Ärzteschaft

Telematik­infrastruktur: Industrie geht auf Ärzte zu

  • Donnerstag, 19. Juli 2018
/Stockfotos-MG, stockadobecom
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Berlin – Bei den Kosten für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) geht die Industrie auf die niedergelassenen Vertragsärzte zu. Die CompuGroup Medical (CGM) kündigte jetzt an, dass Ärzte, die einen TI-Komplettanschluss im 3. Quartal dieses Jahres bestellen, die Differenz zwischen dem derzeitigen Angebotspreis von CGM (3.054 Euro) und der heute gültigen Erstattungspauschale für das 4. Quartal 2018 (2.882 Euro) erhalten, falls CGM es nicht schafft, die Installation im laufenden Quartal abzuschließen. Das geht aus einer E-Mail von CGM-Vorstand Uwe Eibich an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hervor, die dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) vorliegt. Der Ausgleichsbetrag ist demnach auf rund 170 Euro begrenzt.

Normalerweise erfolgt die Auszahlung der Pauschalen, die die Krankenkassen für die Anbindung an die TI bezahlen, sobald die erste Online-Anwendung in einer Arztpraxis vorgenommen worden ist. Fallen also Bestellung, Kaufvertrag und Lieferung beziehungsweise Anschluss an die TI auseinander, kann die Pauschale niedriger ausfallen als von den Ärzten eingeplant.

Sinkende Pauschale

Konkret hatten sich KBV und GKV-Spitzenverband zuletzt darauf verständigt, dasss die Ärzte für die Erstausstattung der Praxis (Konnektor und stationäres Kartenterminal) für das 3. Quartal 2.154 Euro erhalten. Zusätzlich gibt es eine Starterpauschale für PVS-Update, Installation, Schulung, Ausfallzeiten und Mehraufwand in der Startphase der TI von 900 Euro. Die Vertragsärzte erhalten derzeit somit von den Krankenkassen 3.054 Euro, wenn der Anschluss an die TI im 3. Quartal erfolgt.

Diese Pauschale sinkt im 4. Quartal allerdings auf 1.982 Euro plus 900 Euro Starter­pauschale. Ärzte, die jetzt bestellen, könnten somit auf 172 Euro sitzen bleiben, sollten die Hersteller die im 3. Quartal bestellten Anschluss erst im 4. Quartal herstellen. Diese Differenz will CGM übernehmen. Ein CGM-Sprecher betonte auf Anfrage des , man gehe davon aus, dass das bestehende Angebot auch in Zukunft weiter gelten werde. Sollten sich die Rahmenbedingungen allerdings verändern, könne es sein, dass man diese Einstellung revidieren müsse.

Die Hasomed GmbH, einer der größeren der rund 170 bei der KBV gelisteten PVS-Anbieter in Deutschland, teilte auf -Anfrage mit, dass eine Reihe von PVS-Herstellern ihren Kunden die Übernahme der Differenzkosten in Aussicht gestellt hätten. Dazu gehöre auch Hasomed mit dem PVS Elefant und rund 10.000 Kunden. „Diese finanziellen Zugeständnisse machen eine TI-Installation in Verantwortung der PVS-Hersteller jedoch unwirtschaftlich. Die Firmen legen Geld dazu“, betonte Peter Weber, Gesellschafter und Prokurist von Hasomed.

Er wies darauf hin, dass die Mehrzahl der PVS-Hersteller in den Verträgen mit der Industrie zur Bereitstellung der TI für ihre Kunden eine Kalkulation auf der Basis des 2. Quartals 2018 vorausgesetzt hätten. In der ab dem 3. Quartal 2018 geltenden „Finanzierungsvereinbarung zur Ausstattung der ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen mit den TI-Komponenten“ seien aber Kürzungen der Zuwendungen vorgenommen worden. „Nachverhandlungen mit der Industrie für einen Preisnachlass sind sinnlos. Auch die Industrie muss betriebswirtschaftlich kalkulieren“, sagte Weber.

Er führte aus, dass z.B. der Preis zum Einkauf der Kartenlesegeräte für die PVS deutlich über dem Preis liege, den die Kostenträger den Leistungserbringern erstatteten. Der UVP eines Kartenterminals inkl. gSMC-KT liege bei 665 Euro, erstattet würden 435 Euro. Hinzu kämen für das PVS noch Kosten für sichere Lagerung und Versand der Geräte. Da die Praxen die TI voll finanziert bekommen sollten, kämen die PVS-Hersteller nun „unverschuldet in die Situation“, die Differenzsumme auf die Kunden abzuwälzen, die Kosten selbst zu übernehmen oder die Installation der TI auszusetzen. Weber betonte, dass die TI ohne die Unterstützung der PVS-Hersteller bei Installation sowie Wartung und Betreuung nicht funktionieren werde. Er rief Kostenträger und Gesetzgeber auf, nach Lösungen zu suchen.

Konnektoren immer noch ein Problem

Das Deutsche Gesundheitsnetz (DGN) vertreibt selbst keine PVS, arbeitet aber mit zahlreichen PVS-Anbietern zusammen, die Ärzte an die TI anzubinden. DGN bietet über diverse PVS-Anbieter als Partner das TI-Starterpaket an. Den Partnern sei aber selbst überlassen, zu welchen Konditionen sie die TI-Komponenten den Ärzten anbieten würden, erklärte eine DGN-Sprecherin.

Sie verwies beispielhaft auf ein Angebot des Partners Frey ADV. Das Unternehmen habe für seine Quincy-Kunden das Frey-Fairpaket geschnürt. Dieses koste inklusve Mehr­wert­steuer 2.999 Euro. Es beinhalte neben den Komponenten des DGN-TI-Starterpakets (Konnektor, VPN-Zugangsdienst, Integrationsmodul, 1. Kartenterminal, Konnektorwartung) auch die Installation und Einweisung vor Ort.

Installiert werden können die Komponenten von DGN aber noch nicht. Der Konnektor von Secunet, auf den DGN zurückgreifen will, ist noch nicht auf dem Markt. „Durch die noch ausstehende gematik-Zulassung des TI-Konnektors wird sich die Auslieferung des DGN-TI-Starterpakets verzögern“, erklärte DGN-Geschäftsführer Armin Flender heute. Man habe bereits Alternativen geprüft, sei aber nach wie vor der Ansicht, dass am Markt keine anderen Konnektoren verfügbar seien, die den Qualitätsansprüchen von DGN genügten.

Ein anderer Hersteller von Praxisverwaltungssystemen (PVS), medatixx, konnte sich auf -Anfrage noch nicht positionieren. Es seien zum 4. Quartal noch keine Aussagen möglich, man befinde sich derzeit noch in Verhandlungen mit Konnektorenlieferanten, teilte medatixx mit. Psyprax, ein weiterer größerer PVS-Hersteller, äußerte sich bislang nicht.

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