Hunderte Medizinstudierende fordern bundesweit ein faires Praktisches Jahr

Berlin – Medizinstudierende nahezu aller medizinischen Fakultäten in Deutschland fordern dieser Tage bessere Bedingungen im letzten Studienjahr, dem Praktischen Jahr (PJ). Im Rahmen der Aktionswoche „Faires PJ“ der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) vom 17. bis 21. Juni finden diese Woche Demonstrationen, Kundgebungen und Diskussionsrunden an verschiedenen universitären Standorten statt.
Eine große Auftaktdemonstration gab es beispielsweise am Montag in Münster. Vorgestern folgten Demonstrationen in Hamburg, Jena und Dresden. Auch gestern gingen hunderte Medizinstudierende für faire Bedingungen im PJ auf die Straße, beispielsweise bei einer Demonstration in Düsseldorf, an der sich auch Studierende der medizinischen Fakultäten in Aachen, Bochum, Bonn, Essen, Witten und Köln beteiligten. Weitere Demonstrationen gab es gestern in Gießen, Frankfurt, Mainz und München sowie heute in Hannover. Für morgen sind noch Demonstrationen in Freiburg und in Leipzig geplant.
Mit der Teilnahme an den bisherigen Aktionen und der dadurch entstandenen Aufmerksamkeit ist die bvmd insgesamt zufrieden. „Die Demonstrationen sind an allen Universitätsstandorten bisher gut besucht gewesen“, sagte Paul Quasdorff, Pressesprecher der bvmd, heute dem Deutschen Ärzteblatt. „Beispielsweise in Düsseldorf haben wir mehr als 1.000 Teilnehmende gezählt.“ Nicht zufrieden sei man jedoch mit den Reaktionen der Politik, so Quasdorff. „Diese waren leider nicht so, wie wir es uns gewünscht hatten.“ Lediglich in Düsseldorf habe der Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), den Studierenden die Etablierung eines Runden Tisches zu ihren Forderungen versprochen.
Diese sind komplex: So halten die Studierenden Standards für die Lehre im PJ und mindestens vier Wochen Abstand zwischen dem Ende des Praktischen Jahres und dem dritten Staatsexamen für erforderlich. Zudem bemängeln sie eine fehlende Trennung von Krankheits- und Fehltagen. Die aktuelle Approbationsordnung sieht nämlich lediglich 30 Fehltage im PJ vor, in die auch krankheitsbedingte Fehlzeiten eingehen. Gefordert wird zudem eine bundesweite Aufwandsentschädigung mindestens in Höhe des BAföG-Höchstsatzes.
Mit der Aktionswoche wollen die Studierenden aber auch generell Aufmerksamkeit für die verbesserungsbedürftigen Bedingungen im PJ erregen: Der Druck, der auf ihnen lastet, ist groß. Viele von ihnen verbringen im PJ 40 bis 50 Stunden pro Woche in der Klinik, auch Dienste in der Nacht und an Wochenenden sind keine Seltenheit. Oft erhalten sie dafür aber keine oder nur eine geringe Aufwandsentschädigung, so dass sie auf finanzielle Unterstützung der Familie angewiesen sind oder neben der Vollzeittätigkeit in der Klinik noch einem Nebenjob nachgehen müssen. Die Lehre kommt im PJ dabei häufig zu kurz.
Unterstützung für ihre Forderungen erhalten die Medizinstudierenden von vielen Landesärztekammern sowie dem Marburger Bund (MB) und dem Hartmannbund. Das Praktische Jahr sei eine entscheidende Phase in der medizinischen Ausbildung und solle die Studierenden optimal auf den Berufseinstieg vorbereiten. Dazu brauche es faire Arbeitsbedingungen und eine hohe Ausbildungsqualität, meinen sie. Ähnlich hatte auch der diesjährige Deutsche Ärztetag argumentiert und sich ebenfalls mit einem Beschluss zum wiederholten Male für die PJ-Studierenden eingesetzt.
Medizinstudierende berichten dem DÄ von den Demonstrationen:
Erik Busse, Medizinstudent in Düsseldorf:

„Die Landeshauptstadt hat gebebt als 1.000 Kommilitoninnen und Kommilitonen aus ganz Nordrhein-Westfalen (NRW) hier in Düsseldorf demonstrierten. Die Zusammenarbeit aller Fachschaften NRWs hat mal wieder deutlich gemacht: Krankenhaus ist Teamarbeit!“
Alexander Schmidt, Medizinstudent in München:

„Etwa 400 Demonstrierende nahmen am Mittwoch an der Kundgebung am Stachus in München teil. Es wurden auch erste Lösungsansätze präsentiert, die jetzt zeitnah ausgearbeitet werden sollen. Es ist zügiges Handeln der Politik gefordert.“
Jonas Völpel, Medizinstudent in Münster:

„Zum Auftakt zur bundesweiten PJ-Aktionswoche 2024 haben 250 demonstrierende münsteraner Medizinstudierende deutlich gemacht, dass die aktuellen Bedingungen im PJ für sie unhaltbar sind. Bei den aktuellen und bevorstehenden Umwälzungen im Gesundheitssystem muss das PJ unsere Ärzte von morgen besser auf ihre spätere Tätigkeit vorbereiten. Entscheiden muss jedoch die Politik, was ihr eine gute Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte wert ist.“
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