Politik

Gesundheitsministerkonferenz will ambulante Versorgung stärken

  • Donnerstag, 13. Juni 2024
Ländergesundheitsministerinnen und -minister sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim GMK-Pressegespräch. /cmk
Ländergesundheitsministerinnen und -minister sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim GMK-Pressegespräch. /cmk

Travemünde – Mit mehr als 50 Beschlüssen will die 97. Gesundheitsministerkonferenz (GMK) die Gesundheitsversorgung sicherstellen, vor allem im ambulanten Bereich. Die 16 Gesundheitsministerinnen und -minister haben sich gestern und heute über aktuelle Themen der Gesundheitspolitik in Lübeck-Travemünde ausgetauscht.

„Von der Gesundheitsministerkonferenz geht das starke Signal aus, dass sich die Länder gemeinsam und parteiübergreifend für die Sicherung der Gesundheitsversorgung einsetzen“, sagte die GMK-Vorsitzende und Gesundheitsministerin aus Schleswig-Holstein, Kerstin von der Decken (CDU) nach der Sitzung. Für die zunehmenden Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Unterversorgung oder Arzneimittelknappheit gebe es keine Lösung auf Knopfdruck, aber eine Vielzahl an Stellschrauben, an denen man drehen müsse. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte, die Beschlüsse seien weitestgehend im Sinne der Bundesregierung gefasst worden.

Es werde etwa eine Länder-AG eingerichtet, die sich im Schwerpunkt mit der ambulanten und sektorenübergreifenden Versorgung befassen und konkrete Vorschläge erarbeiten solle.

Um den sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel besser eindämmen zu können, hat die GMK Beschlüsse zur leichteren Anerkennung ausländischer Abschlüsse von Gesundheitsfachberufen gefasst. „Wir haben uns darauf verständigt, dass die Kenntnisprüfung künftig eine andere Rolle spielen soll“, sagte die Gesundheitssenatorin aus Hamburg, Melanie Schlotzhauer (SPD). Die berufsgebundene Fachsprachenprüfung soll künftig in den Vordergrund gestellt werden. Sprachprüfungen zur allgemeinen Sprache sollten entsprechend zurückgestellt werden.

Zudem soll die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe entlastet werden können, so dass der Zugang zu diesen Berufen erleichtert werde, erklärte Schlotzhauer. In dem Beschluss der GMK dazu heißt es: „Der Bund wird um Prüfung gebeten, wie eine auskömmliche Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen (Anpassungslehrgänge mit Abschlussgespräch, Kenntnisprüfungen / Eignungsprüfungen mit Vorbereitungslehrgängen) für Angehörige der Gesundheitsfachberufe mit ausländischem Abschluss sichergestellt werden kann, und weiter darum gebeten, entsprechende notwendige gesetzliche Änderungen in die Wege zu leiten.“ Es müsse sichergestellt werden, dass keine weiteren Belastungen für die Pflegebedürftigen entstehen.

„Die bundesrechtlich geregelten Anerkennungsverfahren für ausländische Ärztinnen und Ärzte müssen schneller und vor allem pragmatischer werden“, sagte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Die Länder wollen dies mit einer Bundesratsinitiative und konkreten Vorschlägen kurzfristig anschieben.

Ausländisches Medizinstudium in Deutschland abschließen

Zudem fordert die GMK das BMG auf, eine Regelung zu schaffen, die es ermöglicht, in Drittstaaten vorgeschriebene Praxiszeiten, wie zum Beispiel die ukrainische Internatur in Medizin und Pharmazie im Inland abschließen zu können. Die Regelung soll ermöglichen, dass Medizinstudierende, die im Ausland ihr Studium begonnen haben, dieses auch in Deutschland abschließen können.

Um die ambulante Versorgung weiter sicherzustellen, forderte Schlotzhauer, dass die Länder künftig eine Stimme in den Zulassungsausschüssen für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erhalten sollten. Dies sei nötig, um die Grundversorgung insbesondere in sozialpolitisch schwierigen Regionen sicherstellen zu können und die Bedarfsplanung abzusichern. In manchen Stadtteilen sei es in Hamburg etwa schwierig, Nachbesetzungen für Arztpraxen zu finden. Von der Einflussnahme verspricht sich Schlotzhauer, sozialpolitische Parameter besser diskutieren zu können und diese Aspekte in die Zulassungsausschüsse künftig mit einfließen zu lassen. Vorschläge dazu hätten die Länder im Gesetzgebungsverfahren des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) gemacht.

Das BMG müsse darüber hinaus die Förderung fachärztlicher Weiterbildungsstellen neu bewerten und gegebenenfalls weiterentwickeln, lautete eine weitere Forderung der GMK. Nach § 75a Absatz 9 SGB V werden bis zu 2.000 Weiterbildungsstellen bundesweit gefördert, davon mindestens 250 Weiterbildungsstellen in der Kinder- und Jugendmedizin. Es sei zu prüfen, ob nicht eine kurzfristige Erhöhung erforderlich sei.

Krankenhausreform: BMG will selbst Änderungsanträge einbringen

Auch das Thema Krankenhausreform diskutierten Bund und Länder beim gestrigen Kaminabend – einem vertraulichen Gespräch ohne Mitarbeiterinnen oder Referenten. Einen Beschluss fasste die GMK hingegen nicht. Bundesgesundheitsminister Lauterbach zeigte sich heute optimistisch, dass die Reform zum 1. Januar 2025 wie geplant in Kraft trete. Einige Forderungen der Länder habe man aus Zeitgründen nicht mehr in den Kabinettsentwurf aufnehmen können, sagte Lauterbach. Im parlamentarischen Verfahren gebe es die Möglichkeit von Änderungsanträgen. Auch aus dem BMG sollen entsprechende Änderungsanträge kommen, erklärte er.

GMK-Vorsitzende von der Decken setzt vor allem auf die Änderungen im parlamentarischen Verfahren und betonte, man wolle ein „fachlich gutes Gesetz hinbekommen“. Es sei aber nicht verantwortbar, das Gesetz ohne eine vorherige Auswirkungsanalyse zu beschließen, betonte von der Decken. Wenn diese Analyse zeigen würde, dass die geplanten Änderungen zu nicht hinnehmbaren Versorgungslücken führten, dann dürfe das Gesetz Bundestag und Bundesrat nicht passieren. Eine entsprechende Analyse der Reform sei Lauterbach zufolge ab September möglich.

Während die Verhandlungen um das Bundesgesetz weiterlaufen, schreitet Nordrhein-Westfalen (NRW) deutlich voran. Freitag werden die Bescheide für die Krankenhäuser für die jeweils zugeordneten Leistungsgruppen versendet, erklärte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Erste Bescheide zu Leistungsgruppen der Grundversorgung (Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Intensivmedizin und Geriatrie) wurden bereits im Mai versendet, nun folgen die restlichen 56 Leistungsgruppen. Bis Ende des Jahres können die Krankenhäuser dazu Stellung nehmen.

Wichtig sei, sich die regionalen Strukturen vor Ort genau anzusehen und vor allem auch das Personal mitzunehmen, betonte Laumann. Dieses könne man nicht „wie auf dem Schachbrett“ von Standort zu Standort verschieben. Dass es bald bundesweit 65, also fünf zusätzliche Leistungsgruppen zu den 60 NRW-Leistungsgruppen geben könnte, sieht Laumann entspannt. „Die Bundesreform wird nicht bedeuten, dass wir alles neu machen müssen“, sagte er. Stattdessen werde es einzelne kleinere Anpassungen geben.

Psychiatrische Versorgung sicherstellen

Das Thema Versorgungssicherheit im psychiatrischen und psychosomatischen Bereich stand auch auf der Agenda der GMK. So fordern die Länder den Bund auf, die Regionalbudgets, beziehungsweise die sektorenübergreifenden Jahrespauschalen, die als Modellvorhaben zur Versorgung psychisch kranker Menschen gelten, in die Regelversorgung zu überführen. Dies solle auch für die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung gelten.

Zudem werde ein bundesweites Rahmenkonzept für die Budgetfindung und Abfindung derartiger Vergütungsmodelle benötigt. Das BMG solle ein entsprechendes Konzept erarbeiten. Die gesetzlichen Grundlagen müssten im SGB V, in der Bundespflegesatzverordnung und im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) geschaffen werden, lautet die Forderung weiter.

Neben versorgungspolitischen Themen war auch die Digitalisierung Thema, etwa die Cybersicherheit in Arztpraxen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach erklärte, dass die Gematik als neue Digitalagentur künftig so weiterentwickelt werden solle, dass sie Kassenärztlichen Vereinigungen und auch Arztpraxen unter anderem zum Thema Cybersicherheit beraten könne.

Zudem fordert die GMK das BMG dazu auf, eine gesetzliche Regelung zu erlassen, die eine automatisierte digitale Meldung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte an die Landeskrebsregister flächendeckend ermögliche. „Dafür wird das BMG gebeten, die Integration der oBDS (bundeseinheitlicher onkologischer Basisdatensatz)-Schnittstelle in die Praxisinformationssysteme und Krankenhausinformationssysteme durch die Softwarehersteller verpflichtend vorzuschreiben.“ Diese Schnittstelle müsse regelmäßig aktualisiert werden. Wenn Softwarehersteller dies nicht umsetzten, müsse es entsprechende Sanktionierungsmöglichkeiten geben, so die Länderforderung.

Neben den Beschlüssen zur ambulanten Versorgung hat sich die Gesundheitskonferenz auch für die Weiterentwicklung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) ausgesprochen.

cmk

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