Politik

Ministerium kündigt Änderungen an elektronischer Patientenakte an

  • Mittwoch, 8. November 2023
/picture alliance, Jörg Carstensen
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Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat mehrere wesentliche Änderungen in der künftigen Dateninfrastruktur im Gesundheitswesen ausgearbeitet. So sollen per Anpassungen bei den Spezifikationen der elektronischen Patientenakte (ePA) die ePA-Sicherheitsarchitektur optimiert und eine Pflicht zur Interoperabilität durchgesetzt werden.

Die Änderungen sollen im Wesentlichen den Datenfluss innerhalb des Gesundheits­wesens verbessern und so helfen ein funktionierendes Datenökosystem zu schaffen, erklärte Susanne Ozegowski, Leiterin der Abteilung Digitalisierung und Innovation im BMG heute in Berlin bei einer Konferenz des Handelsblatts.

„Es macht keinen Sinn, in Einzelanwendungen zu denken“, betonte sie. Entscheidend sei die Frage, wie alles zusammengebunden wird. Dies sei der zentrale Gedanke hinter den beiden aktuellen Gesetzesvorhaben, dem Digitalgesetz (DigiG) und dem Gesundheitsdaten­nutzungsgesetz (GDNG), die morgen zum ersten Mal im Bundestag debattiert werden.

Der entscheidende Baustein dafür sei die ePA. Ozegowski kündigte an, dass es in den Vorgaben zu deren Auf­bau noch einige bedeutende Änderungen geben werde, die das BMG in den zurückliegenden Monaten ausgearbeitet habe.

So solle die Sicherheitsarchitektur der ePA modernisiert werden, um eine niedrigschwellige und sichere Nutz­barkeit zu gewährleisten. „Es ist bisher so, dass Daten so mehrfach verschlüsselt sind, dass man nicht einmal einen Virenscan über sie laufen lassen könnte. Das funktioniert so nicht“, erläuterte sie. „Würde ein Arzt Daten in der ePA suchen wollen, müsste er sie komplett auf seinen Computer herunterladen.“

Deshalb solle künftig ermöglicht werden, dass es innerhalb der vertrauenswürdigen Ausführungsumgebung möglich ist, Daten zu entschlüsseln. So sollen sie auf dem jeweiligen Server, also innerhalb des Datensystems der ePA – genutzt und verarbeitet werden können.

Das werde viele Vorteile mit sich bringen: Nicht nur könnten Ärzte innerhalb der ePA von Patienten gezielt Inhalte und Dokumente nach bestimmten Stichworten suchen oder filtern. Auch ermögliche das eine Daten­übertragung, wenn eine Versicherte oder ein Versicherter die Krankenkasse wechselt. Nach dem bisherigen Design wäre das Ozegowski zufolge nur in papiergebundener Form möglich gewesen.

Wichtig sei diese Neuerung auch für die Forschungstauglichkeit der ePA, da sie die Ausleitung von For­schungs­daten auch bei Nicht-App-Nutzern ermögliche, sofern diese nicht zuvor aktiv wider­sprochen haben. Dies werde besser als zuvor ermöglichen, eine Forschungsdatenstruktur aufzubauen, die eine bevölkerungsre­präsentative Zusammensetzung gewährleistet.

Diese Neuerungen würden zwar dazu führen, dass die Gematik die ePA-Spezifikationen noch einmal anpassen müsse, allerdings werde neue Architektur die Umsetzung der Einführung sogar erleichtern. Ziel sei, dass die gematik das erste Paket an Spezifikationen Anfang kommenden Jahres veröffentlicht.

Interoperabilität soll verbindlich werden

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die Interoperabilität von digitalen Anwendungen im Gesundheits­wesen. Bisher gebe es da strukturell und institutionell große Defizite: Es fehle an einer zentralen Koordinie­rung, eine Vielzahl an Akteuren schaffe losgelöst voneinander Standards, deren Qualität sehr unterschiedlich sei und den Vorgaben zur Interoperabilität fehle es an Verbindlichkeit.

Versicherte sollen demnach künftig ein Recht auf Operabilität erhalten, das sie gegenüber ihren Kranken­kas­sen durchsetzen können. Hier spiele der Umbau der Gematik zu einer bundeseigenen Digitalagentur eine zentrale Rolle: Ihre Rolle als Orchestrator solle gestärkt werden, kündigte Ozegowski an.

Die Agentur werde zukünftig das Kompetenzzentrum sein, das erklärt, in welchen Bereichen welche Stan­dards benötigt werden und wer diese Standards festlegt. Außerdem solle sie zertifizieren und prüfen, ob die von der jeweiligen Institution beschlossenen Qualitätsstandards eingehalten werden.

Dazu werde das Kompetenzzentrum künftig Konformitätsbewertung durchführen, um sicherzustellen, dass die Standards in einer Software auch den vorgeschriebenen Kriterien entsprechen.

Dabei solle auch die Industrie die Möglichkeit erhalten, die Interoperabilität von Anwendungen eines anderen Anbieters auf dem Rechtsweg zu erwirken, wenn diese sie trotz Zertifizierung nicht ausreichend gewährleis­ten.

Ausgebaut werden sollen auch die Funktionalitäten von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Sie sollen künftig Daten direkt aus der ePA beziehen oder in sie übertragen können. Auch Hilfsmittel oder Im­plantate soll man dann direkt mit einer DiGA verbinden können, die deren Daten dann in die ePA überträgt.

In Kombination mit einer weiteren Neuerung sollen sich dann zahlreiche nützliche Anwendungsmöglich­keiten ergeben: Auch Nachrichtendienste innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI-Messenger) sollen an DiGA angeschlossen werden können.

So könnten dann beispielsweise behandelnde Ärzte direkte Benachrichtigungen erhalten, wenn zum Beispiel bestimmte Werte eines Patienten in einen kritischen Bereich rutschen und Handlungsbedarf besteht. Diese neue Regelung schaffe überhaupt erst die Möglichkeit, Telemonitoring zeitgemäß über das Smartphone durchzuführen, erklärte Ozegowski.

Das werde auch den Weg freimachen für digitale Disease-Management-Programme (dDMP). Es gehe bei de­nen nämlich nicht darum, Ärzten vorzuschreiben, dass sie gelegentlich mal in eine digitale Anwendung schauen, betonte sie, sondern: „Es geht darum, das Zusammenspiel dieser Anwendungen in einen strukturierten Ver­sorgungsprozess zu übersetzen, der neue Möglichkeiten schafft wie zum Beispiel das Telemonitoring.“

Auch der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) könne perspektivisch über dieses digitale Ökosystem abgebildet werden. So könnten Patienten würden dann laut Ozegowski über eine Metaplattform direkt per Smartphone auf den Terminservice zugreifen können. „Den Terminzugang werden wird dadurch sehr viel niedrigschwelliger gestalten können“, betonte sie.

lau

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