Politik

Grundsatzprogramm: CDU bleibt sich bei Gesundheit und Pflege treu

  • Mittwoch, 8. Mai 2024
Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, präsentiert mit der Parteispitze beim CDU-Bundesparteitag das neue Grundsatzprogramm der Union. /picture alliance, Kay Nietfeld
Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender, präsentiert mit der Parteispitze beim CDU-Bundesparteitag das neue Grundsatzprogramm der Union. /picture alliance, Kay Nietfeld

Berlin – Knapp drei Jahre nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl hat sich die CDU mit einem gestern beschlossenen Grundsatzprogramm inhaltlich neu aufgestellt. Bei Gesundheit und Pflege hält die CDU vielfach an alten Grundsätzen fest. Es bleibt bei Schlaglichtern, konkrete Lösungsvorschläge finden sich nicht.

Dem Papier zufolge wollen die Christdemokraten am dualen System aus gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenver­sicherung festhalten. Bei der Finanzierung des Gesundheitssystem braucht es auch Sicht der CDU Strukturreformen. „Um die Gesundheitsausgaben zu dämpfen, wollen wir den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen stärken. An der solidarischen Beitragsfinanzierung halten wir fest“, heißt es.

Zugleich setze man „auf mehr Eigenvorsorge“ und wolle „das Kostenbewusstsein der Versicherten schärfen“. Es müsse sich für jeden Einzelnen lohnen, „sparsam mit den Ressourcen unseres Gesundheitswesens umzugehen“. Jeder sei gefragt, mehr auf seine eigene Gesundheit zu achten.

Ein klares Bekenntnis gibt es zum „Grundsatz der Freiberuflichkeit“ und zur „Selbstverwaltung als tragendem Prinzip in allen Zweigen der Sozialversicherung“. Die Hausarztpraxis muss für die CDU die erste Anlaufstelle für Patienten vor Ort bleiben. Dies soll um ein ambulantes fachärztliches Versorgungsangebot sowie eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und bedarfsgenaue Krankenhausversorgung ergänzt werden, wie es heißt.

Starten will die CDU darüber hinaus eine „Qualifikations- und Fachkräfteoffensive“, genutzt und weiterentwickelt werden sollen in Zukunft zudem medizinisch-technologische Innovationen.

Weitere Schlaglichter sind ein Plädoyer für mehr Studienplätze für Humanmedizin, mehr regionale Gesundheitszentren mit Notfallversorgung, eine Stärkung der sektoren- übergreifenden und überregionalen Zusammenarbeit, ein Ausbau der Tele­medizin und eine Stärkung der Präsenzapotheken. Um Lieferengpässe von Medikamenten zu vermeiden, unterstützt die CDU die Selbstversorgungsfähigkeit Europas mit Medikamenten und ihre Bevorratung.

Aus Sicht der CDU muss das Thema psychische Gesundheit in der Gesellschaft mehr Beachtung finden. Dabei will die Partei auf „präventive Maßnahmen, frühzeitige Diagnostik und eine ganzheitliche Versorgung von Menschen mit psychischen Er­krankungen“ setzen. Ausgebaut werden soll das Angebot ambulanter und stationärer Therapieplätze. Mehr und bessere psy­chosoziale Hilfen soll es demnach für ältere Menschen geben, die „vermehrt unter Einsamkeit und Altersdepressionen leiden“. Ebenso müssen Kinder und Jugendliche mehr Präventions- und Hilfsangebote bekommen.

Ein klares Signal gibt es in dem Papier zur Drogenpolitik. „Wir lehnen eine Legalisierung von Drogen strikt ab. Dafür setzen wir auf Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression“, heißt es darin. Man wolle insbesondere Kinder und Jugendliche vor Drogenkonsum und Sucht schützen. Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, müssten drogenfrei sein und stärker kontrolliert werden.

In der Pflege sieht die CDU Pflegende Angehörige als „eine tragende Säule für die Aufrechterhaltung der pflegerischen Ver­sorgungsstrukturen“. Sie will „eine bessere Kooperation zwischen Familien, Institutionen, hauptamtlichen Pflegekräften und Ehrenamt aus der Nachbarschaft“. Auf der Agenda stünden Strategien gegen den Fachkräftemangel und für kalkulierbare Heimkosten. Einführen will die CDU „bezahlbare Pflegezusatzversicherungen“, um die Finanzierungslücke in der Pflege zu schließen. „Wir stehen für mehr Eigenvorsorge und wollen die Pflegeversicherung als Teilkaskoversicherung erhalten.“

Die Delegierten des Bundesparteitags nahmen des Grundsatzpapier gestern Abend in Berlin einstimmig an. Es soll für die nächsten zehn bis 15 Jahre die Leitlinien christdemokratischer Politik vorgeben. Das Programm lege die Basis für die Über­nahme von Regierungsverantwortung im Bund, sagte CDU-Chef Friedrich Merz nach dem Beschluss. Er sprach von einem „historischen Tag in der Geschichte der CDU“. Auf Grundlage ihres neuen Grundsatzprogramms werde die Partei nun ein Regierungsprogramm für die kommende Bundestagswahl erarbeiten, sagte der Parteichef.

„Mit diesem Tag ist die CDU programmatisch runderneuert“, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann, der maßgeblich an der Ausarbeitung des Grundsatzprogramms beteiligt war. Der Parteitag habe gezeigt: „Wir sind einig, wir sind geschlossen, wir geben dem Land wieder Zuversicht.“

Für die CDU ist es das vierte Grundsatzprogramm. Es löst das bisherige Programm ab, das 2007 verabschiedet worden war. Mit der geschärften inhaltlichen Positionierung wolle die CDU ihren Anspruch auf Führung der nächsten Bundesregierung pro­grammatisch unterlegen, hatte Merz am Morgen bei der Einbringung des Entwurfs gesagt. „Wir können regieren – aber wir können auch mit Substanz sagen, warum wir regieren wollen.“

Die rund tausend Delegierten hatten von Dienstagmorgen an bis zum Abend über den 70-Seiten starken Programmentwurf diskutiert, der in zweijähriger Arbeit erstellt worden war. Dem Parteitag lagen rund 2.200 Änderungsanträge vor, die in rund zehnstündiger Debatte abgearbeitet wurden.

Vor allem in der Migrations- und Sozialpolitik setzt die CDU in ihrem neuen Programm konservativere Akzente. Überraschend stimmten die Delegierten auch dafür, eine schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht in das Programm aufzunehmen – dies hatte der Entwurf zunächst nicht vorgesehen, die Junge Union setzte den Passus dann aber bei den Delegierten durch. Sie begründete ihn mit der Notwendigkeit einer Stärkung der Bundeswehr angesichts der Bedrohung aus Russland.

Die Wehrpflicht ist seit 2011 ausgesetzt. Zwischenetappe auf dem Weg zu ihrer Wiedereinsetzung soll laut Parteitagsbeschluss eine sogenannte Kontingentwehrpflicht sein. Bei ihr würden alle Männer und Frauen gemustert, aber nur ein Teil je nach Bedarf der Bundeswehr auch eingezogen.

Übergeordnetes CDU-Ziel bleibt weiter das bereits beschlossene verpflichtende Gesellschaftsjahr, das sowohl bei der Bundeswehr als auch bei sozialen Einrichtungen abgeleistet werden kann. Von Zugewanderten verlangt die CDU in dem Grundsatzprogramm ein Bekenntnis zur deutschen Leitkultur „ohne Wenn und Aber“.

Ihre Zielsetzungen beschreibt die CDU darin in Kurzform so: „Wir wollen ein Land, das frei und sicher ist; eine Gesellschaft, die zusammenhält und Chancen eröffnet; eine Wirtschaft, die Wohlstand für alle schafft; ein Deutschland, das nachhaltig und souverän ist; einen Staat, der funktioniert und vorangeht.“

may/afp

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