Scholz pocht auf Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Berlin – In der Diskussion um die einrichtungsbezogene Impfpflicht für das Personal von Krankenhäusern und Pflegeheimen pocht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Umsetzung durch die Länder.
„Wir gehen davon aus, dass Gesetze eingehalten werden“, sagte Scholz heute nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Wolfgang Büchner. Dies sei „einer der Vorzüge des deutschen Rechtssystems“.
Büchner verwies auf die gültige Gesetzesregelung, die von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden seien. Die Länder hätten den Bund explizit gebeten, diese Impfpflicht als zusätzlichen Schutz für gefährdete Gruppen einzuführen. Für die Umsetzung seien die Länder zuständig.
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hofft auf ein Einlenken Bayerns. „Wir können das Land Bayern kaum zwingen, sich an die Absprachen zu halten“, sagte Lauterbach gestern Abend im ZDF. Er hoffe, dass dies auch nicht notwendig werde und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) noch einlenke.
„Wir haben ja bisher immer gut zusammengearbeitet und hier geht es um den Schutz derjenigen, die besonders gefährdet sind: ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen, kranke Menschen in Krankenhäusern.“
Söder hatte vorgestern überraschend angekündigt, die ab Mitte März greifende Impfpflicht in Pflegeheimen und Gesundheitseinrichtungen vorerst nicht anzuwenden. Er begründete dies mit ansonsten drohendem verschärftem Personalmangel in der Pflege. Bayerns Schritt ist aber auch unter den Ländern umstritten.
Ärzte und Pfleger haben in diesem Zusammenhang eine erneute Abstimmung der Länder bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gefordert. Um den „Einrichtungen, den Beschäftigten und vor allem den Menschen mit Pflegebedarf Sicherheit zu geben, brauchen wir bundeseinheitliche, klare und gut begründete Regelungen“, sagte die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), Christel Bienstein, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).
Die Verbandschefin befürwortete die einrichtungsbezogene und allgemeine Impfpflicht, „um die Menschen mit Pflegebedarf zu schützen und den Weg aus der Pandemie zu beschreiten“. Die aktuelle Debatte verschleiere aber, dass der Personalmangel in den Pflegeberufen seit Jahrzehnten bekannt ist. „Dass nun jede einzelne Kündigung zu Versorgungsengpässen führt, ist ein politisches Versäumnis und nicht auf die Impfbereitschaft einzelner Pflegender zurückzuführen.“
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), setzt weiter darauf, Impfunwillige in der Pflege zu überzeugen. „Auf jeden Fall wäre es falsch, Impfunwilligen sofort mit Kündigung zu drohen“, sagte Reinhardt der Passauer Neuen Presse heute. Ungeimpfte Menschen in diesem Sektor sollten in einer Übergangsphase dazu bewegt werden, sich doch noch freiwillig impfen zu lassen.
„Durch die Abfrage des Impfstatus ist eine solche gezielte Ansprache der Beschäftigten unkompliziert zu organisieren.“ Reinhardt wünschte sich vom Bund-Länder-Gipfel am 16. Februar, Einheitlichkeit über die Grundlinie der Coronamaßnahmen herzustellen. Alleingänge einzelner Länder verunsicherten die Menschen, und die Akzeptanz für die Maßnahmen schwinde.
Die Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Claudia Moll, erwartet ebenfalls mehr Verlässlichkeit von den Ländern. „Die Länder haben die einrichtungsbezogene Impfpflicht gemeinsam im Bundesrat beschlossen, Bayern auch. Darauf muss sich jeder verlassen können.“
Es sei klar, dass die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht einfach werde. Sie rechne aber nicht damit, dass sich noch weitere Länder dem bayerischen Vorbild anschließen würden. Bis zum Starttermin am 15. März müsse jetzt aber geklärt werden, „wie die Länder die Impfpflicht alltagstauglich umsetzen können“.
CDU-Chef Friedrich Merz hat den Vorstoß für ein Aussetzen der Impfpflicht für das Pflege- und Klinikpersonal indes verteidigt. „Wir sind deswegen nicht gegen die Impfpflicht in den Einrichtungen. Wir sind sogar der Überzeugung, dass wir sie brauchen“, sagte er heute am Rande von Gesprächen in Brüssel.
Man sehe nun aber, dass in der praktischen Durchführung viele Probleme entstünden und beispielsweise Fragen zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen offen seien. „Die Bundesregierung lässt die Einrichtungen, lässt die Betroffenen, mit den Folgen dieser Impfpflicht völlig allein“, sagte Merz. Deswegen habe man vorgeschlagen, das Gesetz auszusetzen, bis die Fragen geklärt seien.
Die Tatsache, dass die CDU die Teilimpfpflicht im Dezember im Bundestag mitbeschlossen hatte, sieht Merz dabei nicht als Widerspruch. Man spreche seit Dezember letzten Jahres genau die Punkte an, „die jetzt von der Bundesregierung bis heute nicht beantwortet worden sind“, kritisierte er.
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