BMG will sich verstärkt der Klimaneutralität des Gesundheitswesens widmen

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeitet daran, Rahmenbedingungen für die Gestaltung eines klimaneutralen Gesundheitswesens zu schaffen. Das erklärte der Leiter des Referats „Umweltbezogener Gesundheitsschutz, Klima und Gesundheit“ im BMG, Timm Paulus, gestern auf dem Green Health Kongress des Netzwerks Zukunft Krankenhaus-Einkauf (ZUKE). Das BMG widme sich jetzt verstärkt dem Thema Klimaneutralität, sagte Paulus: „Wir wollen dieses Ziel mit geeigneten Arbeitsschritten erreichen.“
Man müsse ehrlich sagen, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Gesundheitssystemen, zum Beispiel in Österreich, den Niederlanden und Großbritannien, hier noch Aufholbedarf habe. Das deutsche Gesundheitswesen sei für etwa sechs Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich, so Paulus. „Das Gesundheitswesen wächst, die Reduktionsergebnisse in anderen Sektoren sind teils deutlich besser als bei uns, weshalb unser Anteil an den Gesamtemissionen Deutschlands sogar noch zunimmt.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat im Laufe dieser Legislaturperiode mehrfach betont, wie groß die Gefahren für die menschliche Gesundheit sind, die vom Klimawandel ausgehen. Dennoch hat das BMG bis heute keine Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Treibhausgasemissionen des Gesundheitssystems zu senken. Paulus berichtete, dass sich das BMG an einer Arbeitsgruppe im Rahmen der Nationalen Plattform Ressourceneffizienz beteiligt habe. Dabei gehe es um eine Bestandsaufnahme von Maßnahmen zu Ressourceneffizienz, Klimaschutz und ökologischer Nachhaltigkeit in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens. „Wir schauen, welche Best-Practice-Beispiele es gibt, die ein ressourcenschonendes Handeln ermöglichen“, sagte Paulus. Daraus würden derzeit Handlungsempfehlungen abgeleitet.
Paulus sprach sich dafür aus, gemeinsam mit allen Akteuren einen Green Deal für das deutsche Gesundheitswesen zu entwickeln. Dazu müssten zum Beispiel auch CO2-Rechner gehören. Denn bislang sei die Datenlage im Hinblick auf die Emissionen des Gesundheitssystem nicht zufriedenstellend.
Rahmenbedingungen für mehr Klimaneutralität setzen
„Wir werden prüfen, welche Möglichkeiten wir im Gesundheitswesen haben, um die Anreizsysteme anzupassen“, sagte Paulus. „Es gibt bereits viele tolle Leuchtturmprojekte. Es ist nun unsere Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu ändern.“ Zudem arbeite das BMG derzeit daran, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden.
„Klimaschutz ist immer auch Gesundheitsschutz“, betonte Paulus. „Dafür können wir nicht genug Aufmerksamkeit erzeugen, damit das Thema in der Mitte unseres Arbeitens und unserer Gesellschaft ankommt.“ Das sei ein sehr gutes Argument. Denn „wir retten nicht das Klima, sondern unsere eigene Gesundheit“. Vielen im Gesundheitswesen sei das ein sehr wichtiger Anreiz für einen ambitionierten Klimaschutz. Zudem bleibe der Handlungsdruck weiterhin groß. „Der Klimawandel wird keine Pause einlegen“, betonte Paulus. „Auch 2024 haben wir die höchsten Temperaturen seit Beginn der Industrialisierung gemessen und die meisten CO2-Anteile in der Atmosphäre.“
Krankenhäuser brauchen eine Nachhaltigkeitsstrategie
Unterdessen ändern sich auch die Finanzierungskonditionen für die Einrichtungen im Gesundheitswesen durch den fortschreitenden Klimawandel. Darauf wies Meike Lerner, Senior Nachhaltigkeitsreferentin bei der Bank im Bistum Essen hin. So würden es zum Beispiel Krankenhäusern ohne Nachhaltigkeitsstrategie künftig schwerer haben, Kredite zu erhalten. Die sogenannten ESG-Faktoren – die für „Environment“, „Social“ und „Governance“ stehen – spielten für die Banken eine große Rolle, sagte Lerner. Denn die Ausfallrisiken stiegen für die Banken mit zunehmendem Klimawandel.
Wenn ein Krankenhaus nach einem Extremwetterereignis überflutet werde, könne die Immobilie wertlos werden. Und wenn die Energiekosten stiegen, verschlechtere dies die Ertragslage des Krankenhauses. „Das fließt alles in die Bepreisung von Krediten mit ein“, erklärte Lerner. Derzeit fragten viele Banken bei den Krankenhäusern deshalb die Umsetzung der ESG-Faktoren im Unternehmen ab.
„Es ist jetzt schon so, dass die Bankkunden ein ESG-Scoring haben“, sagte Lerner. „Und das wird sich noch weiter entwickeln.“ Sie berichtete, dass die Deutsche Bank künftig keine Branchen mehr mit Krediten finanzieren wolle, die nicht dekarbonisiert werden könnten. Auch im Gesundheitswesen werde es auf ein Malussystem für Krankenhäuser hinauslaufen, die keine Nachhaltigkeitsstrategie haben. „Wir wollen das eher positiv besetzen und ein Bonussystem für unsere Kunden aufbauen, die nachhaltig agieren“, sagte Lerner. In jedem Fall sei es alle Mühen für die Einrichtungen im Gesundheitswesen wert, sich im Hinblick auf die Nachhaltigkeit jetzt ins Zeug zu legen.
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