Nachweis der Omikron-Variante mit Antigenschnelltests oft unzureichend

München – Im Handel erhältliche Antigenschnelltests weisen offenbar die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 weniger gut nach als die Delta-Variante. Zu diesem Ergebnis kommt eine Münchner Arbeitsgruppe in einer Studie, die in Medical Microbiology and Immunology (2022, DOI: 10.1007/s00430-022-00730-z) veröffentlicht wurde.
Antigenschnelltests sind eine tragende Säule vieler nationaler Teststrategien zum Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion. Aber Ergebnisse verschiedener Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Leistung dieser Tests sehr unterschiedlich ausfallen kann.
In einer aktuellen Studie analysierte daher eine Forschergruppe um Oliver T. Keppler vom Max von Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München die Leistungsfähigkeit von 9 verfügbaren Antigenschnelltests.
Acht der überprüften Tests wurden von den Herstellern für die Selbsttestung empfohlen und waren in der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gelistet. Sie erfüllten die Mindestkriterien, um in Deutschland zur Selbsttestung verwendet werden zu können.
Mittels Nasen- und/oder Rachenabstrichen von Patienten, die nachweislich entweder mit der besorgniserregenden Variante (VOC) Omikron oder mit der VOC Delta zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 infiziert waren, und Viruskulturen der beiden Varianten evaluierten die Autoren die Testleistung.
Dafür verwendeten sie 115 Abstriche, bei denen die Polymerasekettenreaktion (PCR) zum Nachweis des Virus negativ ausgefallen war, und 166 PCR-positive Abstriche, darunter 101 Omikron-Infektionen und 65 Delta-Infektionen. Letztere wurden entweder mittels einer variantenspezifischen PCR oder mittels Sequenzierung festgestellt.
Alle Antigenschnelltests erkannten die PCR-negativen Proben korrekt als negativ, das ergab eine Spezifität von 100 % (95-%-Konfidenzintervall [KI] 96,3–100 %).
Bei den PCR-positiven Abstrichen war das Ergebnis weniger eindeutig. Es zeigte sich, dass die Nachweisgrenze von 50 % und 95 % als Maße der analytischen Sensitivität für die beiden VOC unterschiedlich ausfielen: Bei 8 der 9 Tests war die analytische Sensitivität zum Nachweis der Omikron-Variante gegenüber der Delta-Variante reduziert.
Um eine Nachweisgrenze von 50 % zu erhalten, war für die Omikron-Proben eine bis zu 10,3-fach höhere Viruslast notwendig als für die Delta-Proben, für eine Nachweisgrenze von 95 % sogar eine bis zu 101-fach höhere Viruslast.
Die Raten der richtig positiven Testergebnisse variierten zwischen 31,4 und 77,8 % für die Omikron-Proben mit der höchsten Viruslast (Ct-Wert < 25). Sie fielen auf 0 bis 8,3 % für die Proben mit moderater Viruslast (Ct-Wert 25 bis 30). Die entsprechenden Daten für die Delta-Proben lagen bei 50 bis 77,3 % bei hoher Viruslast sowie bei 0 bis 27,8 % bei niedriger Viruslast.
Interessanterweise ergaben Analysen mit den Viruskulturen eine vergleichbare Sensitivität der beiden VOCs. Die Autoren hinterfragten daher den prädiktiven Wert derartiger In-vitro-Studien zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit von Antigenschnelltests.
Sie forderten zudem, dass den reduzierten Detektionsraten von Omikron-Infektionen durch diese Tests mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Eine Shortlist von geeigneten Schnelltests, die die minimalen Leistungsanforderungen erfüllen, sei dringend erforderlich.
Derzeit arbeitet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) an einer Positivliste für Antigenschnelltests, die die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 gut nachweisen können. Bislang liegen jedoch dazu keine Erkenntnisse vor.
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