Zunehmende Arzneimittelengpässe: Süd-Länder appellieren an Bund

München – Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen rufen den Bund zu einem gemeinsamen und entschlosseneren Kampf gegen zunehmende Arzneimittelengpässe in Deutschland auf.
„Es ist absehbar, dass sich die Versorgungssituation ohne zusätzliche Maßnahmen weiter verschlechtern wird“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Gesundheits- und Wirtschaftsminister der vier Länder, die heute in München vorgestellt wurde.
Erste Schritte seien zwar gemacht worden. „Es sind jedoch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Versorgung mit Arzneimitteln langfristig sicherzustellen, Lieferketten robuster zu machen und Abhängigkeiten zu reduzieren sowie den Pharmastandort Deutschland attraktiver zu machen.“
Dazu sollen nach dem Willen der vier Länder die Abhängigkeiten von Drittstaaten bei der Arzneimittelherstellung reduziert und die heimische pharmazeutischen Produktion gestärkt werden, auch mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Gleichzeitig sollten demnach der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland gestärkt und die Rahmenbedingungen für die klinische Forschung verbessert werden.
Konkret schlagen die vier Süd-Länder etwa auch vor, dass die Länder bei einem Versorgungsmangel selbst stärker eingreifen können, beispielsweise staatliche Aufträge an Lohnhersteller erteilen. „Die Länder der Südschiene sind im Streben nach einer Stärkung des Produktionsstandortes und damit auch gegen den Versorgungsmangel vereint“, betonte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU).
Sein baden-württembergischer Kollege Manne Lucha (Grüne) erklärte: „Es gilt, Forschung und Entwicklung zu erleichtern, Innovationen und neue Technologien in der Arzneimittelproduktion zu fördern, Rabattverträge für Arzneimittel einzudämmen, auf Bundesebene den Dialog mit der Pharmabranche wieder aufzunehmen und Anreize für die Entwicklung und Zertifizierung von Medizinprodukten zu schaffen.“
Hessens Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) erläuterte: „Nicht jeder Lieferengpass führt zwangsläufig zu einem Versorgungsengpass, denn häufig sind alternative und gleichwertige Medikamente verfügbar.“ Offensichtlich sei aber, dass die bisher von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichten.
Nach einer Infektwelle im vergangenen Herbst hatte es massive Engpässe bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften gegeben. Probleme gab es auch bei Krebsmitteln und Antibiotika.
Die Bundesregierung reagierte mit neuen Regelungen. Das im Juli verabschiedete Gesetz macht unter anderem Vorräte von mehreren Monatsmengen für vielgenutzte Arzneimittel zur Pflicht.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) regierte heute mit der Ankündigung, dass er „für Kinderarzneimittel im Winter“ am Donnerstag Lösungen präsentieren wolle. Darüber hinaus habe man mit dem Lieferengpassgesetz auf zehn Jahre Nichtstun reagiert. „Die Produktion kommt nach Europa zurück.“
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: