Trotz UN-Konvention ist Inklusion nicht die Regel

Berlin – Auch zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention ist das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung noch nicht der Regelfall. Zu diesem Schluss kommt eine gestern in Berlin vorgestellte Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR). Nach wie vor gebe es Sondereinrichtungen wie Förderschulen, Werkstätten und spezielle Wohneinrichtungen für Menschen mit Einschränkungen, wie Valentin Aichele vom Institut erklärte.
Aichele forderte für den Bereich Schulen einen „Pakt für Inklusion“, der vergleichbar mit dem Digitalpakt für Schulen sei. Eine solche Verpflichtung könnte wirksam dazu beitragen, dass mehr Schüler mit Behinderungen Regelschulen besuchen könnten. Weiter betonte er, dass es am ersten Arbeitsmarkt an einer Willkommenskultur für Menschen mit Einschränkungen fehle. Aichele plädierte dafür, die Ausgleichsabgabe für Betriebe, die keine Menschen mit Behinderungen einstellen, massiv zu steigern und den Mindestlohn auch auf Werkstätten auszuweiten.
Zugleich betonte Aichele, dass es in vielen Bereichen inzwischen Verbesserungen gebe. „Dass Menschen mit Behinderungen das Recht haben, selbst über ihr Leben zu bestimmen und gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein, ist in den letzten zehn Jahren zunehmend ins gesellschaftliche Bewusstsein gerückt“, betonte er.
Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland rund 9,4 Prozent der Bevölkerung, also 7,8 Millionen Menschen, amtlich als schwerbehindert anerkannt. Zu den Menschen mit Behinderungen zählen nach der UN-Konvention auch Personen mit langfristigen chronischen Erkrankungen, psychosozialen oder anderen Beeinträchtigungen, deren Teilhabechancen aufgrund gesellschaftlicher Barrieren reduziert sind.
Legt man diesen Behinderungsbegriff zugrunde, erhöht sich der Anteil an Menschen mit Behinderungen an der Gesamtbevölkerung nach Angaben des ersten Teilhabeberichts der Bundesregierung auf bis zu 25 Prozent.
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