Politik

STIKO-Empfehlung zu Kinderimpfung gegen Corona wird positiv aufgenommen

  • Freitag, 10. Dezember 2021
/Inna Vlasova, stock.adobe.com
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Berlin – Die gestrige Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Impfung von vorerkrankten Kindern und solchen mit Risikokontakten, verbunden mit dem Hinweis, dass alle Kinder auf Wunsch ge­impft werden können, ist auf ein überwiegend positives Echo bei Ärzten und Politik gestoßen.

Die Auslieferung des Kinderimpfstoffs beginnt in Deutschland am Montag und wurde um eine Woche vorgezogen. Ur­sprünglich sollte der Kinderimpfstoff erst ab dem 21. Dezember verfügbar sein, der Termin wurde von Regierung und Herstellern aber vorverlegt.

Die Dosierung des Wirkstoffs ist dabei geringer als bei den Impfungen für Erwachsene und Jugendliche, sie liegt bei nur einem Drittel. Die Hersteller müssen Sonderchargen produzieren.

Viele deutsche Bundesländer hatten in den vergangenen Tagen bereits angekündigt, wann genau sie mit den Kinderimpfungen in gesonderten eigenen Impfstellen oder an besonderen Kinderimpftagen begin­nen wollen.

So wird dies etwa in Bremen und Schleswig-Holstein ab dem kommenden Dienstag der Fall sein, in Ber­lin ab dem kommenden Mittwoch. Die meisten Kinderimpfungen dürften indes über niedergelassene Ärzte erfolgen, die die Kinder ohnehin betreuen.

Ärzte weitgehend zufrieden

Die Verbände der deutschen Kinder- und Jugendärzte schlossen sich der Empfehlung der STIKO an. Auch der vorgezogene Start der Auslieferung des Impfstoffs werde ausdrücklich begrüßt, teilten die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Berlin und Köln mit.

Es gebe nun eine klare Empfehlung für Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen, und die Möglichkeit der Impfung auch für gesunde Kinder, sagte BVKJ-Pressesprecher Jakob Maske. „Wir sehen natürlich den Druck für die Eltern, jetzt eine Entscheidung zu treffen“. Mit der Öffnungsklausel der STIKO hätten aber immerhin alle Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder impfen zu lassen.

Wenn es etwa im Umfeld der Familie chronisch Kranke gäbe, sei das ein guter Grund, die Kinder impfen zu lassen, sagte Maske. Für Besuche bei Großeltern, die vollständig geimpft und geboostert seien, sieht Maske hingegen keine zwingende Notwendigkeit einer Impfung.

Er betont, dass die Daten noch nicht ausreichten, um mögliche seltene Nebenwirkung der Impfung zu erkennen. Zudem erkrankten jüngere Kinder selbst nur sehr selten schwer. „Bei so geringer Krankheitslast haben wir keine Eile mit dem Impfen.“ Momentan sei der Beratungsbedarf in den Praxen groß, grundsätz­lich seien die Kinderärzte gut auf den Beginn der Impfungen bei jüngeren Kindern vorbereitet.

„Wir würden es begrüßen, wenn die Impfungen auch tatsächlich in den Kinderarztpraxen erfolgen wür­den“, sagt Maske mit Blick auf die Pläne der Politik, auch Apotheker oder Zahnärzte in die Impfkampagne einzubinden. „Wir haben eine Menge Ärzte, die dafür bereitstehen.“

„Die STIKO-Empfehlung gibt uns Kinderärztinnen und Kinderärzten sowie auch den Eltern Sicherheit“, sagte auch Detlef Reichel, Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinderärzte/Jugendmedizin Bran­den­burg. Man habe einen „hoch wirksamen und sicheren Impfstoff“, mit dem nun zunächst die besonders vulnerablen Kinder mit Vorerkrankungen geschützt werden könnten.

Er beklagte aber, dass leider die Impfstoffmenge zunächst streng kontingentiert sei. Daher wisse man nicht, wie viel Impfstoff in der kommenden Woche wirklich in den Praxen ankomme. Das mache die Organisa­tion so schwierig.

„In unserer Praxis haben wir daher den Eltern von jetzt bevorzugt berechtigten Kindern oder mit Risiken im familiären Umfeld telefonisch ein Impfangebot unterbreitet“, sagte er. So handhabten es auch viele andere Praxen. „Bitte haben Sie daher Verständnis, dass es jetzt nur sehr begrenzt offene Impfangebote in den Kinderarztpraxen geben wird.“

„Die STIKO gibt uns die entsprechenden medizinischen Empfehlungen, an denen wir uns in den Praxen orientieren. Ich bin sehr froh, dass diese jetzt vorliegen“, kommentierte Peter Noack, Vorstandsvorsitzen­der der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB). Etwas unglücklich sei er über den Beschluss der Ge­sundheitsministerkonferenz zur Kinderimpfung.

Wieder einmal sei die Politik vorgeprescht, obwohl vieles um die Kinderimpfungen noch unklar sei. „So­mit liegt es in der Entscheidung der Eltern, welcher Empfehlung sie folgen wollen. Das erzeugt Bera­tungs­bedarf, der dann durch Ärzte geleistet werden muss.“

Bei vielen Eltern seien hohe Erwartungen geweckt worden, die jetzt vielfach enttäuscht werden müssten. „Hier wünsche ich mir einen anderen Politikstil und einen anderen politischen Fokus. Denn der Kampf gegen die Pandemie entscheidet sich nicht an der Kinderimpfung, sondern an den Millionen ungeimpfter Erwachsener.“

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hält die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STI­KO) für nachvollziehbar. Es sei eine „gute Leitlinie, an der sich Ärztinnen und Ärzte orientieren können“, sagte KBV-Chef Andreas Gassen. Es sei richtig, dass zunächst vor allem Kinder mit Vorerkrankungen ge­schützt werden sollen. Denn gesunde Kinder erkrankten glücklicherweise in aller Regel nicht schwer an COVID-19.

„Das ist auch eine Bitte an die Eltern, jetzt nicht nächste Woche die Praxen zu stürmen, um alle ihre Kinder sofort und gleich impfen zu lassen. Entscheidend ist auch die Frage, wie viele Impfstoffe speziell für Kinderimpfungen an die Praxen ausgeliefert werden“, erklärte Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender.

„Im Übrigen bleibt es der wichtigste Punkt, dass die noch ungeimpften Millionen Erwachsenen geimpft werden. Das ist entscheidend für den Impferfolg“, ergänzte Gassen. Die Kinderimpfung könne „nicht die Impflücke der Erwachsenen kompensieren“.

Auch aus der Politik kamen positive Signale. Auch Kinder mit Kontakt zu Risikopatienten würden in der Empfehlung besonders erwähnt. Das liege ihm „sehr am Herzen, denn dazu gehören oft die Großeltern“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. „Wichtig ist zudem, dass auch gesunde Kinder nach Wunsch und ärztlicher Aufklärung geimpft werden können.“

Man habe die Impfzentren in Bayern gebeten, spezielle Familientermine anzubieten. Die Zentren und die Arztpraxen könnten am 15. Dezember mit den Impfungen von 5- bis Elfjährigen beginnen – sofern die Lieferzusagen des Bundes eingehalten würden.

„Es kann geimpft werden, wenn die Eltern das so wollen“, sagte Berlins geschäftsführende Gesundheits­senatorin Dilek Kalayci (SPD) im RBB-„Inforadio“. Sie hoffe, dass sehr viele Eltern davon Gebrauch machen würden. „Es ist am Ende der Elternwille, die Eltern müssen entscheiden, lasse ich mein Kind impfen oder nicht.“ Sie hoffe dabei aber, „dass auch möglichst viele Kinder- und Jugendärzte dem Elternwunsch, ihr Kind impfen zu lassen, nachkommen und impfen“.

Kalayci sagte, sie rechne mit einer Lieferung des Impfstoffes für die Kinder am 14. Dezember. Am 15. De­zember sollen die Impfungen beginnen. Laut Kalayci sind noch nicht alle Impfstellen für die Kinderim­pfungen vorbereitet.

In den großen Zentren soll es in Berlin am Mittwoch losgehen, aber der Einsatz der mobilen Impfteams in Schulen sei noch nicht klar, sagte sie. Heute gebe es noch einmal Abstimmungen mit den zuständi­gen Bezirksstadträten und sie hoffe, dass nächste Woche in jedem Bezirk mindestens in einer Schule ge­startet werde, ebenso an anderen Stellen wie dem Zoo und dem Naturkundemuseum.

Kalayci betonte, dass die Kinder-Impfungen keine Kapazitäten bei den Erwachsene wegnähmen. In den Impfzentren sollen die Kapazitäten ausgebaut werden. So sind in Tegel, in der Messehalle und im ICC insgesamt 35 zusätzliche Impfkabinen für Kinder geplant.

dpa/afp/may

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