Verfassungsrichter fällen Entscheidung zum Tarifeinheitsgesetz am 11. Juli

Karlsruhe – Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) will seine Entscheidung zum Tarifeinheitsgesetz (Aktenzeichen: 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 1477/16) am 11. Juli bekanntgeben. Das kündigte das Gericht jetzt an. Geklagt hatten mehrere kleine Gewerkschaften, darunter die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB). Sie alle sehen sich durch die Reform in ihren Rechten beschnitten.
Das Gesetz regelt, dass sich bei mehreren konkurrierenden Tarifverträgen künftig diejenige Gewerkschaft durchsetzt, die in dem betroffenen Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die unterlegene Gewerkschaft kann sich nur anschließen und den Vertrag nachzeichnen. Mit dieser Regelung wollte die große Koalition für klare Verhältnisse sorgen. Denn eine jahrzehntelange Praxis nach dem Motto „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ hatte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 gekippt. Damit waren mehrere Verträge zulässig.
Die Gewerkschaften kritisierten das Tarifeinheitsgesetz von Anfang an als verfassungswidrig. Der MB argumentierte etwa im Januar dieses Jahres, Ärzte stellten im Betrieb immer eine Minderheit dar. In einem Krankenhaus könne der Marburger Bund maximal 15 Prozent der Beschäftigen organisieren – das sei in der Regel der Anteil der Ärzte an der Belegschaft. Es würde die Gewerkschaft schwer beeinträchtigen, wenn sie nur noch als „Bittsteller“ gesehen würde und bei Tarifverhandlungen nur noch am „Katzentisch“ Platz nehmen dürfte. Dies aber sei die Folge der Neuregelungen.
In einer Stellungnahme hatt der MB-Vorsitzende Rudolf Henke zudem deutlich gemacht, dass die vom MB vertretenen angestellten Ärzte die Zusage aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz einbüßten, wenn man das Grundrecht der Koalitionsfreiheit an die Übereinstimmung mit einer betrieblichen Mehrheit binde. „Wer ein Grundrecht unter Mehrheitsvorbehalt stellt, der schafft es praktisch ab“, sagte Henke unter Bezugnahme auf die Mehrheitsregel im Tarifeinheitsgesetz im Januar dieses Jahres.
In Karlsruhe sind elf Klagen anhängig. Fünf davon nimmt der Erste Senat unter Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof beispielhaft unter die Lupe. Mehrere Eilanträge gegen das Gesetz hatten die Verfassungsrichter im Oktober 2015 abgewiesen. Der Ausgang im Hauptsacheverfahren sei aber offen, hieß es damals.
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