Seltene Erkrankungen ins Zentrum rücken

Berlin – Seltene Erkrankungen müssen stärker in den Fokus der politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmung gerückt werden. In der Versorgung braucht es konkrete Verbesserungen. Darauf haben der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, und die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung zum heutigen Tag der Seltenen Erkrankungen aufmerksam gemacht.
„Es ist unsere Aufgabe, die Stimme der Betroffenen zu stärken und für eine gerechtere Versorgung einzutreten“, sagte Schwartze. „Diagnosen müssen schneller gestellt, innovative Therapien leichter zugänglich gemacht und die besonderen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten stärker berücksichtigt werden.“
Der Patientenbeauftragte betonte, Seltene Erkrankungen dürften nicht im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – es gehe um das Leben und die Gesundheit von Millionen Menschen.“
„Wir brauchen dringend mehr Forschung, eine bessere Vernetzung und gezielte Unterstützung für Betroffene und ihre Familien“, sagte Annette Grüters-Kieslich, Vorstandsvorsitzende der Stiftung. Sie mahnte zur Eile. Die Menschen hätten „keine Zeit zu warten“.
Ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren medizinischen Versorgung ist für die Stiftung der Start einer neuen CME-Fortbildungsreihe für medizinisches Fachpersonal. Die von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung initiierte Fortbildung richtet sich demnach insbesondere an Haus- und Kinderärzte.
Krankenkassen und Arzneimittelhersteller wiesen darauf hin, dass man an besseren Therapien arbeite. Laut dem Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) hat die Industrie seit der Jahrtausendwende rund 240 Medikamente gegen seltene Erkrankungen auf den Markt gebracht. Für alle Betroffenen wirksame Therapien zu entwickeln sei gleichwohl „eine Jahrhundertaufgabe“, sagte vfa-Präsident Han Steutel.
Dem Verband zufolge sollen bald 43 weitere Medikamente gegen seltene Erkrankungen in Deutschland bereitstehen. Für 31 dieser Orphan-Medikamente sei die Zulassung in der Europäischen Union (EU) beantragt, weitere zwölf seien in der Europäischen Union (EU) zugelassen aber in Deutschland noch nicht verfügbar. Von diesen 43 Medikamenten hätten 36 einen neuen Wirkstoff.
Auf das Modellvorhaben Genomsequenzierung wiesen GKV-Spitzenverband und Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) hin. Das Modellvorhaben wird aktuell an 27 Zentren durchgeführt, die dafür gemeinsam einen Vertrag mit dem GKV-Spitzenverband geschlossen haben.
Die Qualitätsanforderungen führen dazu, dass die Versorgung auf Einrichtungen konzentriert ist, die in multidisziplinären Teams Expertise mit seltenen Erkrankungen haben und bei denen Forschung und Versorgung Hand in Hand gehen.
„Damit wird gewährleistet, dass zielgerichtet die Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung ausgewählt werden, bei denen genetische Veränderungen als Ursache vermutet werden“, hieß es aus dem GKV-Spitzenverband.
Die Idee des Modellvorhabens ist es laut VUD, Innovationen in einem geschützten, qualitätsgesicherten Rahmen einzuführen und gleichzeitig Evidenz hinsichtlich einer möglichen Überführung in die Regelversorgung zu generieren.
„Bei seltenen Erkrankungen und auch komplexen und hochspezialisierten Therapien oder Technologien, die auch mit hohen Kosten und medizinischen Risiken verbunden sein können, sind Modellvorhaben wegweisend für die Zukunft“, sagte Jens Bussmann, Generalsekretär des VUD.
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