Noch immer Impfskepsis bei Pflegenden

Berlin – Das medizinische Personal ist nachweislich der wichtigste Ansprechpartner für die Entscheidung für oder gegen eine Impfung. Dies gilt auch für die Coronaschutzimpfung. Doch gerade viele beruflich Pflegende sind derzeit noch unentschlossen, ob sie sich impfen lassen sollen.
„Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) sagt ‚Ja‘ zur Impfung und möchte über die Impfung informieren“, betonte Stefanie Renner, stellvertretende Geschäftsführerin beim DBfK Südost bei einer virtuellen Informationsveranstaltung des Berufsverbandes zum Thema Impfen am 26. Januar.
Nicht unterstützt werden von dem Verband, der die Interessen der Pflegenden in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vertritt, jedoch Vorschläge zur Einführung einer Impfpflicht für Pflegekräfte, wie sie von Bayern Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jüngst geäußert wurden. Dies stellte Renner deutlich klar. Vielmehr müsse mehr Aufklärungsarbeit zur Sicherheit der Impfungen geleistet werden.
„Die Impfung muss freiwillig bleiben“, betonte Renner. Viele Pflegekräfte hätten bislang noch nicht die Zeit für eine eingehende Beschäftigung mit den neuen Impfstoffen oder auch keinen Zugang zu seriösen Informationen gehabt. Es gebe Informationslücken oder falsche Informationen, die sich schnell verbreiten würden.
Viele von ihnen konnte während der Veranstaltung Ulrike Protzer, Virologin und Lehrstuhlinhaberin an der Technischen Universität München, ausräumen. Alle bislang zugelassenen Impfstoffe hätten ein normales Zulassungsverfahren durchlaufen, seien sicher und vielversprechend, betonte sie.
Biontech/Pfizer gebe für seinen Impfstoff zudem eine unverhofft hohe, nämlich 95-prozentige Wirksamkeit an. Ähnlich verhalte es sich bei dem Impfstoff von Moderna. Nebenwirkungen seien selten, abgesehen von normalen Impfreaktionen.
Aufklärung zu Impfmythen
Protzer räumte gestern Abend insbesondere mit einigen Impfmythen auf, der derzeit in den sozialen Medien kursieren. So befürchten einige Frauen, durch die Coronaimpfung unfruchtbar zu werden und verwiesen auf eine vermeintliche Ähnlichkeit zwischen dem Spikeprotein des Coronavirus und dem Protein Syncytin-1, das für die Bildung der Plazenta verantwortlich ist.
Ihre These sei: Wenn der Körper nach einer Impfung Antikörper gegen das Corona-Spikeprotein bildet, richteten sich diese auch gegen das Syncytin-1 verhinderten so die Bildung einer Plazenta. „Diese Sorge ist unbegründet und beruht auf einem Missverständnis“, erklärte Protzer. „Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Proteinen ist so minimal, dass eine Kreuzreaktion des Impfstoffs unmöglich ist.“
Hinzu käme: Würden sich die Coronaantikörper tatsächlich gegen Syncytin-1 richten können, hätte es auch bereits bei natürlichen COVID-19-Erkrankungen durch die Antikörperbildung zu einer erhöhten Zahl an Fehlgeburten oder Komplikationen kommen müssen. „Dies ist jedoch nicht der Fall.“
Auch Genveränderungen durch den mRNA-Impfstoff seien ausgeschlossen, betonte die Virologin. Die Informationen der RNA könnten dabei nicht in die menschliche DNA eingebaut werden. Das verhindere schon die unterschiedliche chemische Struktur und die unterschiedliche Lage. Die mit der Impfung aufgenommene mRNA verbleibe im Zytoplasma und werde nach wenigen Tagen abgebaut. Sie könne gar nicht die Zellkerne erreichen, um mit der DNA zu interagieren.
Neben den Ängsten aufgrund dieser Impfmythen sorgen sich viele Pflegende derzeit aber auch, dass es arbeitsrechtliche Konsequenzen haben könnte, wenn sie es ablehnen, sich impfen zu lassen. Die Arbeitsrechtlerin Stephanie Haas stellte während der Informationsveranstaltung klar, dass eine Entscheidung für oder gegen eine Impfung zwar prinzipiell eine private Entscheidung sei. Dennoch gelte: „Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, ihre Mitarbeiter – beziehungsweise im Pflegebereich auch die Patienten– so gesund wie möglich zu halten. Sie haben eine Fürsorgepflicht.“
Dies treffe insbesondere für vulnerable Gruppen zu, die vor einer Ansteckung durch möglicherweise infiziertes Personal geschützt werden müssten. Dazu gehöre auch die Gewährleistung entsprechender Arbeitsbedingungen.
Nicht geimpftes Personal könne dort eingesetzt werden, wo kein Gefährdungspotenzial bestehe. „Wenn es überhaupt keine Einsatzmöglichkeiten mehr für Ungeimpfte gibt, käme als letzte Konsequenz aber auch personenbedingte Kündigung in Betracht“, sagte Haas.
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