Zielsetzung des Digital-Gesetzes positiv bewertet

Berlin – Die Zielsetzung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung „zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (Digital-Gesetz) wird von den Akteuren des Gesundheitswesens grundsätzlich begrüßt. Zu einzelnen Regelungsdetails, wie etwa Sanktionsmechanismen und Zeitplänen, wurden aber heute im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses kritische Töne laut.
Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, warnte, die bislang vorgesehene Frist zur Bereitstellung der elektronischen Patientenakte (ePA) sei zu kurz. Der Zeitpunkt, ab dem gesetzlich Versicherte automatisch eine ePA erhalten, solle von Anfang 2025 auf Juli 2025 verlegt werden.
Vor Februar 2024 werde keine verbindliche gesetzliche Grundlage in Kraft treten, erst dann verfüge man über einen „stabilen Stand“ für die finale Weiterentwicklung der ePA, so Pfeiffer. Auch im Hinblick auf die Akzeptanz der ePA bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Leistungserbringern gelte es, die Einführung eines unreifen ePA-Produktes zu vermeiden.
Zudem sollte von den Plänen, die Krankenkassen zur Einpflege von unstrukturierten Patientendaten – etwa per Scan von alten Befunden oder ähnliches – zu verpflichten, Abstand genommen werden, forderte Pfeiffer. Eine entsprechende Regelung wäre „datenschutzrechtlich hochproblematisch“ und drohe, unverhältnismäßigen Aufwand zu verursachen.
Die Bereitstellung von strukturierten Daten sei „ein Muss“, betonte Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Andernfalls biete die ePA keinen Mehrwert in der Versorgung. Die BÄK begrüße grundsätzlich die Umstellung der ePA auf ein Opt-Out-Prinzip. Die „wichtigen“ Widerspruchsmöglichkeiten und Zugriffsverwaltung seien allerdings an manchen Stellen zu kleinteilig gestaltet, kritisierte Reinhardt. Dies beeinträchtige die notwendige Praktikabilität und Überschaubarkeit für die Versicherten.
„Eine angemessene Begrenzung bei der Granularität der Zugriffssteuerung liegt sowohl im Interesse einer faktischen Ermöglichung der informationellen Selbstbestimmung als auch der Validität der Inhalte der ePA“, so die BÄK in ihrer Stellungnahme.
Ähnlich argumentierten Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), und Norbert Smetak vom Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa). Letztlich gefährde eine unzureichende Transparenz zur Datenvollständigkeit aus Sicht der behandelnen Ärztinnen und Ärzte die Integrität der ePA – zumindest müsse erkennbar sein, ob einzelne Informationen verschattet wurden.
Dem stimmte der als Einzelsachverständige geladene Gesundheitsexperte Ferdinand Gerlach, ehemaliger Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, ausdrücklich zu.
Im Zuge der Einführung der ePA muss aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gewährleistet sein, dass die Krankenkassen ihre Versicherten umfassend über die ePA informieren. Zusätzliche Erklärungsaufwände in den Arzt- und Psychotherapeutenpraxen müssten vermieden werden.
„Wir als KBV begrüßen grundsätzlich eine Digitalisierung, die die Versorgung besser macht, die Praxen entlastet und zusätzliche Kosten vermeidet“, sagte Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV, anlässlich der heutigen Anhörung. Mit der im Digital-Gesetz vorgesehenen Flexibilisierung der Telemedizin erfolge ein Schritt in die richtige Richtung.
Demgegenüber würden aber immer noch keine Konsequenzen aus den Erfahrungen mit digitalen Anwendungen wie der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) oder dem elektronischen Rezept (eRezept) gezogen.
„Stattdessen setzt man weiterhin auf Sanktionen gegen Praxen. Das war und bleibt der falsche Ansatz, der die Akzeptanz der Digitalisierung in der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft bisher keinesfalls verbessert hat und diese auch künftig nicht verbessern wird“, kritisierte Steiner.
Auch BÄK-Chef Reinhardt wies in der Anhörung darauf hin, dass die bisherige „Realerfahrung“ mit der Technik im Versorgungsalltag für eine „eher durchwachsene Stimmung“ bei den Ärzten sorge. Würden die Prozesse aber, auch mittels der Hinweise der Ärzteschaft, optimiert, könne der Nutzen der Digitalisierung im Gesundheitswesen enorm sein.
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