Sparhaushalt mit manch bitteren Einschnitten
Berlin – Der Bundeshaushalt, der in diesen Tagen erstmals im Bundestag beraten wird, ist mit einigen bitteren Einschnitten verbunden. Das betrifft vor allem das Gesundheitsressort. Die erste Beratung im Bundestag über den Etat von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist für Donnerstagmorgen geplant.
Der Grund der Einschnitte: Nach den massiven Ausgabenprogrammen der Coronazeit sowie für die Energiepreisbremse und Belastungen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will die Regierung die Schuldenaufnahme wieder auf Normalmaß zurückfahren.
Zwar ist das Einhalten der Schuldenbremse auch im laufenden Jahr bereits vorgesehen, hier standen aber noch Rücklagen zur Verfügung, die nun weitgehend aufgebraucht sind. Zugleich gibt es massive Mehrkosten wegen steigender Zinsen, der hohen Inflation und als Folge relativ hoher Tarifabschlüsse sowie weiterhin durch Kosten wegen des Ukrainekriegs.
Vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will an der Schuldenbremse strikt festhalten. Zugleich ist es auch Lindner, der sich gegen eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen sperrt, etwa durch höhere Steuern für Gutverdiener oder den Abbau klimaschädlicher Subventionen.
Für das Gesundheitsressort bedeutet das den Plänen der Regierung zufolge derzeit, dass der Bundeszuschuss für die gesetzliche Pflegeversicherung komplett entfallen soll.
Um dennoch Leistungskürzungen zu vermeiden, werden in gleicher Höhe Zahlungen in den Vorsorgefonds vermieden, der eigentlich für langfristige Beitragsstabilität sorgen soll. Zudem dürften Mehrkosten etwa aktuell durch die Anhebung des Pflegemindestlohns die ohnehin hohen Eigenanteile der Pflegebedürftigen weiter in die Höhe treiben.
Der Zuschuss für die gesetzliche Krankenversicherung bleibt zwar formal stabil. Da es in den vergangenen Jahren aber Sonderzuschüsse gab, steht den Krankenkassen tatsächlich weniger Geld zur Verfügung. Zudem werden Kosten aus dem Bundeshaushalt zur Bundesagentur für Arbeit verschoben.
Lindner hatte den Ressorts generelle Sparvorgaben übermittelt. Dies führt zu zahlreichen kleineren Kürzungen in unterschiedlichen Bereichen, die aber dort oft schwerwiegende Folgen haben.
So fehlen bisherige Mittel für Freiwilligendienste, wodurch tausende Stellen wegfallen könnten, für Beratungsstellen für Geflüchtete, die Förderung neuer Radwege sowie für das Programm „Demokratie leben“ zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen. Sogar Sachmittel für Polizei und Nachrichtendienste sowie für Digitalisierungsprojekte werden zusammengestrichen. Zusätzliches Personal soll es generell nicht geben.
Nominal kleiner wird auch der Etat des Entwicklungsministeriums. Allerdings argumentiert die Regierung, dass dort mehr Ausgaben eingeplant seien als ursprünglich in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen. Für humanitäre Krisenhilfe steht jedoch weniger Geld zur Verfügung.
Aus Kreisen der Ampelkoalition hatte es bereits Signal gegeben, dass man im Bundestag noch einmal an den Haushaltsplänen rütteln will, vor allem bei den Sozialausgaben. Ob es am Ende noch Änderungen geben wird, ist derzeit aber noch nicht absehbar.
Bundesfinanzminister Christian Lindner betonte erneut die Notwendigkeit eines haushaltspolitischen Kurswechsels. Der FDP-Chef sagte heute im Bundestag bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs 2024: „Es geht jetzt um die Anerkennung finanzieller Realitäten nach Jahren, in denen Geld scheinbar keine Rolle spielte.“ Lindner machte deutlich, der Haushalt 2024 sei erst der Beginn einer Konsolidierung der Staatsfinanzen.
Das deutlichste Zeichen für den notwendigen haushaltspolitischen Kurswechsel sende die Zinslast des Bundes. Die Bundesregierung habe sich im vergangenen Jahr noch vor einer „Steilwand“ befunden, sei nun aber auf dem Hochplateau angekommen. Die Luft sei merklich dünner geworden. Die Zinskosten lägen 2024 bei 37 Milliarden Euro, dies sei eine Verzehnfachung im Vergleich zum Jahr 2021. „Wir können uns uferlos neue Schulden schlicht nicht erlauben, sie wären nicht finanzierbar“, sagte Lindner.
Nach dem Entwurf des Bundeshaushalts 2024 soll die Neuverschuldung bei 16,6 Milliarden Euro liegen, das sind rund 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr geplant. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden, die nur in sehr begrenztem Umfang neue Schulden vorsieht. Geplant sind insgesamt Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr in Höhe von 445,7 Milliarden Euro – mehr als 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr.
Lindner machte deutlich, es gehe nach krisenbedingten Mehrausgaben nun um die Rückkehr zu langfristig tragfähigen Staatsfinanzen. „Wer den Ausstieg aus der Krisenpolitik nicht findet, der gefährdet dauerhaft die Stabilität unseres Gemeinwesens.“ Alle Ressorts außer Verteidigung müssten 2024 und 2025 eine Summe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro beitragen.
Lindner verwies zudem auf einen weiteren „Handlungsbedarf“: Bis zum Jahr 2027 klaffe jedes Jahr eine Lücke von fünf Milliarden Euro zwischen erwarteten und geplanten Einnahmen sowie Ausgaben. Prioritäten müssten neu fokussiert werden. Die Entwicklung des Sozialstaats müsse gebremst werden – aber nicht durch die Streichung von Leistungen, sondern durch mehr Erwerbsanreize.
Die Konsolidierung der Bundesfinanzen sei auch wichtig für die junge Generation, sagte Lindner: „Vererbt der arme Onkel Schulden, kann man das Erbe ausschlagen, beim Bundeshaushalt kann man das nicht.“
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