Politik

Trabert kandidiert für die Linkspartei bei der Europawahl

  • Dienstag, 18. Juli 2023
Sozialmediziner Gerhard Trabert und Carola Rackete, Umwelt und Flüchtlingsaktivistin /picture alliance, Britta Pedersen
Sozialmediziner Gerhard Trabert und Carola Rackete, Umwelt und Flüchtlingsaktivistin /picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Der Mediziner Gerhard Trabert soll für die Linkspartei bei den Wahlen für das Europäische Parlament im kommenden Jahr antreten – auf Listenplatz vier. Das kündigte gestern der Vorstand der Partei Die Linke an. Dieser hatte auch die Klima- und Flüchtlings­aktivistin Carola Rackete vorgeschlagen. Sie soll auf Platz zwei der Kandidatenliste antreten.

Offiziell werden die Kandidatinnen und Kandidaten beim Parteitag der Linken Mitte November in Augsburg aufgestellt.

Mit der Einbindung von Trabert und Rackete wolle sich die Linke für Vertreter „aus sozialen Bewegungen und der Zivilgesellschaft“ öffnen, sagte Ko-Parteichefin Janine Wissler. Die Personalentscheidung sei auch eine Einladung an alle, die Forderungen der Linken richtig fänden, „aber vielleicht an der ein oder anderen Stelle mit der Partei gehadert haben“.

Partei-Ko-Chef Martin Schirdewan, der auf Listenplatz 1 antritt, bezeichnete den Nominierungsvorschlag als Antwort auf die Herausforderungen der Zeit wie „soziale Ungleichheit, Klimakrise, Krise der Demokratie, Be­drohung durch rechts“.

Die Linkspartei ist derzeit mit fünf Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten, unter ihnen Schirde­wan und die EU-Abgeordnete Özlem Demirel, die den dritten Listenplatz bei den anstehenden Wahlen erhält.

Trabert, der im vergangenen Jahr bereits für die Linkspartei 2022 bei der Wahl zum Bundespräsidenten ange­treten war, sagte bei der Pressekonferenz, die EU müsse viel mehr tun, um die Armut in Europa und das Ge­fälle zwischen Arm und Reich zu reduzieren.

Er sprach sich für eine Übergewinn- und Vermögenssteuer aus. Es müsse eine „Umverteilung stattfinden“. Keine Partei greife dieses Thema so „authentisch“ auf wie die Linke. Er wolle sich aber seine Unabhängigkeit bewahren und der Partei nicht beitreten. Rackete äußerte sich ähnlich.

„Ich sehe in der Kandidatur eine Chance das Thema soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit in den Fokus zu rücken“, sagte Trabert dem Deutschen Ärzteblatt. Denn die Situation sei seit seiner Kandidatur für das Bundes­präsidentenamt im Jahr 2022 nicht besser geworden.

Wichtig ist dem Sozialmediziner vor allem das Thema Armut und Kinderarmut. „Innerhalb der EU gibt es ein großes Armutsgefälle. In Bulgarien oder Rumänien liegt die Armutsquote bei über 20 Prozent.“

Sollte er in das EU-Parlament gewählt werden, wolle er sich deshalb vor allem dafür einsetzen, dass in der EU mehr gegen Armut getan wird. „Die Binnenmigration innerhalb der EU ist derzeit beispielsweise gar kein The­ma“, kritisierte er. „Ich will mich zudem für eine vollumfassende und für alle zugängliche Gesundheitsversor­gung einsetzen“, so Trabert.

Außerdem will sich der Mainzer Arzt auch für eine menschenrechtsfreundlichere Asylpolitik einsetzen. „Ins­besondere für Frauen aber auch für Menschen mit Handicaps gibt es in den meisten Asylcamps keinerlei Schutzkonzepte. Das hat nichts mehr mit Menschenrechten zu tun“, kritisierte er.

Er sieht die politische Ebene der EU dabei als Möglichkeit, sich mit Menschen aus anderen Ländern zusammen­zuschließen und auch voneinander zu lernen, wie Probleme in anderen Ländern gelöst werden.

Seine ärztliche Tätigkeit wolle er – sollte Trabert in das Parlament gewählt werden – aber nicht gänzlich aufgeben. „Da bin ich zu leidenschaftlich Arzt.“ Die Nähe zu Menschen durch seine Arbeit mit dem Arztmobil sei ihm wichtig. „Ich lerne dadurch viel und kenne durch meine ärztliche Tätigkeit auch die Probleme armuts­betroffener Menschen.“

Trabert hat in Mainz ein „Arztmobil“ für wohnungslose Menschen auf die Beine gestellt, war zeitweise in der Seenotrettung und engagiert sich für Flüchtlinge im In- und Ausland. Der Sozialmediziner hatte sich zudem zuletzt für die Einrichtung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Armut und Gesundheit“ eingesetzt – allerdings ohne Erfolg.

Rackete sagte zu ihrer Kandidatur bei der gemeinsamen Pressekonferenz, sie sehe das Menschenrecht auf eine „gesunde Umwelt, lebensfähige Ökosysteme und ein stabiles Erdklima“ bedroht. Die Klimakrise sei auch die „größte Gerechtigkeitskrise der Welt“.

Sie habe sich gefragt, wo sie „den größten Unterschied“ machen könnte. Um ihre Ziele zu verwirklichen sei eine „gute Vernetzung in die Institutionen“ nötig. Im Falle einer Wahl wolle sie im Umweltausschuss des EU-Parlaments arbeiten.

Rackete war bekannt geworden, als sie im Juni 2019 als Kapitänin des Seenotrettungsschiffes Sea Watch 53 Menschen vor der Küste Libyens aus dem Mittelmeer rettete und nach wochenlangem Warten trotz eines Verbots durch italienische Behörden den Hafen der Insel Lampedusa anlief.

cmk/afp

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