FDP signalisiert Unterstützung bei Entbudgetierung von Fachärzten

Berlin – Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, hat für Anliegen aus der Ärzteschaft wie der Entbudgetierung und einer neuen Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄ) Unterstützung signalisiert. Er machte aber zugleich keine Hoffnung für eine Umsetzung. Das verdeutlichte eine Veranstaltung der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) zu dessen zehnjährigem Bestehen.
Ullmann betonte, es sei seit Jahrzehnten ein Fehler der Gesundheitspolitik, dass kein Strukturwandel, sondern ein Kostenwandel stattgefunden habe. Deswegen gebe es auch eine „überbordene stationäre“ und eine „unzureichende ambulante“ Versorgung.
„Deshalb setzen wir uns als freie Demokraten auch explizit für die Entbudgetierung ein“, sagte er. Wer Leistungen erbringe, solle diese auch bezahlt bekommen. Es sei nicht richtig, „dass die Politik, die auch er habe mitvertreten müssen als man in die Koalition gestartet sei“, immer die Schraube andrehe, um Kosten einzusparen.
Die Modernisierung der GOÄ hält er für erforderlich, aber zugleich für ein schwieriges Unterfangen. Er habe nicht das Gefühl, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein Verständnis für die niedergelassenen Ärzte habe, die im ambulanten Bereich tätig seien, sagte Ullmann.
Er habe eher das Gefühl, dieser meine zu wissen, wie ein Krankenhaus funktioniere. Er glaube offenbar, dort könne alles gemacht werden. „Das ist nicht mit uns zu machen. Es ist auch nicht mit uns zu machen, dass der Staat bestimmt, wie Medizin funktioniert. Eine Staatsmedizin wollen wir nicht“, stellte Ullmann klar.
Es brauche eine „faire Gebührenordnung und auch einen fairen Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)“. „Die Medizin entwickelt sich weiter. Sie ist immer fortgeschrittener geworden. Deswegen ist die Entbudgetierung etwas ganz wichtiges“, sagte Ullmann, der auch dafür eintrat, die Selbstverwaltung zu stärken.
Zuvor hatte der stellvertretende ALM-Vorsitzende Jan Kramer eine Entbudgetierung nicht nur für die Hausärzte angemahnt, sondern auch für die Fachärzte. Es dürfe kein „unendliches Leistungsversprechen“ von der Politik geben, sagte Kramer.
Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK), stellte klar, dass die BÄK bei dem Thema GOÄ nicht lockerlassen werde. Eine angemessene Honorierung sei seit Jahren in vielen Fachbereichen ein Thema, werde aber besonders in der Labormedizin deutlich.
„Dass die moderne Labormedizin des Jahres 2023 in der Privatliquidation mit einer Gebührenordnung aus dem letzten Jahrtausend abgerechnet werden muss, ist eine skandalöse Verleugnung der großen Anpassungsbedarfe, die sich aus dem medizinischen und technischen Fortschritt in den letzten Jahrzehnten ergeben haben“, erklärte die BÄK-Vizepräsidentin.
Sie machte deutlich, die Vorarbeiten für eine neue GOÄ seien gemacht. Es gebe keine Ausrede mehr für das Bundesgesundheitsministerium. „Die Ausrede, dass auch die Preise mit der PKV konsentiert werden müssen, lassen wir nicht gelten“, so Lundershausen. Die GOÄ sei kein Verhandlungskonstrukt, sondern eine Verordnung. „Deshalb halten wir den politischen Druck aufrecht.“
Andreas Köhler, Ehrenpräsident des Spitzenverbands der Fachärzte (Spifa) und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), wies darauf hin, dass die Ärzteschaft selbst der Labormedizin in den vergangenen Jahren ihre Anerkennung gezollt habe.
So sei der ausgezahlte Honorarumsatz an die Laborärzte in den vergangenen zehn Jahren von 1,28 Milliarden Euro auf 2,32 Milliarden Euro gesteigert worden. Das sei ein Plus von 81 Prozent, wohingegen die Gesamtvergütung in diesem Zeitraum um 15 Prozent angestiegen sei.
„Die Ärzteschaft selbst hat sehr viel Geld in die Labordiganostik transferiert“, so Köhler. Wenn das außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gelaufen wäre, hätte man seiner Auffassung nach eine solche Steigerung der Honorare nicht gehabt, glaubt er.
Sorgen macht Köhler sich unter anderem um die Freiberuflichkeit und eine zunehmende Staatsmedizin. Bei letzterem erinnert er sich an Zeiten, „wo in verrauchten Räumen ältere weiße Herren ein klassisches korporatistisches Selbstverwaltungssystem gelebt“ und „Probleme gelöst“ hätten. „Davon sind wir heute meilenweit entfernt“. Der Gesetzgeber greife daher auch direkt durch – und das sei nicht nur die Ära Lauterbach.
Aus Sicht von Köhler verändert sich gerade das korporatistische Selbstverwaltungsmodell, das die Väter des Grundgesetzes gewollt hätten – hin zur Staatsmedizin. Er frage sich, ob die Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung nicht sehen würden, dass sie auch „immer wieder Vorlagen“ dafür geben würden.
„Ich höre das, was die FDP sagt, sehr gerne. Aber wenn man die Trends betrachtet, passiert da viel zu viel und wir wehren uns viel zu wenig“, mahnt Köhler. „Wir sind auf dem Weg in ein staatlich dirigistisches Gesundheitssystem.“ Mit der Staatsmedizin kommt aus seiner Sicht auch ein zweites Charakteristikum des freien Berufes unter die Räder – die gemeinsame Selbstverwaltung.
Während FDP und Ärzteschaft bei den Fragen der Honorierung eng beieinander liegen, zeigten sich aber auch einige Differenzen. Ullmann sprach sich zum Beispiel dafür aus, die Apotheken in die Früherkennung von Erkrankungen mit einzubeziehen, wie es Bundesgesundheitsminister Lauterbach kürzlich angekündigt hatte. Bundesärztekammer und die ALM lehnten das strikt ab.
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