Mehr als die Hälfte der Krankenhäuser macht Verlust

München – Die finanzielle Situation vieler deutscher Krankenhäuser ist einer neuen Klinikumfrage zufolge prekär. Nach der heute veröffentlichten Umfrage der Münchner Unternehmensberatung Roland Berger in den Chefetagen der 600 größten Kliniken schreibt über die Hälfte der Häuser rote Zahlen.
Besonders schwierig ist demnach die Lage der öffentlichen Krankenhäuser: Fast zwei Drittel – 63 Prozent – sind in der Verlustzone. Darüber hinaus erwarten die von Roland Berger befragten Geschäftsführer und ärztlichen Direktoren für die nächsten Jahre eine Welle von Schließungen.
51 Prozent rechnen damit, dass von den derzeit gut 1.900 Krankenhäusern höchstens 1.250 übrig sein werden. Das wäre gut ein Drittel weniger als heute. Als Hauptursache nannten die Krankenhausmanager die Zunahme ambulanter anstelle der bisher üblichen – und finanziell einträglicheren – stationären Behandlungen.
Von der geplanten Krankenhausreform der Bundesregierung erwarten nur wenige eine Verbesserung ihrer finanziellen Lage. Als ein Hauptproblem sehen viele Klinikverantwortliche den Fachkräftemangel. Tendenziell könnte die erwartete Schließungswelle laut Roland Berger zu einer leichten Entspannung der Personalsituation führen, weil dann Personal „freigesetzt“ werden würde.
Angesichts der sich beschleunigenden Konsolidierung auf dem Krankenhausmarkt gehen die Unternehmensberater davon aus, dass in den nächsten Jahren auch mehr Krankenhäuser fusionieren werden.
„Wir empfehlen Krankenhausbetreibern mit anderen Leistungsträgern zu kooperieren, um Synergien zu heben und profitabler zu wirtschaften“, sagte Janes Grotelüschen, einer der Autoren. Dazu gehört demnach auch der Ausbau der ambulanten Versorgung.
Abgesehen davon wird die Digitalisierung laut Umfrage im Krankenhausalltag eine zunehmend wichtige Rolle spielen: Die befragten Klinikführungskräfte maßen dem Ausbau der Telemedizin mehrheitlich die größte Bedeutung zu, gefolgt von der künstlichen Intelligenz. Letztere könnte demnach dem ärztlichen Personal sowohl bei der Bilderkennung als auch bei medizinischen Entscheidungen nützen.
Aus Sicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigt die „Krankenhausstudie 2023“ wie angespannt die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser ist. Es werde unmissverständlich deutlich, dass die Klinikleitungen deutliche Veränderungen in der Krankenhaus- und Versorgungslandschaft erwarteten. In den kommenden Jahren würden diese von massiven Standortreduktionen ausgehen.
„Angesichts dieser gewaltigen Veränderungen der Kliniklandschaft brauchen wir politische Akteure im Bund und den Ländern, die diesen Strukturwandel verantwortlich gestalten und nicht einfach dem Marktgeschehen überlassen“, mahnte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß.
Wer dem kalten Strukturwandel einfach tatenlos zusehe, gehe ein hohes gesundheitspolitisches Risiko ein. „Wenn es infolgedessen zu Wartelisten und Versorgungslücken kommt, werden sich die politisch Verantwortlichen sehr kritischen Fragen aus der Bevölkerung stellen müssen.“
Gaß rief die Politik zum Handeln auf. Bund und Länder müssten die inflationsbedingte Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der Krankenhäuser schließen, sagte er. „Wenn sie das weiter verweigern, werden sie das unkontrollierte Kliniksterben erklären müssen“.
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