Grüner 4-Punkte-Plan schlägt Soforthilfen für stationäre Einrichtungen vor

Berlin – Bund und Länder müssen den Krankenhäusern bei der Bewältigung der steigenden Energiekosten und der hohen Inflation zügig und substanziell unter die Arme greifen. Dafür sprechen sich vier Gesundheitspolitiker der Grünen im Bundestag in einem neuen 4-Punkte-Krisenplan aus. Zuerst hat der Spiegel berichtet.
Das Papier, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, stammt von den vier Fachpolitikern Janosch Dahmen, Sprecher der Fraktion für Gesundheitspolitik, Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Armin Grau, Berichterstatter für Krankenhauspolitik, und Kordula Schulz-Asche, Berichterstatterin für Pflegepolitik.
„Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in Deutschland stehen durch mehrere gleichzeitig auftretende Krisen kurzfristig vor erheblichen existenzgefährdenden Herausforderungen“, heißt es in dem Papier. Ohne ein umfassendes Maßnahmenpaket drohe Gesundheitseinrichtungen in allen Landesteilen wegen fehlender Liquidität die Insolvenz.
Dafür verantwortlich seien neben den Inflationseffekten insbesondere die zunehmenden Energiekosten sowie damit direkt einhergehende, umfassende Sachkostensteigerungen. Hinzu komme ein nach 2,5 Jahren Pandemie ausgeprägter Fachkräftemangel sowie insbesondere bei den Krankenhäusern ein Fallzahlrückgang von bis zu 20 Prozent im Vergleich zum vor Pandemieniveau. Das gehe mit einer direkten, spürbaren Erlösminderung einher.
Politik der vergangenen Jahre nicht unschuldig
Einen Grund für die Probleme sehen die vier Grünen-Abgeordneten auch im Verhalten von Bund und Ländern bei der Krankenhausfinanzierung der vergangenen Jahre. Das führe dazu, dass die aktuelle Entwicklung auf ein Versorgungssystem treffe, „das unter einem jahrzehntelang gewachsenen Reformstau leidet, den sowohl Bund, Länder, als auch die Einrichtungsträger selbst zu verantworten haben“.
Angesichts begrenzter Haushaltsmittel kommt es für Dahmen, Klein-Schmeink, Grau und Schulz-Asche nun darauf an, notwendige Unterstützungsmaßnahmen „zielgenau dorthin zu steuern, wo sie gebraucht werden“.
Um die wirtschaftlichen Sicherung der Gesundheitsversorgung in Kliniken und Pflegeheimen schnell zu erreichen, sind nach Ansicht der Grünen verschiedene Maßnahmen notwendig, die unterschiedlich schnell angegangen werden müssen. Sofort muss es demnach einen Energiekostenschutzschirm für stationäre Pflege-, Reha- und Gesundheitseinrichtungen geben. Der soll auf der Grundlage der tatsächlichen Preissteigerungen eingeführt werden.
Die Einrichtungen der stationären Pflege- und Gesundheitsversorgung sollten dafür die einrichtungsspezifischen Energiekostensteigerungen melden – auf Grundlage der Mehrkosten, die sich aus entsprechenden Vertragskonditionen mit den Energieunternehmen im Vergleich zu den Vorjahren ergeben. Das Instrument sollte auf zunächst sechs Monate begrenzt werden.
Inflationskostenbremse nötig
Kurzfristig ist eine Inflationskostenbremse erforderlich. Die Grünen schlagen vor, dass Bund und Länder jeweils hälftig, neben dem spezifischen Energiekostenausgleich durch den Bund, weitere Sachkostensteigerungen – insbesondere bei Medizinprodukten oder Lebensmitteln – rückwirkend ab dem 1. Juli dieses Jahres für zunächst neun Monate durch einen prozentualen Aufschlag auf die Erlöse aus der Krankenversorgung beziehungsweise die Pflege auffangen.
Das sei insbesondere für die Pflegeeinrichtungen wichtig, die im Normalfall die Kosten für Unterkunft und Verpflegung an Bewohnerinnen und Bewohner weitergeben würden, heißt es in dem Papier. Die Einrichtungen dürften in der aktuellen Situation „weder auf den hohen Kosten sitzenbleiben noch die gestiegenen Preise“ weiterreichen.
Die Auflösung des Reformstaus und ein Strukturwandel müssten mittelfristig und ein energieeffizientes und klimaneutrales Gesundheitswesen als langfristiges Ziel verfolgt werden. Strukturreformen dürften nicht weiter aufgeschoben werden, heißt es weitier. Bund und Länder müssten dabei zusammenarbeiten. Notwendige Reformen seien beispielsweise zur stärkeren Ambulantisierung der Krankenversorgung ebenso wichtig wie erforderliche Neuregelungen zur Sicherstellung einer guten pflegerischen Versorgung.
Ausgebliebene Investitionen in den vergangenen Jahren insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung stationärer Kranken- und Pflegeeinrichtungen haben aus Sicht der Parlamentarier darüber hinaus nicht nur zu einer gewachsenen Energieabhängigkeit des Gesundheitswesens geführt, sondern tragen inzwischen zu mehr als fünf Prozent aller Treibhausgasemissionen bei.
„Im Schnitt verbraucht ein Krankenhausbett heute bereits so viel Energie wie ein Einfamilienhaus“, erklären die Grünen in dem Papier. Um Investitionen in die Energieeffizienz zu fördern, schlage man einen von Bund- und Ländern getragenen Klimaschutzfonds für das Gesundheitswesen vor.
Dieser müsse „zeitnah eingerichtet werden und langfristig und zielgerichtet Investitionen ermöglichen“. Ziel sollte es sein, den Weg zu einem klimaneutralen Gesundheitswesen zu beschleunigen und die Abhängigkeit der Gesundheitseinrichtungen von fossilen Energien rasch zu vermindern.
Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) stehen viele Einrichtungen vor einer finanziellen Schieflage. Deshalb muss es aus Sicht der Krankenäuser finanzielle Unterstützung geben.
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) fürchtet, dass es aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen auch zu Insolvenzen kommen könnte.
Ändere sich die Situation nicht, könnten bundesweit 40 Prozent der Häuser von Zahlungsunfähigkeit bedroht sein. „Die Not ist zum Greifen, die Patientenversorgung bedroht.“ Hinzu kommt die Sorge vor einer erneuten Pandemiewelle im Herbst und im Winter.
Die niedergelassenen Vertragsärzte betonten heute, dass sie ebenfalls in wirtschaftlichen Problemen steckten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mahnte, die Ärzte der ambulanten Versorgung nicht ein weiteres Mal zu vergessen.
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