Ärzte protestieren in Brandenburg gegen Gesundheitspolitik

Neuruppin – In Brandenburg sind heute zahlreiche Praxen geschlossen geblieben oder haben ihr Versorgungsangebot eingeschränkt. Aufgerufen dazu hat ein breites Bündnis medizinischer und psychotherapeutischer Berufsverbände im Land. Sie wollen damit ein Zeichen gegen den drohenden Kollaps der ambulanten ärztlichen Versorgung setzen.
„Die Lage in der ambulanten Versorgung ist alarmierend, und die Ärzteschaft ist mit ihrer Geduld am Ende“, sagte Stefan Roßbach-Kurschat, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), heute in Neuruppin bei einer Kundgebung.
Es sei „höchste Zeit“, dass die Krankenkassen und der Gesetzgeber dies erkennen würden und unverzüglich handelten. Roßbach-Kurschat bemängelte den aktuellen Honorarabschluss auf Bundesebene für 2024. Er sprach von einer enttäuschenden Steigerung von lediglich 3,85 Prozent spiegelt eine verantwortungslose Haltung der Krankenkassen wider.
Hätten diese die ambulante Versorgung in einem Flächenland wie Brandenburg im Blick, hätten sie einem angemessenen Inflationsausgleich und einer ausreichenden Finanzierung der nicht ärztlichen Teams in den Praxen zugestimmt, sagte er.
Ärzte und Psychotherapeuten riefen heute erneut dazu auf, die Bürokratie abzubauen, Regresse abzuschaffen, nur eine funktionierende Telematikinfrastruktur zuzulassen und die Vergütungssystematik der ambulanten Versorgung zu verändern. Dabei müssten sämtliche Praxisstrukturen, Vorhalte- und Teamkosten sowie medizinische Leistungen vollständig zu 100 Prozent berücksichtigt werden.
„Gesundheit hat keinen Verhandlungsspielraum, sondern gehört zur Daseinsvorsorge, die uneingeschränkt finanziert werden muss“, so Roßbach-Kurschat. Der Gesetzgeber und die Krankenkassen seien gefordert, die dringende Notwendigkeit zu erkennen und gegenzusteuern. „Eine Praxis, die heute schließt, wird morgen nicht mehr öffnen und den Patienten nicht mehr zur Verfügung stehen.“
„Die aktuelle Vergütung unserer Arbeit entspricht in keiner Weise den immer weiter steigenden Anforderungen an uns Arztpraxen“, hatte Karin Harre, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Brandenburg anlässlich des Protests betont.
Inflation, steigende Gehälter der Angestellten, höhere Energie- und Mietkosten aber auch der wachsende Aufwand für Bürokratie und Digitalisierung entzögen den Praxen die Grundlage für eine verlässliche Versorgung der Patientinnen und Patienten, so Harre.
Auch in Hinblick auf die Gewinnung ärztlichen Nachwuchses in Brandenburg seien die jetzigen viel zu geringen Abschlüsse mit den Krankenkassen ein völlig falsches Signal für die Zukunft.
Die Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) erklärte sich solidarisch. „Der Aktionstag wendet sich gegen das Verhalten der Politik und der Krankenkassen“, sagte LÄKB-Präsident Frank Ulrich Schulz. Die Kolleginnen und Kollegen wollten damit darüber aufklären, welche negativen Folgen dies für die Versorgung der Menschen in Brandenburg haben könne und werde. „Ein Weiter so kann und darf es nicht geben“, so Schulz.
Aus Protest gegen die aktuelle Gesundheitspolitik wollen Ärztinnen und Ärzte bundesweit auch am 2. Oktober ihre Praxen geschlossen halten.
Unter dem Motto „Jetzt reicht's – Wir sind es leid!“ fordern die Mediziner zum wiederholten Male bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Dazu gehören die Abschaffung der Budgetierung und von „medizinisch unsinnigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen“, auch für einen Abbau der Bürokratie wird plädiert.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: