Ärzteschaft

Schnelldiagnose per Sichtungsverfahren stößt bei DGINA auf Kritik

  • Freitag, 24. März 2017

Berlin – Das von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vorgeschlagene sogenannte  „Sichtungsverfahren“ in der Notaufnahme stößt bei der Deutschen Gesellschaft interdis­zi­plinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) auf massive Kritik. Es gefährde die Patien­ten­­sicherheit und ließe sich angesichts der oft unzureichenden hausärztlichen Verfüg­barkeit kaum realisieren, so der Vorwurf.

Das Sichtungsverfahren sieht vor, dass Ärzte in Notaufnahmen im Schnellverfahren ent­scheiden sollen, ob ein Patient stationär aufgenommen werden muss oder ambulant – und damit außerhalb der Klinik – behandelt werden kann. So wollen die KVen erreichen, dass die ambulante Notfallversorgung von Patienten wieder stärker über hausärztliche Praxen erfolgt. Schließlich gehöre die ambulante Notfallbehandlung von Erkrankten und Verletzten grundsätzlich zu den Aufgaben der niedergelassenen KV-Ärzte und des Ärztli­chen Bereitschaftsdienstes.

„Mit dieser – formal zwar korrekten – Argumentation haben die KVen jeglichen Bezug zur Realität der aktuellen Gesundheitsversorgung verloren“, kritisiert DGINA-Präsident Christoph Dodt. Die hausärztlichen Netzwerke seien in der Regel nicht für eine ausrei­chende Sicherung der Notfall- und Akutversorgung aufgestellt. Vor allem in der Zeit zwi­schen 21 und 8 Uhr seien Hausarztpraxen vielerorts immer schlechter erreichbar.

Die DGINA sieht deshalb durch das „Sichtungsverfahren“ die Patientensicherheit in Deutschland zunehmend gefährdet. Laut Schätzungen der Fachgesellschaft würden mehr als ein Drittel aller Selbsteinweiser als Hochrisiko- oder Risikopatienten einge­schätzt. Ein Großteil benötige zudem die Ressourcen eines Krankenhauses. Jeder fünfte müsse stationär aufgenommen werden.

„Im vordergründigen finanziellen Eigeninteresse ihrer Mitglieder setzen die KVen Notfall­patienten mit dem Schnellverfahren unkalkulierbaren Risiken aus“, warnte Dodt. Rein rechnerisch entspräche die Vergütung des Sichtungsverfahrens einer ärztlichen Arbeits­zeit von zwei Minuten. In dieser Zeit könne keine ausreichende Untersuchung oder Diag­nose geleistet werden.

hil/sb

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