UPD-Stiftung: Ministerium sieht bei Krankenkassen kein Vetorecht

Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) tritt Aussagen entgegen, man habe dem GKV-Spitzenverband Zugeständnisse in Haushaltsfragen der künftigen Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (Stiftung UPD) gemacht.
Der GKV-Spitzenverband habe bei der künftigen Stiftung UPD nach dem Gesetz und dem Satzungsentwurf kein Vetorecht, sondern ein Einspruchsrecht in Haushaltsfragen, das in der Folge das Erfordernis einer Drei-Viertel-Mehrheit im Stiftungsrat auslöse, stellte BMG-Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) in einem Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt klar.
Das BMG begründete, es gehe um Beitragsgelder der gesetzlichen Krankenversicherung und darum, ob diese Mittel richtig verwendet würden. Daher hätte der GKV-Spitzenverband ein Einspruchsrecht. Der jeweilige Fall, gegen den Einspruch erhoben würde, könne dann nur mit einer Dreiviertelmehrheit im Stiftungsrat beschlossen werden, so das Ministerium. Das sei seitens des Gesetzgebers „eine sehr hohe Hürde“.
Das Bundesgesundheitsministerium und der GKV-Spitzenverband hatten im Sommer Gespräche zum UPD-Reformgesetz sowie verfassungsrechtlichen Bedenken der Krankenkassen geführt. Die Krankenkassen hatten mehrfach ihr Unverständnis geäußert, dass sie mit Versichertengeldern die künftige UPD-Stiftung finanzieren sollen. Das mündete am Ende in einer Blockade der Satzung für die Stiftung, die die Kassen nicht schreiben wollten, aber gesetzlich verpflichtet waren. Erst nach den Gesprächen mit dem Ministerium gaben die Kassen ihre Haltung auf.
Die Ergebnisse daraus hatte das BMG in einem Schreiben an den GKV-Spitzenverband zusammengefasst. Dies habe insbesondere den Hinweis enthalten, dass die aus Beitragsmitteln zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel durch die Stiftung UPD ordnungsgemäß und dem Stiftungszweck entsprechend verwendet werden müssten, so das Ministerium.
Wörtlich heißt es darin unter anderem: „Das BMG wird den GKV-Spitzenverband daher bei der Geltendmachung seines Einspruches unterstützen, wenn er konkret darlegt und substantiiert begründet, dass eine Beschlussfassung aus seiner Sicht nicht mit einer wirtschaftlichen Haushaltsführung vereinbar ist.“
Das Ministerium unterstrich jetzt, dass das BMG – wie auch der GKV-Spitzenverband – in allen Haushaltsangelegenheiten, also auch außerhalb der Stiftung UPD, an die im Haushaltsrecht geltenden Maßgaben von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden sei.
Bei einer Verwaltungsratssitzung des GKV-Spitzenverbandes war das Schreiben aus dem BMG im Juli vielfach so interpretiert worden als gäbe es eine Zusicherung des Ministeriums bei begründeten strittigen Haushaltsfragestellungen auf Kassenseite zu stehen. Im Verwaltungsrat wurde geschlussfolgert, damit sei ein Beschluss in strittigen Haushaltsfragen gegen die Krankenkassen „praktisch nicht mehr möglich“.
Das Schreiben des Ministeriums ist nach damaliger Ansicht der Rechtsabteilung des GKV-Verwaltungsrats zwar nicht rechtsverbindlich, hieß es in der Juli-Sitzung. Die Briefe des Ministeriums seien aber im Fall der Fälle vor Gericht „ein Pfund“, sagte damals Martin Krasney, Stabsbereich Justitiariat vom GKV-Spitzenverband.
Zeitdruck bekannt
Ungeachtet der verschiedenen Interpretationen bei Haushaltsfragen hat das Ministerium derzeit den Eindruck, dass allen Beteiligten der Zeitdruck bewusst ist und alle konstruktiv an der Umsetzung der Stiftung arbeiten. Das Benennungsverfahren der Mitglieder des Stiftungsrats laufe bereits, hieß es vom Ministerium. Auch das Verfahren für die Auswahl der Vorstände werde in den Blick genommen.
Von den 15 Stimmen im Stiftungsrat gehören zwei Stimmen dem GKV-Spitzenverband, eine Stimme dem BMG, eine dem Verbraucherschutzministerium, sieben den Patientenorganisationen und eine der Privaten Krankenversicherung. Darüber hinaus entsendet der Bundestag zwei Mitglieder, die mittlerweile bekannt sind. Die SPD entsendet Martina Stamm-Fiebich, die CDU schickt Hubert Hüppe in den Stiftungsrat. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stephan Schwartze (SPD), sitzt dem Gremium vor.
Der Stiftungsrat könnte sich aus Sicht des BMG bisherigen Annahmen zufolge erstmals Ende Oktober oder Anfang November treffen. Eines der ersten Themen könnte sein, sich konkret mit dem weiteren Aufbau der Stiftung zu befassen. So soll via Ausschreibung möglichst zügig ein Stiftungsvorstand gefunden werden. Wann eine konkrete Suche nach Mitarbeitern für die Beratung beginnen kann, ist unterdessen unklar.
Um die Mitarbeiter der UPD gGmbH gibt es derzeit juristischen Ärger. Mittlerweile haben eine Reihe von Beschäftigten der derzeitigen UPD Kündigungsschutzklagen gegen ihren Arbeitgeber und den GKV-Spitzenverband eingereicht. Hintergrund ist der Streit darüber, ob es sich beim politisch gewünschten Übergang von der UPD gGmbH und einem Ausschreibungsverfahren zur UPD-Stiftung um einen Betriebsübergang im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) handelt.
Das BMG hatte darauf verwiesen, dass bereits in den Koalitionsfraktionen in den UPD-Eckpunkten im vergangenen Jahr vereinbart worden sei, dass kein Betriebsübergang von der UPD gGmbH zur Stiftung UPD erfolgen sollte. Die Aussagen aus dem Eckpunktepapier lassen sich aber nicht 1:1 im Gesetz für die UPD-Stiftung oder der Begründung wiederfinden. Ob es sich nun um einen Betriebsübergang im Sinne des BGB handelt, auch wenn die Abgeordneten und das Ministerium das für sich ausgeschlossen haben, müssen nun die Arbeitsgerichte klären.
Streit um Mitarbeiterübernahmen
Offen bleibt die Frage, warum politisch nicht konkret an den derzeit bei der UPD Beschäftigten festgehalten wird. Staatssekretärin Dittmar wiederholte im Gespräch, dass sie die jetzige UPD gGmbH und den Betriebsrat frühzeitig persönlich darüber informiert habe, dass die Mitarbeiter nicht automatisch in die neue Stiftung übernommen werden könnten.
In ihren öffentlichen Äußerungen habe sie keine Zusagen für die derzeitigen Mitarbeiter gemacht, jedoch deutlich den politischen Willen zum Ausdruck gebracht, dass es wünschenswert sei, wenn die Mitarbeitenden der bisherigen UPD ihr Wissen auch in die künftige UPD einbringen könnten, sagte sie dem Deutschen Ärzteblatt. Dies gehe im Übrigen auch aus der Gesetzesbegründung hervor, sagte sie.
Dittmar hatte im Bundesrat am 31. März des Jahres betont, dass die Mitarbeiter der UPD seit über 20 Jahren einen wichtigen Beitrag für die Information von Patienten leisten würden. Bisher habe ihnen keine langfristige Perspektive gegeben werden können. „Mit der Verstetigung erhalten diese endlich eine dauerhafte Perspektive. Das freut mich sehr, denn wir können es uns eigentlich nicht leisten, diesen enormen Wissens- und Erfahrungsschatz in der Patientenberatung zu verlieren“, hatte Dittmar gesagt.
Sie würde es „sehr begrüßen“ – und der politische Wille dazu sei auch schon kommuniziert worden –, wenn viele Mitarbeitende der bisherigen UPD ihr Wissen bestmöglich auch in die künftige UPD einbringen könnten. Die Aussagen sind demnach offenbar eher abstrakt zu interpretieren.
Unklar ist, wie die Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die er am 26. Januar dieses Jahres im Parlament in der ersten Beratung zum Gesetz getätigt hatte, zu verstehen ist. Er hatte gesagt: „Wir wollen all die guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt in der UPD mitgearbeitet haben, wenn irgend möglich in die neue Struktur überführen. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch für die Arbeit, die sie geleistet haben, ganz herzlich bedanken.“
Beratungslücke eingestanden
Ab wann die neue UPD-Stiftung und mit welchen Mitarbeitern diese dann tatsächlich beraten wird, darüber bestanden und bestehen derzeit verschiedene Einschätzungen. Dittmar betonte jetzt im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt, dass gewisse Einschränkungen in der Beratung „für den Übergang unvermeidbar“ seien. „Wir hatten diese Brüche auch in der Vergangenheit. „diese wird es mit der Verstetigung der UPD als Stiftung künftig aber nicht mehr geben“, sagte sie.
Sie geht weiter davon aus, dass die Stiftung Anfang Januar 2024 ihre Arbeit aufnimmt. Sie halte es für möglich, dass es zunächst noch nicht so viele freigeschaltete Telefonleitungen geben werde. Auch dürften sicher zum 2. Januar 2024 noch nicht alle Beratungsstellen besetzt sein. „Das wäre Utopie, das anzunehmen.“ Es sei aber auch nicht gesetzlich festgelegt, dass die Beratung 24/7 geleistet werden müsse.
Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes wird die persönliche Beratung in den regionalen Beratungsstellen zum 30. November dieses Jahres eingestellt. Das geht aus der Abwicklungsvereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband, der UPD gGmbH und deren Muttergesellschaft, dem privatwirtschaftlichen Dienstleister Sanvartis, hervor. Das Papier liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Demnach wird die bundesweite Hotline zum 8. Dezember eingestellt. Bis dahin können auch Online-Anfragen eingereicht werden. Die Internetseite ist ebenfalls noch bis zu diesem Tag online zu erreichen. Danach soll es einen Hinweis auf der Seite geben, dass das Beratungsangebot eingestellt wurde.
Das BMG trat auch noch einmal der Vermutung entgegen, dass künftig in der Stiftung UPD keinerlei Beratung im Bereich der Pflegeversicherung mehr stattfindet. Das sei nicht der Fall und das Angebot solle nicht kleiner werden. Vielmehr würden die finanziellen Mittel für die Stiftung in erheblichen Umfange aufgestockt, damit das Beratungsangebot in geeigneter Weise erweitert werden könne.
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