Rufe nach Coronalockerungen werden lauter

Berlin – Angesichts deutlich gesunkener Infektionszahlen werden in der Politik die Rufe nach einer Lockerung der Coronabeschränkungen lauter. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hielt Schutzmaßnahmen heute „nur noch in einem sehr eingeschränkten Umfang“ für nötig. Die CSU forderte eine Kurskorrektur in der Frage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sprach sich dafür aus, die Coronamaßnahmen zu beenden.
Die Pandemie müsse „spätestens im Frühjahr nächsten Jahres Corona offiziell als beendet“ erklärt werden, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Zeit der hohen Infektionsgefahr mit schwerem Krankheitsverlauf sei vorbei.
Damit solle man „auch versuchen, so schnell wie möglich wieder in ein weitgehend normales Leben zurückzukehren“. Merz bezeichnete dabei die Entscheidung von vier Bundesländern, die Isolationspflicht für Menschen mit positivem Coronatest aufzuheben, als „verantwortbar“.
„Die Menschen sollten nicht unnötig mit einer andauernden Panikmoduspolitik verängstigt werden“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Deshalb ist mein Wunsch an Karl Lauterbach: Gehen Sie jetzt auch auf einen Kurs, der entsprechend der Pandemielage auf so viel Normalität wie möglich setzt.“
„Wir befinden uns in der Endphase der Pandemie und haben effektive Impfstoffe, antivirale Medikamente und eine Basisimmunisierung von über 95 Prozent“, sagte Ullmann, der gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion ist.
Die Krankheitslast in der Bevölkerung sei „nicht so hoch wie befürchtet“. Die logische Folge sei, dass es keine staatlich verpflichtenden Maßnahmen mehr benötige. Je nach Verordnung könnten diese „aufgehoben werden oder schlicht auslaufen“.
Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Donnerstag laut Robert-Koch-Institut bei gut 199 Fällen pro 100.000 Einwohner. Mitte Oktober waren es fast 900 Fälle gewesen. 162 weitere Menschen starben nach Angaben vom Donnerstag binnen 24 Stunden im Zusammenhang mit einer Coronainfektion.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte dennoch die Entscheidung von vier Bundesländern, die Isolationspflicht für Menschen mit positivem Test aufzuheben. „Menschen mit akuten Infektionskrankheiten haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel den Funke-Zeitungen. Oberstes Gebot müsse es sein, andere vor Ansteckung zu schützen und weitere Infektionswellen zu verhindern.
Deutliche Kritik kam auch von den Amtsärzten. „Ich bin erschrocken darüber, dass die vier Bundesländer in Bezug auf die Isolationspflicht einen Alleingang wagen“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, den Funke-Zeitungen.
Das Ausscheren von Schleswig-Holstein, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg helfe der gemeinsamen Pandemiebekämpfung nicht. Wenn positiv getestete Personen trotz Infektionen zur Arbeit gehen sollten, sei das eine nicht einschätzbare Gefahr für die anderen Menschen.
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