Viele Beispiele zeigen, wie Hitzeschutz funktionieren kann

Berlin – In Deutschland gibt es zahlreiche Projekte, die den Hitzeschutz stärken, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Das wurde auf der zentralen Veranstaltung des zweiten bundesweiten Hitzeaktionstages deutlich, der gestern am BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin stattfand. Zum Beispiel hat hier die Krankenpflegerin Ulrike Krol im Rahmen ihrer Masterarbeit einen individuellen Hitzeaktionsplan für die unfallchirurgische Station der Klinik erstellt.
„Zunächst habe ich eine Heatmap der Station angefertigt“, erklärte Krol. „Dafür habe ich die Mitarbeitenden befragt, die zum Teil schon viele Jahre auf der Station arbeiten, in welchen Räumen es im Sommer heiß ist und wo es eher kühl bleibt.“ Die Heatmap hat ergeben, dass zum Beispiel der Patientenaufenthaltsraum zu den heißen Räumen der Station gehört sowie das Treppenhaus, in dem die Physiotherapeutinnen und -therapeuten mit den Patienten das Treppensteigen üben. „Zum Teil verbringen die Physiotherapeuten sieben Stunden in diesem Treppenhaus“, sagte Krol. Im Anschluss daran bat sie die Technik des Hauses, Kühlmöglichkeiten für die heißen Räumen zu erarbeiten. Das Ergebnis steht noch aus.
„Zudem haben wir Verantwortlichkeiten festgelegt, Stellenanteile geschaffen und die Abläufe einmal genau aufgeschrieben“, erklärte Krol. Es sei eine Warnkette auf der Grundlage der Informationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) erarbeitet worden. Wenn der DWD eine Hitzewarnung herausgibt, werden zuvor benannte Mitarbeitende informiert, die diese Information an alle anderen auf der Station weitergeben. Ein berufsgruppenspezifischer Maßnahmenkatalog beinhaltet, was die einzelnen Berufsgruppen bei Hitzewellen umsetzen. Für den ärztlichen Dienst sind zum Beispiel Hitzevisiten vorgesehen, eine Überprüfung von Therapie und Medikation der Patientinnen und Patienten sowie eine Anpassung des Elektivprogramms.
Bei Hitzewellen könne auch eine Fassadenbegrünung helfen, kühle Orte in einem Krankenhaus zu schaffen, sagte Krol. Ein Treppenhaus in einem anderen Teil des Klinikums sei zum Beispiel vor vielen Jahren begrünt worden. Dorthin könnten die Physiotherapeuten ausweichen, um mit den Patienten Treppensteigen zu üben. „In einem begrünten Treppenhaus ist die Temperatur um zehn Grad kühler als in einem Treppenhaus aus Stahl und Glas“, so Krol.
Krankenhäuser können sofort loslegen
Der Präsident der Ärztekammer Berlin (ÄKB), Peter Bobbert, erläuterte, wieviel sich in den Berliner Krankenhäusern in den vergangenen Jahren beim Hitzeschutz getan habe. Anfangs habe nur eines der über 60 Krankenhäuser einen Hitzeaktionsplan gehabt. Heute hätten alle Berliner Krankenhäuser einen. Das Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin, das die Ärztekammer mitgegründet hat, hat schon vor einiger Zeit Musterhitzeaktionspläne unter anderem für Krankenhäuser vorgestellt. Auf deren Grundlage hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vor kurzem Musterhitzeaktionspläne des Bundes vorgelegt.
„In unseren Aktionsplänen haben wir dargestellt, was die Krankenhäuser sofort machen können, um ihre Mitarbeitenden und ihre Patienten vor Hitze zu schützen“, sagte Bobbert. „Damit wollten wir zeigen, dass man sofort loslegen kann. Ganz wesentlich ist es dabei, Verantwortlichkeiten festzulegen.“
Das große Ziel sei es darüber hinaus, die gesamte Stadt hitzefest zu machen. Dafür sei es wichtig, auch die Bezirke einzubeziehen, da diese den Hitzeschutz ganz konkret in den Straßen umsetzen könnten: zum Beispiel in Form von kühlenden Räumen oder Wasserspendern. Bobbert betonte aber auch, dass Hitzeschutz nicht gratis sei: „Wenn wir Berlin mittel- bis langfristig hitzefest machen wollen, müssen wir das finanziell hinterlegen.“
Oft kein ausreichender Hitzeschutz auf Baustellen
Zu den vulnerablen Gruppen bei Hitzewellen zählen unter anderem Menschen, die im Freien arbeiten: zum Beispiel Gleisbauer, Gerüstbauer, Dachdecker und Erntehelfer. „Wir fahren schon seit vielen Jahren in Betriebe und auf die Baustellen, um die Arbeiter über die Gefahren durch Hitze aufzuklären“, berichtete Christoph Mayer von der IG Bau. Zum Beispiel gehe es dabei darum, dass bei steigender Temperatur die Unfallgefahr exponentiell ansteige. „Wenn die Menschen zu lange einer starken Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind und zu wenig trinken, führt das zu Konzentrationsmängeln, die schlimme Arbeitsunfälle zur Folge haben können“, so Mayer.
Schon heute gebe es viele Vorgaben, die die Arbeitgeber erfüllen müssten, um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bei Hitzeperioden zu schützen. „Das beginnt bei einer Gefährdungsbeurteilung der jeweiligen Arbeitsorte und geht über die künstliche Beschattung der Arbeitsplätze bis zu einer Verlegung der Arbeitszeiten in die frühen Morgenstunden“, sagte Mayer. Auch der personenbezogene Schutz gehöre dazu, zu dem eine Kopfbedeckung, eine Sonnenbrille, die Verwendung von Sonnencreme und UV-sichere, langärmlige und luftige Kleidung gehöre. „Wenn wir Arbeitsstätten besuchen, stellen wir allerdings fest, dass diese Vorgaben bei Weitem nicht immer eingehalten werden“, sagte Mayer. Er appellierte an die Arbeitgeber, aber auch an die Politik, sich an die sich derzeit verändernden Gegebenheiten durch Hitzeperioden anzupassen.
Hitzehilfe für obdachlose Menschen
Eine weitere vulnerable Gruppe sind obdachlose Menschen. Katharina Pätzold von der Stadt Hannover erklärte, wie die Stadt versucht, Obdachlosen bei Hitzewellen zu helfen. Dazu zähle die Abgabe von Trinkwasser, die Abgabe von wieder befüllbaren Trinkflaschen, von Sonnenschutz- und Hygieneartikeln und die Einrichtung von schattigen Orten in der Stadt. „Zudem versuchen wir, alle für die Gefahren durch Hitze zu sensibilisieren, die sich um obdachlose Menschen kümmern“, sagte Pätzold. So habe die Stadt vor kurzem einen entsprechenden Workshop mit haupt- und ehrenamtlich Tätigen in der Wohnungsnotfallhilfe durchgeführt.
Zudem versuche die Stadt stets, Kooperationspartner für die Sommerhilfe für wohnungslose Menschen zu finden. Gefunden hat sie unter anderem den Fußballverein Hannover 96, mit dessen Hilfe Trinkwasser an bestimmte Kioske in der Stadt gebracht wird, die dies kostenlos an Obdachlose verteilen. „Obdachlose haben bei Hitzeperioden besondere Herausforderungen aufgrund ihrer schwierigen Lebenssituation“, resümierte Pätzold. „Ihre Bedürfnisse sind aber dieselben wie bei allen Menschen.“
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