Ärzteschaft

Ärzte wehren sich gegen Zwangsrekrutierung in Nordrhein-Westfalen

  • Montag, 6. April 2020
Rudolf Henke (CDU), Präsident der Ärztekammer Nordrhein. /picture alliance Fabian Sommer
Rudolf Henke (CDU), Präsident der Ärztekammer Nordrhein. /picture alliance Fabian Sommer

Düsseldorf – Ärztliche Berufsverbände und Gesellschaften sowie die Ärztekammer Nord­rhein haben die Landesregierung in Nordhrein-Westfalen (NRW) aufgefordert, weiterhin auf das freiwillige Engagement der Ärzte zu vertrauen und keine gesetzge­berischen Zwangsmaßnahmen zum Beispiel zur Rekrutierung von Medizinern zu beschließen.

„Wir erfüllen unseren gesellschaftlichen Auftrag im Rahmen der Kassenärztlichen Verei­nigung (KV) in vorbildlicher und freier Weise und fordern Sie auf, uns nicht durch die im Gesetzentwurf angekündigten Zwangsmaßnahmen unserer Flexibilität zu berauben“, heißt es in einem Brief der Verbände an die NRW-Landesregierung.

Hintergrund ist ein geplantes Epidemiegesetz der Landesregierung. Es war zunächst we­gen scharfem Widerstand der Opposition in Düsseldorf zurückgestellt worden. Der Ent­wurf sieht unter anderem Zwangsverpflichtungen von Ärzten im Notfall vor. Außerdem sollen die Behörden berechtigt werden, medizinisches Material sicherzustellen. Entspre­chende Notstandsregeln bestehen bislang nur in Bayern.

In einer Videobotschaft an die Mitglieder der Ärztekammer Nordrhein betonte auch deren Präsident, Rudolf Henke, dass man auch mit einer Zwangsverpflichtung nicht mehr Ärzte für die Hilfe gegen das Coronavirus aktivieren könne als auf freiwilligem Weg: „Ich mei­ne, der Staat kann darauf verzichten, und er kann auf das freiwillige Engagement vertrau­en. Denn die Hilfsbereitschaft ist überwältigend“, sagte er.

Henke betonte, der Ärzteschaft sei bewusst, dass in Katastrophensituationen Verbind­lich­keit nötig sei und Einsatzpläne durchgesetzt werden müssten. „Dazu ist die Ärzte­schaft mit ihren Institutionen nicht nur bereit, sondern auch in der Lage“, sagte er.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) drängt hingegen zur Eile. Die öffentlichen Stellen bräuchten schnellen Zugriff auf medizinisches Material, wenn es nötig werde, sagte er Anfang April. Das Gesetz soll nun nach Expertenanhörungen und einer Abstimmung im Gesundheitsausschuss am 9. April in einer Sonder-Plenarsitzung des Landtages verab­schie­det werden. Ein Fehler – wie die ärztlichen Verbände meinen.

„Ihr Entwurf würde unserer Einschätzung nach essentielle Teile des Gesundheitswesens handlungsunfähig machen“, heißt es in dem Brief. Als Beispiel für das Engagement der ärztlichen Verbände weisen sie unter anderem auf eine Initiative des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) hin.

Dieser habe in verschiedenen Regionen Deutschlands regional-organisierte Praxis-Netz­werke etabliert, die mit Entlastungssprechstunden die Krankenhäuser unterstützten, da­mit diese sich auf die Versorgung der Corona-Patienten konzentrieren könnten.

„Niedergelassene Orthopäden und Unfallchirurgen haben in mehreren Bundesländern nicht nur während der Wochentage, sondern ab sofort auch an Wochenenden und Feier­tagen zwischen 9 und 15 Uhr ihre Praxen für Patienten geöffnet“, informierten die Ver­bände.

„Entsprechend der ärztlichen Hilfsbereitschaft, in Not zu helfen, stehen wir für unser Land und seine Bürger ein. Jeden Tag bestärken wir unsere Mitmenschen darin, die politi­schen Vorgaben einzuhalten, um die Krise zu meistern.

Patienten vertrauten Ärzten seit langem und man würde sich wünschen, dass dieses Ver­trauen zwischen Politik und Ärzteschaft auch bei einer Zuspitzung der Lage auf Gegen­seitigkeit beruhe, appellieren die Verbände an die Landesregierung in NRW.

hil

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