Vermischtes

Vorschläge zur Rettung des Rettungssystems

  • Freitag, 10. November 2023
/picture alliance, Julian Stratenschulte
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Essen – Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) der Rettungskräfte in Deutschland gehen gern ihrer Arbeit nach, allerdings arbeiten 44 Prozent bereits am persönlichen Limit. Das ist ein Ergebnis der Rettungsstudie mit mehr als 4.000 Teilnehmern aus ganz Deutschland, darunter Notfall- und Rettungssanitäter, Notärzte, Leit­stellendisponenten und weiteren Akteuren.

„Die Rettungskräfte sind hochkompetent, arbeiten aber in einem desaströsen Rettungssystem“, sagte der Autor der Untersuchung, Thomas Druyen. „Sie äußern deutliche Kritik an der aktuellen Situation.“

Der Umfrage nach steigt die Zahl der Notrufe und Einsätze seit Jahren. 83 Prozent der Befragten sehen die Ursache in gesellschaftlichen Entwicklungen. Die deutsche Gesellschaft wächst nicht nur, sie wird auch immer älter, die Zahl einsamer und mehrfach erkrankter Menschen nimmt zu.

Da Hausärzte und ambulante Dienste überlastet seien, werde immer häufiger der Notruf als Ausweg gesehen. Der Notruf ersetze den Arztbesuch – eine enorme Belastung für die Rettungskräfte, die sich schon längst als Auffangnetz im Gesundheitswesen empfinden.

„Rettungskräfte stehen vor einem Dilemma: auf der einen Seite die Mission und Verpflichtung, bei jedem Not­ruf mit einer rollenden Intensivstation auszurücken, auf der anderen Seite das Wissen, dass die explodierende Zahl an Bagatelleinsätzen zum Kollaps des Rettungswesens führt“, so Druyen.

Eine Lösung sehen die Befragten laut Analyse in einer besseren Patientensteuerung. Ebenfalls denkbar sei, der steigenden Zahl an Einsätzen mit mehr Personal zu begegnen. In dessen Ausbildung müsse jedoch zu­künftig verstärkt auf psychologische, digitale und KI-Kompetenzen gesetzt werden – und auf Technologie, die die Rettungskräfte im Einsatz unterstützt.

„Notfallsanitäter durchlaufen eine höchst anspruchsvolle Ausbildung. Danach haben sie jedoch selten Gelegenheit, ihre Kompetenzen wie erhofft einzusetzen, insbesondere in Bagatelleinsätzen“, erklärte Druyen.

So fordern 92 Prozent der Befragten, dass die Ausbildung zukünftig eine realistischere Erwartungshaltung an den Beruf vermitteln soll. Bei der Vergabe der Ausbildungsplätze sollte zudem nach Meinung von 68 Prozent der Befragten nicht mehr der schulische Notendurchschnitt der Maßstab sein.

Motivation, soziale Kompetenz und psychische Eignung sind aus ihrer Sicht wichtiger, um im Beruf langfristig durchzuhalten. Das sei vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass gesundheitliche Schäden im Beruf stark zugenommen haben. Dies bestätigen 71 Prozent der Befragten. 70 Prozent kritisierten, dass die dauerhafte Überforderung nicht im Einklang zur Bezahlung steht.

Verbesserungen am Rettungssystem hat ebenfalls die DRF Luftrettung gefordert und verschiedene Vorschläge dazu in einem jetzt veröffentlichten Positionspapier zusammengefasst.

„Bereits heute lassen sich mit überschaubarem Aufwand deutliche Verbesserungen am System der deutschen Luftrettung vornehmen, um damit mehr Menschenleben retten zu können”, sagte Krystian Pracz, Vorstands­vor­sitzender der DRF Luftrettung. Beispielsweise durch die Ausweitung der Einsatzbereitschaft der Luftrettungs­stationen in die Abend- und Nachtstunden.

Laut DFR Luftrettung werden aktuell lediglich 16 der bundesweit 82 Stationen mit 24-Stunden-Einsatzbereit­schaft betrieben. „Nachts ist die Verfügbarkeit der Luftrettung in Deutschland stark eingeschränkt. Notfälle er­eignen sich jedoch rund um die Uhr und unser aller Anspruch sollte es sein, eine optimale notfallmedizini­sche Versorgung unabhängig von der Tageszeit zur Verfügung zu stellen“, so Pracz.

Ihm zufolge bremst aber nicht nur Dunkelheit, sondern auch schlechtes Wetter die Luftrettung in Deutschland aktuell aus. Mit dem sogenannten „Point in Space”-Verfahren (PinS-Verfahren) könnten Schätzungen zufolge jedoch erheblich mehr der aktuell wegen schlechter Wetterbedingungen abgesagten Einsätze geflogen werden.

„Bereits seit 2018 engagieren wir uns für die Genehmigung des innovativen PinS-Verfahrens. Hier benötigen wir zeitnah einen vereinfachten und klar strukturierten Genehmigungsprozess als ersten Schritt für eine bundesweite Einführung“, erläuterte Pracz.

hil/sb

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