Politik

G-BA erkennt Hürden für flächendeckende Komplexversorgung schwer psychisch Kranker

  • Montag, 21. Oktober 2024
/melita, stock.adobe.com
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Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht Anpassungsbedarf an seinen Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Menschen mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KSVPsych-Richtlinie).

So sollen insbesondere mehr Netzverbünde die Versorgung schwer psychisch kranker Erwachsener verbessern helfen. Darüber hinaus identifizierte ein Zwischenbericht vor allem die Vorgabe für einen vollen Versorgungs­auftrag sowie organisatorisch-administrative und strukturelle Anforderungen als Hürden, die eine flächen­de­ckende Umsetzung erschweren.

„Die Komplexversorgung für schwer psychisch Kranke ist noch nicht in allen Regionen Deutschlands so ange­kommen, wie wir uns das als G-BA erhofft hatten. So fehlen Netzverbünde in ländlichen Gebieten, unter ande­rem aber auch in ostdeutschen Bundesländern“, erklärte Bernhard van Treeck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Psychotherapie und psychiatrische Versorgung.

Der G-BA habe deshalb bereits bei der Einführung der Komplexversorgung beschlossen, zeitnah zu prüfen, ob sich die Netzverbünde in der Fläche gründen und nachzujustieren, wenn Hürden bei der Umsetzung benannt werden können.

Ein Zwischenbericht auf Grundlage einer Befragung liegt nun vor. Befragt wurden die Mitglieder der Beratenden Fachausschüsse bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die den Fachgruppen angehören, die an der Richtlinienversorgung psychisch kranker Menschen teilnehmen können.

Demnach wurden bis Oktober 2023 (Stand des Zwischenberichts) nur 13 Netzverbünde in sechs Kassenärztli­chen Vereinigungen (KVen) gegründet. In zehn KVen liegen dem Zwischenbericht zufolge weder genehmigte noch eingegangene Anträge vor. Die KSVPsych-Richtlinie trat am 18. Dezember 2021 in Kraft.

Der Zwischenbericht zeigt weiter, dass vor allem die Vorgabe für einen vollen Versorgungsauftrag sowie orga­nisatorisch-administrative und strukturelle Anforderungen als Hürden einer flächendeckenden Umsetzung zurückgemeldet wurden.

Demnach haben potenziell Teilnehmende Bedenken hinsichtlich möglicher Risiken für die eigene Praxis (Vertrags­schlüsse, Haftungsrisiken, Vergütungsweiterleitung). Nicht attraktiv erschien den Befragten auch der mit einer Teilnahme verbundene formal-bürokratische Aufwand sowie die Vergütung.

Die Bezugsfunktion in der Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht übernehmen zu können wird eben­falls häufig als Teilnahmehemmnis genannt, gefolgt von der Einhaltung der durch die Richtlinie vorgegebenen Fristen für die Patientenversorgung.

Nach Angaben der Befragten bestehen auch im Aufbau der Kooperationsstrukturen Herausforderungen. Dabei wird zum einen von fehlenden Anschlussmöglichkeiten durch regional nicht vorhandene Netzverbünde berich­tet, zum anderen beständen Schwierigkeiten bei der Bereitschaft der Psychotherapeuten sowie der Kranken­häu­ser mit regionaler Pflichtversorgung, sich an einem Netzverbund zu beteiligen. Auch die Verfügbarkeit von Leistungserbringenden der Soziotherapie und der psychiatrisch häuslichen Krankenpflege wird als Hindernis für eine Teilnahme wahrgenommen.

„Erwartbar positiv für uns ist aber auch, dass die Evaluation die therapeutische Zielrichtung grundsätzlich be­stätigt hat und diese neue Versorgungsform als Verbesserung für die Situation der Patientinnen und Patienten gesehen wird“, sagte Psychiater van Treeck. Ausgehend von dem Zwischenbericht werde der G-BA nun in den nächsten Monaten prüfen, wie die Richtlinienvorgaben sachgerecht angepasst werden können.

Für die Gründung eines Netzverbundes schließen der KSVPsych-Richtlinie zufolge mindestens zehn Fachärzte sowie Psychotherapeuten einen Netzverbundvertrag. Vertreten sein können unter anderem die Fachdisziplinen Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin oder Neurologie.

Zudem muss ein Netzverbund über Kooperationsverträge die Zusammenarbeit mit mindestens einer stationären Einrichtung sowie mit mindestens einer Person aus den folgenden Gesundheitsberufen nachweisen: Ergothera­pie, Soziotherapie, psychiatrische häusliche Krankenpflege.

Netzverbundverträge und Kooperationsverträge werden von der jeweils zuständigen regionalen KV geprüft und – sofern die in der Richtlinie des G-BA genannten Bedingungen erfüllt sind – genehmigt. Die KVen stellen im Internet ein öffentliches Verzeichnis der Netzverbünde bereit.

PB

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