschulen

Medizinstudierende und Fakultäten reagieren mit Verständnis und Sorge auf geplante Neuregelungen

  • Dienstag, 24. März 2020
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Berlin – Verständnisvoll, aber auch kritisch beobachten Medizinstudierende und Medizinische Fakultäten die anstehende schnelle Verabschiedung des „Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, dessen Entwurf das Bundeskabinett gestern beschlossen hat.

„Wir sehen eine Notwendigkeit hinter vielen der Regelungen“, sagte ein Sprecher der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) kurz nach dem Kabinettsbeschluss dem Deutschen Ärzteblatt.

Die Kurzfristigkeit des Gesetzgebungsverfahrens werde jedoch nicht der inhaltlichen Bedeutung und Schwere der Eingriffe in die Rechte von vielen Menschen gerecht, meint die bvmd. „Wir als Medizinstudierende kritisieren, dass wir durch die Verordnungs­ermächtigung zur Verfügungsmasse des Bundesministers der Gesundheit gemacht werden, ohne dass dies der Kontrolle durch eine weitere staatliche Instanz unterliegt.“

Durch die neuen Regelungen soll der Bund in einer entsprechenden Notlage für einen befristeten Zeitraum zusätzliche Kompetenzen erhalten. Insbesondere soll das Bundesgesundheitsministerium ermächtigt werden, „untergesetzliche Richtlinien, Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse der Selbstverwaltungspartner anzupassen, zu ergänzen oder auszusetzen“ sowie „abweichend von der Approbationsordnung für Ärzte zu regeln, dass Medizinstudierenden infolge einer notwendigen Mitwirkung an der Gesundheitsversorgung keine Nachteile für den Studienfortschritt entstehen“.

Heftiger Widerstand gegen Neuauflage des Hammerexamens

Sorge bereitet den Nachwuchsärzten dabei besonders, dass der Gesetzentwurf es dem Bund erlaubt, die ärztliche Approbationsordnung kurzfristig zu ändern und Studierende stärker in die Versorgung einzubinden. Entsprechend könnte der zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (M2) hinter das Praktische Jahr gelegt werden. Dann würde entsprechend des Vorschlags des Medizinischen Fakultätentages die M2-Prüfung als „Hammerexamen“ gemeinsam mit der M3-Prüfung in einem Jahr abgelegt werden.

Bei vielen Medizinstudierenden stößt dieser Vorschlag auf heftigen Widerstand: „Lern- sowie Arbeitsausfälle stehen zu befürchten, sollte eine Zusammenlegung des zweiten und dritten Teilabschnittes der Ärztlichen Prüfung in einem sogenannten ,Hammerexamen‘ angestrebt werden“, erklärt Laura Pohl, Referentin für Medizinische Ausbildung in der bvmd.

Wenn eine entsprechende Änderung der Approbationsordnung komme, erwarte viele Studierende ein Belastungszustand, der deutlich über ein Jahr andauere. „Dies wird dazu führen, dass diese zu einem der möglichen Zeitpunkte, beispielsweise zwischen Praktischen Jahr und Examen, eine Pause einlegen und es somit trotzdem zu einer ungewollten und indirekt induzierten Studienzeitverlängerung kommt“, heißt es in einer Stellungnahme der bvmd.

Kritik an der wochenlangen Ungewissheit

Ferner stört die Studierenden momentan die Phase der Ungewissheit: „Wir fordern eine schnelle Entscheidung in Bezug auf den anstehenden zweiten Teilabschnitt der ärztlichen Prüfung, um die wochenlange Ungewissheit und Ängste der Studierenden endlich zu beenden“, betonte Pohl.

„Für die Examenskandidaten ist jetzt vor allem eine zeitnahe Entscheidung und Planungssicherheit wichtig“, betonte auch Philipp Schiller, Vorsitzender des Sprecherrats der Studierenden im Marburger Bund. Zudem müsse dafür gesorgt werden, dass ein ausreichender Abstand zwischen M2 und M3 liegt.

„Außerdem fordern wir, dass es zu keiner Verlängerung der Studienzeit kommt, da dies sonst zu Verdienstausfällen auf Seiten der Studierenden und einem verspäteten Berufseinstieg dringend benötigter Ärztinnen und Ärzte führt“, erklärte der Medizinstudent.

Weitgehend positiv aufgenommen wird der gestern vorlegte Entwurf von den Medizinischen Fakultäten: „Wir freuen uns, dass die Bundesregierung damit schnell auf die äußerst dynamischen Entwicklungen reagiert“, sagte Matthias Frosch, Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT), dem Deutschen Ärzteblatt. Damit werde es möglich, das Medizinstudium an die erschwerten Bedingungen während der Corona-Pandemie anzupassen und etwa das für April anstehende M2-Examen auf die Zeit nach dem Praktischen Jahr zu verschieben.

„Wir als Dachverband der Medizinischen Fakultäten sehen uns hier in der Verantwortung und bieten gern an, das BMG bei den erforderlichen Änderungen zur AO im weiteren Verlauf gemeinsam mit der Studierendenvertretung und den zuständigen Behörden und Ministerien der Länder zu beraten.“ Damit stelle man sicher, dass der Studienfortschritt für die Medizinstudierenden gewährleistet bleibe.

Auch die Studierenden fordern Kommunikation ein: Es müsse es einen offenen Austausch zwischen den Beteiligten und dem Bundesgesundheitsministerium geben, um die Änderungen der Ärztlichen Approbationsordnungen einem „Praxischeck“ zu unterziehen, bevor diese verkündet werden. „Wir empfehlen dringend ein vorangeschaltetes Anhörungs- und Stellungnahmeverfahren, um entsprechende Perspektiven und sinnvolle Alternativen zu eruieren“, heißt es in der Stellungnahme der Studierenden.

ER

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