COVID-19: FDA lässt Antikörper gegen Omikron zu

Silver Spring/Maryland – Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat dem monoklonalen Antikörper Bebtelovimab eine Notfallzulassung zur Behandlung einer leichten bis mittelschweren COVID-19-Erkrankung erteilt, obwohl eine Wirksamkeit nicht eindeutig belegt ist. Ausschlaggebend waren offenbar die Ergebnisse von Laborstudien, in denen Bebtelovimab die derzeitig dominierende SARS-CoV-2-Variante Omikron neutralisieren konnte.
Monoklonale Antikörper sind besonders anfällig für einen Wirkungsverlust von Virusvarianten. Da sie (im Gegensatz zur natürlichen Immunabwehr und auch der Serumtherapie) nur an einer bestimmten Stelle des Spikeproteins binden, können sie durch eine einzige Mutation wirkungslos werden, wenn diese Mutation die Struktur des Spikeproteins so verändert, dass die Antikörper nicht mehr „zugreifen“ können.
Bei Omikron liegen bekanntlich zahlreiche genetische Abweichungen vom Wildtyp vor, was einige Antikörper bereits wirkungslos gemacht hat. Dazu gehört beispielsweise die Antikörperkombination von Bamlanivimab/Etesevimab von Lilly, die in den USA nicht mehr eingesetzt werden darf.
Der Hersteller hat in der Phase-2-Studie BLAZE-4 jedoch noch andere Antikörper untersucht. Dazu gehört Bebtelovimab (LY-CoV1404, LY3853113), dessen Wirksamkeit an 3 Gruppen von Patienten untersucht wurde.
An der 1. Teilstudie nahmen 380 Patienten mit einem niedrigen Risiko teil. Bei ihnen lagen keine Risikofaktoren für eine schwere COVID-19-Erkrankung vor. Die Patienten wurden mit 175 mg Bebtelovimab als Monotherapie oder in Kombination mit Bamlanivimab/Etesevimab behandelt. Eine 3. Gruppe war auf eine Placebobehandlung randomisiert worden. Die Behandlung erfolgte jeweils als einmalige intravenöse Infusion.
Die Monotherapie mit Bebtelovimab senkte den Anteil der Patienten mit anhaltend hoher Viruslast am Tag 7 von 21 % in der Placebogruppe auf 14 %. Der relative Rückgang um 34 % verfehlte mit einem 95-%-Konfidenzintervall von -15 % bis 62 % jedoch das Signifikanzniveau. Ein Nutzen ist damit nicht sicher nachgewiesen.
In den beiden anderen Teilstudien wurde primär die Sicherheit der Therapie untersucht. An einer Studie nahmen 150 Patienten teil, die ein hohes Risiko auf einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung hatten.
Die Patienten wurden auf eine Monotherapie mit Bebtelovimab oder auch eine Kombination mit den beiden anderen Antikörpern randomisiert. Eine Placebogruppe gab es nicht. Von den Patienten, die die Monotherapie erhielten, mussten 3 hospitalisiert werden, 1 Patient starb an COVID-19. Nach der Kombinationstherapie gab es 2 Hospitalisierungen.
In einer 3. offenen Teilstudie wurden alle 176 Patienten mit hohem Risiko auf einen schweren Verlauf mit allen 3 Antikörpern behandelt. 3 Patienten wurden wegen COVID-19 hospitalisiert. Todesfälle traten nicht auf.
Die klinischen Daten zur Wirksamkeit sind damit beschränkt und würden normalerweise wohl nicht für eine Zulassung ausgereicht haben. Ausschlaggebend für die Notfallzulassung dürften Laborstudien gewesen sein, in denen Bebtelovimab in der Lage war, eine Infektion von Zellkulturen durch Pseudoviren zu verhindern, die mit den zahlreichen Mutationen der Omikron-Variante ausgestattet waren.
Ein weiteres Argument für die Zulassung war die gute Verträglichkeit von Bebtelovimab. Ernsthafte Sicherheitsbedenken sind in den klinischen Studien nicht aufgetreten. Die Nebenwirkungen entsprechen denen der anderen gegen SARS-CoV-2 eingesetzten Antikörper.
Die FDA nennt Juckreiz, Hautausschlag, infusionsbedingte Reaktionen, Übelkeit und Erbrechen. Die Behörde lässt vorsichtshalber vor schweren Reaktionen wie Überempfindlichkeit, Anaphylaxie und infusionsbedingten Reaktionen warnen, die bei anderen monoklonalen SARS-CoV2-Antikörpern beobachtet wurden. Möglich seien auch Komplikationen bei Patienten, die zuvor eine Behandlung mit anderen monoklonalen SARS-CoV-2-Antikörpern erhalten haben.
Die Zulassung ist auf die Behandlung von leichtem bis mittelschwerem COVID-19 bei Erwachsenen und pädiatrischen Patienten (12 Jahre und älter mit einem Gewicht von mindestens 40 kg) beschränkt, bei denen ein Test auf SARS-CoV-2 positiv ausgefallen ist und ein hohes Risiko auf ein Fortschreiten zu einem schweren COVID-19 einschließlich Krankenhausaufenthalt oder Tod befürchtet wird.
Eine präventive Anwendung von Bebtelovimab ist offenbar nicht vorgesehen. Die FDA betont, dass Bebtelovimab kein Ersatz für eine Impfung ist.
Die US-Regierung hat laut dem Hersteller bis zu 600.000 Dosen von Bebtelovimab für mindestens 720 Millionen US-Dollar bestellt. Mit den früheren Präparaten, die nicht mehr eingesetzt werden dürfen, seien in den USA mehr als 700.000 Patienten behandelt worden, heißt es in der Pressemitteilung. Dadurch seien „möglicherweise mehr als 35.000 Krankenhauseinweisungen und mindestens 14.000 Todesfälle während der schlimmsten Zeit der Pandemie verhindert worden“.
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