Medizin

Studie: Paxlovid könnte vor Long COVID schützen

  • Dienstag, 8. November 2022
/picture alliance, dpa, Fabian Sommer
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St.Louis/Missouri – Die Behandlung der akuten Erkrankung mit Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid) hat bei US-Veteranen die Häufigkeit eines späteren Long COVID um etwa ein Viertel gesenkt. Die in medRxiv (2022; DOI: 10.1101/2022.11.03.22281783) veröffentlichten Ergebnisse weisen auf eine protektive Wirkung einer früh­zeitigen Behandlung von COVID-19 hin, ohne den Zusammenhang beweisen zu können.

Noch immer ist unklar, warum sich einige Menschen nur langsam von COVID-19 erholen und wie die als Long COVID bezeichnete Erkrankung verhindert werden könnte. Fest steht nur, dass Menschen, die schwer an CO­VID-19 erkrankt waren oder sogar im Krankenhaus auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, häufi­ger erkranken. Eine Impfung oder auch eine frühzeitige Behandlung der Infektion könnte deshalb eine Schutzwirkung erzielen.

Klären ließe sich dies nur in randomisierten kontrollierten Studien, die jedoch bisher zu dieser Frage nicht durchgeführt wurden. Einen ersten Hinweis kann in dieser Situation die Analyse von Krankenakten liefern, die eine möglichst große Zahl von behandelten und unbehandelten Patienten vergleicht.

Der Epidemiologe Ziyad Al-Aly von der Washington University in Saint Louis/Missouri hat in den elektro­ni­schen Krankenakten der US-Veteranenbehörde 9.217 Patienten gefunden, die in den Monaten März bis Juni 2022 innerhalb von 5 Tagen nach einem positiven Test auf SARS-CoV-2 mit Paxlovid behandelt wurden, weil sie mindestens 1 Risikofaktor für einen schweren Verlauf von COVID-19 hatten.

Als Vergleichsgruppe dienten 47.123 Patienten, die ebenfalls einen oder mehr Risikofaktoren hatten, in den ersten 30 Tagen der Infektion aber weder mit Paxlovid noch mit einem anderen Virustatikum oder mit monoklo­nal­en Antikörpern behandelt wurden.

In einer Propensity-Analyse wurde darauf geachtet, dass sich die beiden Gruppen in allen anderen Eigen­schaf­ten glichen. Als Marker für ein Long COVID diente der Eintrag in der Krankenakten von mindestens einem von 12 bekannten Long COVID-Symptomen, die mindestens 90 Tage nach dem positiven Testergebnis in den Krankenakten eingetragen wurden.

Ergebnis: Die mit Paxlovid behandelten Veteranen erkranken zu 26 % seltener an Long COVID. Die Hazard Ratio (HR) von 0,74 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,69 bis 0,81 signifikant. Die Zahl der Erkrankungen sank von 9,43 auf 7,11 Fälle pro 100 Patienten, was einer absoluten Risikoreduktion (ARR) um 2,32 Fälle pro 100 Patienten entspricht und mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,73 bis 2,91 ebenfalls signifikant war.

Die Behandlung mit Paxlovid war in der Postakutphase auch mit einer Reduktion des Sterberisikos (HR 0,52; 0,35-0,77 und ARR 0,28; 0,14-0,41) und der Notwendigkeit eines postakuten Krankenhausaufenthalts (HR 0,70; 0,61-0,80 und ARR 1,09; 0,72-1,46) assoziiert.

Die Vorteile waren bei ungeimpften, geimpften und geboosterten Personen gleichermaßen nachweisbar so­wie unabhängig davon, ob es sich um eine Erstinfektion oder eine Reinfektion handelte. Auch die Zahl der Risikofaktoren hatte keinen Einfluss auf die potenzielle protektive Wirkung.

Dass die frühzeitige Behandlung mit Paxlovid Infizierte tatsächlich vor einem Long COVID schützt, kann eine epidemiologische Studie nicht sicher nachweisen, auch wenn die Analyse der umfassenden Krankenakten viele Störfaktoren ausschließen kann.

Erfahrungsgemäß fällt die Wirkung in randomisierten kontrollierten Studien meistens schwächer aus, als nach den Ergebnissen der Beobachtungsstudie zu erwarten war. Gar nicht so selten ist gar kein Nutzen mehr erkennbar.

rme

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