Politik

Union warnt vor Bruch des Völker- und Europarechts durch das Cannabisgesetz

  • Montag, 4. März 2024
/auremar, stock.adobe.com
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Berlin/Münchn/Brüssel – Das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis verstößt nach Ansicht der Vorsitzen­den der CDU/CSU-Fraktionen in den Landtagen, des Bundestages und der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Frak­tion im Europäischen Parlament gegen das Völkerrecht und europäisches Recht und gefährdet die gesamte Gesell­schaft.

„Das Völkerrecht gestattet den Gebrauch von Cannabis nur zu wissenschaftlichen und medizinischen Zwecken in einem engen Sinne, nicht aber den kommerziellen Anbau und Handel“, heißt es in einem Beschluss von gestern Abend, der dem Deutschen Ärzte­blatt vorliegt.

Die UN-Drogenkontrollorgane würden eine umfassende Cannabislegali­sierung wie von der Bundesregierung beabsichtigt in ständiger Entscheidungspraxis als vertragswidrigen Verstoß gegen die UN-Übereinkommen zur Drogenbekämpfung bewerten, wird in dem Papier gewarnt.

Da die Europäische Union seit 1988 Vertragspartei des zentralen UN-Übereinkommens zur Drogenbekäm­pfung sei, seien dessen Regelungen auch Teil des europäischen Rechts. Ferner verstoße das Cannabisgesetz auch gegen das sogenannte Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990.

Die Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktionen in den Landtagen, des Bundestages und der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion fordern daher in ihrem Papier ein Stopp des Gesetzes im Vermittlungsausschuss des Bun­des­rates.

„Nur so kann Schaden von den insbesondere jungen Menschen in Deutschland abgewendet werden. Nur so kann ein offener Bruch von Völker- und Europarecht, und ein entsprechender Ansehensverlust Deutschlands abgewendet werden“, schreiben sie in dem Papier.

Die Union verweist darin auch auf die Gefahren wie zum Beispiel die Folgen für den Straßenverkehr. Die Auswirkungen auf den Straßenverkehr seien „noch völlig ungeklärt“, heißt es. „Wir sehen hier eine erhöhte Gefährdung für die ganze Gesellschaft.“

Die Union verweist in dem Beschluss auch auf die Sicht der Ärzteschaft. „Viele Ärztefachverbände haben schon zu Beginn der Debatte vor den negativen Auswirkungen einer Legalisierung gewarnt, vor allem auch mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz“, heißt es darin.

Vor allem die Bundesärztekammer, aber auch Landesärzte­kammern und Ärzteorganisationen warnen seit lan­gem vor der Teillegalisierung. „Die erheblichen gesundheitlichen, vor allem die psychischen Risiken des Can­nabiskonsums sind wissenschaftlich belegt und dürfen nicht ignoriert werden“, betonen die Unionsspitzen.

Kritik übt die Union auch daran, dass Haushaltsmittel für Präventionsarbeit nicht bereitgestellt werden. Zu­dem würden aus ihrer Sicht Mehrkosten für die Solidargemeinschaft durch eine stärkere Belastung der ge­setzlichen Krankenversicherung entstehen.

Erfahrungen aus dem Ausland zeigten zudem, dass ein sogenannter grauer Markt entstehen könne, bei dem beispielsweise Volljährige legal erworbenen Stoff an Minderjährige weitergäben. Das wäre eine neue Heraus­forderung für Polizei und Justiz und würde den Jugendschutz hierzulande geradezu konterkarieren, so die Union. Ebenso zeige sich, dass der Schwarzmarkt dort weiter existiere.

Zudem lösen die bereits beschlossenen Ampelvorschläge aus Sicht der Union einen übermäßigen bürokrati­schen Umsetzungsauf­wand für die örtlichen Behörden, vor allem die Justiz, aus. Etwa durch die vorgesehene rückwirkende Strafbe­freiung stehe die Justiz vor erheblichen Herausforderungen.

Diese müsse tausende Verfahren händisch überprüfen und gegebenenfalls verurteilte Straftäter früher aus der Haft entlassen. Daneben würden durch den lizenzierten Handel Probleme in der Marktregulierung entstehen, der Schmuggel und der Steuerbetrug würden den Staat vor unlösbare Probleme stellen.

„Die Ampel will gegen alle gesellschaftlichen wie parteiinternen Widerstände und mit einer unfassbaren Ignoranz gegenüber ärztlichem Rat das Cannabisgesetz weiter durchpeitschen“, sagte der bayerische CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek.

Selbst eigene Studien des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hätten prognostiziert, dass der Konsum unter Jugendlichen steigen werde. „Wir werden alle juristischen Möglichkeiten prüfen und gleichzeitig ver­suchen mit anderen Bundesländern das Vorhaben in den Vermittlungs­ausschuss zu bringen, um es noch zu stoppen.“

Kritik kam erneut auch wieder von der Ärzteschaft. Der Gesetzgeber nehme in Kauf, dass durch die Legalisie­rung eine Droge verharmlost und verbreitet werde, die nachgewiesenermaßen abhängig mache und gerade bei Jugendlichen zu schweren und irreparablen Entwicklungsschäden führe, kritisierte am Wochenende der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke.

Die Kammerversammlung der nordrheinischen Ärzte forderte, den Fokus der zukünftigen Drogenpolitik auf eine deutliche Ausweitung evidenzbasierter Präventionsstrategien und die Förderung von Interventionspro­grammen zu legen. Dabei müsse ein besonderer Schwerpunkt auf der Prävention bei Kindern und Jugendli­chen liegen. Insbesondere sollte es keine Schule ohne Suchtprävention geben.

Die Politik, so die Forderung der nordrheinischen Delegierten, müsse ausreichende Mittel für verbesserte Prävention, Früherkennung, Frühintervention, Beratung, Begleitung und Behandlung bereitstellen, sollte das Gesetz in Kraft treten.

may/dpa/aha

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