Politik

Debatte um Homöopathie im Petitionsausschuss des Bundestages

  • Montag, 3. Juni 2024
Öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages. /picture alliance, Monika Skolimowska
Öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages. /picture alliance, Monika Skolimowska

Berlin – Homöopathische und anthroposophische Arzneimittel sowie homöopathische Leistungen sollen als Satzungsleistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten bleiben. Diese Forderung erhebt der Kinderarzt und Geschäftsführer des Vereins Gesundheit aktiv, Stefan Schmidt-Troschke, in einer Petition, die der Petitionsausschuss heute öffentlich beraten hat.

Dabei verwies Schmidt-Troschke auf einen Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG), in dem die Abschaffung der Homöopathie als Satzungsleistung enthalten gewesen war. Im aktuellen Kabinettsentwurf des GVSG ist die Streichung nicht mehr enthalten. Allerdings hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) immer wieder angedeutet, dass diese Regelung im parlamentarischen Verfahren wieder aufgenommen werden könnte.

Diese Sorge treibt Schmidt-Troschke um, und sei der Grund dafür gewesen, eine Petition zu starten, die mehr als 200.000 Personen auch unterzeichnet haben. In der heutigen öffentlichen Anhörung konnte er seine Sicht der Debatte darstellen: Bundestagsmitglieder des Ausschusses stellten an ihn sowie an den parlamentarischen Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Edgar Franke (SPD), Fragen. Vor allem Franke betonte in seinen Antworten immer wieder, dass aus seiner Sicht sich derzeit die Frage zur Homöopathie in der GKV nicht stelle, da dies nicht mehr im Kabinettsentwurf enthalten sei. Zudem bieten nach seinen Auskünften derzeit etwa 70 Krankenkassen homöopathische Leistungen und Kostenerstattungen als Satzungsleistung an, in der Regelversorgung ist das Angebot nicht enthalten.

Aus Sicht von Schmidt-Troschke wäre die Streichung der homöopathischen und anthroposophischen Arzneimittel sowie von homöopathischen Leistungen als Satzungsleistungen falsch. „Die Menschen wollen Homöopathie und anthroposophische Medizin“, sagte er. Eine Allensbach Umfrage von 2023 zeige, dass immerhin schon 60 Prozent der Menschen in Berührung mit Homöopathie gekommen seien. „Homöopathie genießt eine ganz besonders hohe Wertschätzung in der Bevölkerung“, sagte der Petent. Es sei in der Debatte bezeichnend, dass immer über die Menschen, die diese Leistungen in Anspruch nehmen, sowie über die Ärztinnen und Ärzte, die diese Leistungen anbieten, gesprochen werde, aber nie mit den Betroffenen selbst.

Schmidt-Troschke ging auch auf die Kostenfrage ein. Dabei machte er deutlich, dass es um Satzungsleistungen gehe, die ausschließlich aus den Eigenmitteln der Krankenkassen finanziert würden, die diese anbieten. Die Solidargemeinschaft werde insofern nicht belastet, da es nicht um eine Regelleistung gehe. Abgesehen davon lägen die Kosten für Homöopathie und anthroposophische Medizin bei 0,03 Prozent der Gesamtausgaben der GKV. Homöopathie sei also „sehr kostengünstig“.

Staatssekretär Franke wies in der Sitzung auch darauf hin, dass im nun laufenden parlamentarischen Verfahren das BMG keine direkte Einflussnahmemöglichkeit mehr habe. „Der Ball liegt jetzt nicht im Ministerium, sondern im politischen Bereich, also bei Ihnen als Abgeordnete“, sagte Franke. Er hoffe auf eine breite öffentliche Diskussion zu dem Thema, bei der sich alle Beteiligten einbringen, so der BMG-Staatssekretär, der laut eigener Aussage persönlich gute Erfahrungen mit homöopathischen Behandlungen gemacht hat. Gerade im Bereich der Kindermedizin könnten diese viel leisten, sagte er.

Der Grund, dass der Gesundheitsminister eine Erstattungsfähigkeit kritisch bewerte, liege zum einen in der fehlenden wissenschaftlichen Evidenz für die Wirksamkeit, sagte Franke. Dazu komme, dass den Patienten suggeriert werde, es handle sich um eine wirksame Behandlungsmethode. In der Folge könnten Erkrankungen unzureichend schulmedizinisch behandelt werden, sei eine Befürchtung Lauterbachs. Bislang, so BMG-Staatssekretär Franke, sei noch kein homöopathisches Arzneimittel durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen worden, „bei dem der Antragsteller mit einer nach dem anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik angelegten Studie die Wirksamkeit nachgewiesen hat“.

Aus Sicht des Petenten und der ihn begleitenden Onkologin Diana Steinmann gibt es aber sehr wohl eine Evidenz für Homöopathie und anthroposophische Medizin. Schmidt-Troschke verwies auf eine Studie unter der Leitung von Harald Johan Hamre vom Institut für angewandte Erkenntnistheorie, einem An-Institut der Universität Witten/Herdecke, die ein positives Ergebnis „weit über den Placeboeffekt hinaus“ gebracht hätte. Es gäbe positive Wirkungen, „die bisher noch nicht naturwissenschaftlich erklärbar sind“, sagte der Petent. Man dürfe aber nicht die Augen vor den Phänomenen verschließen, nur weil sie aktuell nicht erklärbar seien. Steinmann ergänzte, es gäbe derzeit viele Forschergruppen, die damit beschäftigt seien, den Nachweis zu führen, warum es zu den positiven Wirkungen komme.

Gemeinsam betonten Petent Schmidt-Troschke und die Strahlentherapeutin Steinmann den integrativen Ansatz. Es mache Sinn, die moderne naturwissenschaftliche Medizin mit gut evaluierten und beforschten Verfahren zu ergänzen, sagte der Geschäftsführer des Vereins Gesundheit aktiv. Es brauche eine Kombination anstelle eines Gegeneinanders. „Wir reden heute nicht mehr von Alternativmedizin, sondern von integrativer Medizin“, sagte Schmidt-Troschke.

Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Martina Stamm-Fibich (SPD), betonte, dass der Ausschuss heute keine Entscheidung für oder gegen die Homöopathie fällen werde. Es gehe zunächst um eine Anhörung der Positionen. Der Ausschuss beschäftigt sich danach auf einer nicht-öffentlichen Sitzung mit der Petition und spricht gegebenenfalls eine Empfehlung an das Bundestagsplenum aus, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

bee/EB

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