Sozialausgaben steigen auf über 900 Milliarden Euro

Berlin – Trotz Rekordbeschäftigung und guter Konjunktur sind die Sozialausgaben im vergangenen Jahr auf über 900 Milliarden Euro gewachsen. Die Kosten seien zwischen 2015 und 2016 um 32,6 Milliarden auf 918 Milliarden Euro gestiegen, wie das Handelsblatt berichtete. Grund sind vor allem die Mehrausgaben bei Rente und Krankenversicherung. 2021 könnten die Sozialausgaben die Billionengrenze überschreiten, hieß es.
Bei der Rente stiegen die Ausgaben zwischen 2000 und 2016 von 217 auf 293 Milliarden Euro, schreibt das Blatt unter Berufung auf den Sozialbericht. In diesem Jahr würden sie demnach erstmals die 300-Milliarden-Grenze durchbrechen. Die Ausgaben in der Krankenversicherung legten zwischen 2000 und 2016 von 132 auf 221 Milliarden Euro zu, die für Pensionen und Beihilfen von Beamten von 51,6 auf 74,1 Milliarden Euro. Für 2017 rechnet die Bundesregierung mit einem Anstieg der Sozialausgaben auf 961 Milliarden Euro. Für 2021 erwartet sie Sozialausgaben in Höhe von 1,1 Billionen Euro. Der Sozialbericht soll nächsten Mittwoch vom Bundeskabinett beraten werden.
Sozialausgaben steigen stärker als die Wirtschaftsleistung
Der Bericht zeige „den im Einklang mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stehenden Umfang der Sozialleistungen in Deutschland“, schreibt Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) dem Handelsblatt zufolge in einem Begleitschreiben an ihre Kabinettskollegen. Allerdings steigen den Angaben zufolge die Sozialausgaben stärker als die Wirtschaftsleistung. Habe die so genannte Sozialleistungsquote 2013 noch bei 29 Prozent gelegen, stieg sie 2016 auf 29,3 und wird in diesem Jahr 29,8 Prozent betragen.
Der Verband Familienunternehmer trat für eine Kostenbremse bei den Lohnnebenkosten ein. Es sei absurd, dass die Sozialausgaben steigen, während die Arbeitslosenzahlen sinken, erklärte Verbandspräsident Reinhold von Eben-Worlée. „In einer guten wirtschaftlichen Lage sollte der Anteil der Sozialausgaben an der Wirtschaftsleistung eigentlich schrumpfen, da beispielsweise die Kosten der Arbeitslosenhilfe zurückgehen. Die Lohnnebenkosten sollten dauerhaft unter 40 Prozent gehalten werden.“
Arbeitgeber warnen vor steigenden Sozialabgaben
Angesichts der Zahlen warnte die Arbeitgeberseite vor rapide steigenden Sozialabgaben. Leider wollten nahezu alle Parteien in ihren Wahlprogrammen die Sozialleistungen in der kommenden Legislaturperiode zum Teil deutlich ausweiten, unterstrich der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, heute in Berlin. Damit drohe ein massiver Arbeitsplatzverlust.
Kampeter, früher CDU-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, plädierte für einen gesellschaftlichen Konsens, dass der Gesamtbeitragssatz für die vier zentralen Sozialversicherungen – Kranken- und Pflegeversicherung sowie Renten- und Arbeitslosenversicherung – die Obergrenze von 40 Prozent der Bruttoarbeitslöhne nicht übersteigen dürfe. Gut die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, den Rest der Arbeitgeber.
Nach einer Studie des Prognos-Instituts gehen bei einem Anstieg der gesamten Sozialbeiträge um einen Prozentpunkt rund 90.000 Arbeitsplätze verloren. Nach diesen Berechnungen steigen die Beitragsätze in den zentralen Zweigen der Sozialversicherung ohne gesetzliche Eingriffe von heute 39,95 Prozent bis 2040 auf 48,8 Prozent. Und mit gesetzlichen Eingriffen etwa bei der Rente könnten die Sozialbeiträge bis 2040 sogar auf 55,5 Prozent ansteigen.
Andererseits wies die Deutsche Rentenversicherung darauf hin, dass die wachsende Zahl an Zuwanderern vor allem aus EU-Ländern die Finanzlage der Sozialversicherung verbessere. Deshalb seien Renten- und Krankenkassenbeiträge trotz kostspieliger Reformen auf absehbare Zeit stabil, zitiert das Handelsblatt Daten der Rentenversicherung. Um 1,7 Millionen Euro oder 53 Prozent ist demnach die Zahl der Sozialbeitragszahler mit einem ausländischen Pass zwischen 2008 und 2015 gestiegen.
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