Bundesministerium für Gesundheit hält an Spargesetz fest

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hält trotz fortgesetzter Kritik vollständig an seinem Entwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) fest. Es plant vor der ersten Lesung im Bundestag am kommenden Freitag keinerlei Änderungen am Gesetz.
Mehrere Verbände der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) haben heute in einer gemeinsamen Erklärung „nachdrücklich an die Solidarität der Abgeordneten mit den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern“ appelliert.
Die Parlamentarier müssten auf Nachbesserungen im Laufe des parlamentarischen Verfahrens insbesondere auf eine fairere Verteilung der Lasten hinwirken, schreiben der Verband der Ersatzkassen (vdek), des AOK-Bundesverbands, des BKK-Dachverbands, des Verbands der Innungskrankenkassen (ikk) sowie der Knappschaft.
Versicherte und Arbeitgebende würden mit mindestens elf Milliarden Euro die Hauptlast tragen, um das GKV-Finanzloch von geschätzt 17 Milliarden Euro im Jahr 2023 zu stopfen. Leistungserbringer würden demgegenüber weitgehend außen vor bleiben und auch der Bund werde seiner Finanzierungsverantwortung nicht gerecht.
Tatsächlich wird seit geraumer gefordert, die Krankenversicherungsbeiträge von Arbeitslosengeld-II-Beziehenden neu zu regeln und dabei dem Bund eine größere Rolle zukommen zu lassen. Rund zehn Milliarden Euro müssen die Krankenkassen nach eigenen Angaben bisher jährlich dafür aufbringen. Eine Reform dieser Finanzierung findet sich jedoch weder im GKV-FinStG-Entwurf, noch arbeitet das BMG daran.
Die Leistungserbringer, insbesondere die Ärzteschaft, teilt die Auffassung der Kassen über die Lastenverteilung nicht und sieht sich – entgegen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs (SPD) fortgesetzten Beteuerungen, Leistungskürzungen zu vermeiden – vor allem durch die Streichung der extrabudgetären Vergütung von Neupatienten belastet.
Daten zur Neupatientenregelung überzeugen Lauterbach nicht
Lauterbach hatte in den vergangenen Wochen stets betont, die vorhandene Datenlage enthalte keinerlei Hinweise darauf, dass diese Neupatientenregelung eine Verbesserung für Patienten gebracht hätte. Eine Erhebung des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung (Zi) kam hingegen zu genau diesem Schluss.
Öffentlich ignoriert Lauterbach diese Zahlen bisher. Das liege daran, dass sie ihn schlicht nicht überzeugen würden, hieß es nun aus Ministeriumskreisen. Der in der Auswertung aufgezeigte Anstieg der Patientenzahlen sei demnach größtenteils durch die Coronapandemie zu erklären und die Patienten wären auch ohne extrabudgetäre Vergütung versorgt worden. Außerdem habe das Zi auffällig selektiv Quartale zum Vergleich gewählt.
Lauterbach hatte die Regelung, die er jetzt streichen will, 2019 im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) selbst mit entwickelt. Dem Vernehmen nach sei er mit deren handwerklicher Umsetzung aber nicht zufrieden und sehe das vorgebliche Scheitern der extrabudgetären Vergütung darin begründet.
So wie Lauterbach bisher Proteste der Ärzte- und der Apothekerschaft an sich abprallen lässt, ignoriert er auch die Kritik aus dem GKV-Lager. Die vielfachen Appelle der Krankenkassen und ihrer Verbände seien bislang nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, klagen diese.
Sie schlagen demgegenüber eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 Prozent auf sieben Prozent vor. Dadurch könnten die Beitragszahler zusätzlich um fünf bis sechs Milliarden Euro entlastet werden.
Linke gegen Abschaffung der Neupatientenregelung
Auch die Fraktion Die Linke im Bundestag positioniert sich gegen die geplante Abschaffung der Neupatientenregelung. Hierdurch sei eine Leistungsverschlechterung in der ambulanten Versorgung möglich, schreibt die Fraktion in einem Antrag vom 20. September.
Darin fordert die Linke die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, der die Kassendefizite solidarisch überwinden und keine Erhöhung der Beitragssätze der Krankenversicherungen beinhalten soll.
Konkret fordert die Linke etwa die rückwirkende Geltung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz-Erstattungsbetrags für neue patentgeschützte Arzneimittel ab dem ersten Monat, also sofort nach dem erstmaligen Inverkehrbringen. Derzeit sieht der Entwurf des GKV-FinStG dies für den siebten statt wie bislang dem zwölften Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen vor.
Zudem fordert die Linke in einem weiteren Antrag ebenfalls den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Arzneimittel. Diese Ersparnis der Kassen von etwa fünf Milliarden Euro könnten dem Antrag zufolge genutzt werden, um auf die im Gesetzentwurf geplante Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte zu verzichten. So sollen die Beitragszahlenden nicht weiter zusätzlich belastet werden.
Sollten hingegen doch Erhöhungen des Zusatzbeitrages drohen, fordert die Linke einen entsprechenden erhöhten Bundeszuschuss. Außerdem sollten laut Antrag alle Einkommen aus abhängiger und selbstständiger Arbeit sowie aus allen anderen Einkommensarten, etwa aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung ab 2024 beitragspflichtig werden.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: