Zentren und Verbünde sollen medizinische Versorgung auf dem Land sichern

Berlin – Um die medizinische Versorgung auf dem Land auch in Zukunft zu sichern, muss die sektorenübergreifende Zusammenarbeit in Gesundheitszentren gefördert werden. Denn während die Bevölkerung immer älter wird, fällt es niedergelassenen Ärzten zunehmend schwer, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden, und viele kleine Akutkrankenhäuser sind kaum noch wirtschaftlich zu führen. Das war die Analyse von Experten bei der Veranstaltung „In the middle of nowhere: Medizinische Angebote im ländlichen Raum“, die gestern im Rahmen des Hauptstadtkongresses in Berlin stattfand.
Das Krankenhaus Emmaus Niesky führte Karsten Güldner, wissenschaftlicher Direktor der Akademie der Dienstleistungs- und Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser im Deutschen Städtetag, als gelungenes Beispiel für die Umwandlung einer defizitären Klinik in ein lokales Gesundheitszentrum an. Die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt Dresden habe dieses Projekt gemeinsam mit der AOK Plus und der sächsischen Landesregierung auf den Weg gebracht.
Alles in einem Zentrum
Das Krankenhaus mit 100 Betten und einem hohen Anteil an Notfallbehandlungen liege in einer Region mit überdurchschnittlich vielen älteren Menschen. Im Rahmen der Umwandlung sollte die stationäre Versorgung erhalten bleiben, aber durch ambulante Versorgungsangebote ergänzt werden. Es gebe ein Medizinisches Versorgungszentrum am Krankenhaus, ein Patienteninformationszentrum sowie eine Tagesstation für ambulante Patienten.
Die Notfallversorgung werde in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen über eine zentrale Anlaufstelle gesteuert, erklärte Güldner. „Das ist ein gutes Pilotprojekt“, sagte er. Das einzige, was die Entwicklung bremse, sei, dass sich außer der AOK Plus noch keine andere Krankenkasse an dem Projekt beteilige. „Der Wettbewerb unter den Kassen ist so groß, dass gemeinsames Handeln nicht funktioniert“, bedauerte Güldner. Die medizinische Versorgung auf dem Land sei massiv gefährdet. Lokale sektorenübergreifende Gesundheitszentren wie das in Niesky böten eine mögliche Lösung.
Keine pauschalen Lösungen
Dafür, Lösungen immer an die besondere Situation vor Ort anzupassen, sprach sich Joachim Bovelet, Hauptgeschäftsführer der Regiomed-Kliniken GmbH, aus. Zu diesem Klinikverbund gehöre beispielsweise das Krankenhaus Neuhaus am Rennweg, ein Haus der Grundversorgung, ohne Intensivstation, in dem einige Abteilungen leer stünden.
„Das Haus ist doppelt so groß wie benötigt“, sagte Bovelet. Dennoch sei es nicht überflüssig. Wenn man das Krankenhaus schließen würde, stünden aufgrund der Lage und der Witterungsverhältnisse im Winter 23.000 Menschen ohne medizinische Grundversorgung da. Zumal die Fahrzeit bis zum nächsten Krankenhaus 40 Minuten betrage. Die Lösung soll ähnlich aussehen wie in Sachsen: Man verhandele zurzeit, das Krankenhaus in eine Poliklinik umzuwandeln – und zwar nach dem Kostendeckungsprinzip. Dafür erhalte man Unterstützung vom Land, sagte Bovelet.
Anders stelle sich die Lage des Krankenhauses in Neustadt bei Coburg dar, ein Krankenhaus mit 73 Betten, das kürzlich rekommunalisiert wurde und schwer defizitär ist. „Hier haben wir den Fall, dass in maximal 15 Minuten sowohl ein weiteres Krankenhaus der Regel-, als auch eines der Schwerpunktversorgung erreichbar ist“, sagte Bovelet.
Sein Klinikverbund sprach sich ebenso wie die bayerische Landesregierung für die Schließung des Krankenhauses in Neustadt aus. Dafür sollte in Coburg eine neue Klinik mit 630 Betten entstehen. Es sei enorm schwierig gewesen, dieses Konzept gegen die politischen Widerstände in Neustadt durchzusetzen, meinte Bovelet. „Dabei gab es dafür keinen versorgungstechnischen Grund.“ Aus seiner Sicht sind Verbundlösungen wie die von Regiomed für kleine Krankenhäuser zukunftsweisend.
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