Ärzteschaft

Ärzte wollen digitaler arbeiten

  • Donnerstag, 27. Juni 2024
/Gorodenkoff, stock.adobe.com
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Berlin – Ärzte wollen digitaler arbeiten. Das betonte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassen­ärztlichen Vereinigung Berlin (KV), Christiane Wessel, gestern bei der Jubiläumsfeier der kv.digital im Berliner Tiergarten.

Sie hätten vor allem bezüglich des Fachkräftemangels oft keine andere Wahl. Allerdings sei der Frust groß, wenn etwas mit der Telematikinfrastruktur (TI) nicht funktioniere. Dieser sei nur schwer wieder einzufangen, so Wessel.

Auch Philipp Stachwitz, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), betonte die Notwendigkeit, dass Ärzte Anwendungen bräuchten, die funktionierten.

Die Anwendung kv.connect von der kv.digital sei gut bei den Ärztinnen und Ärzten angekommen, sagte die niedergelassene Ärztin Irmgard Landgraf. Dabei handelt es sich um einen sicheren, datenschutzkonformen Kommunikationsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Allerdings soll diese Anwendung dem­nächst eingestellt werden und wird vom E-Mail-Standard KIM (Kommunikation im Medizinwesen) der Gematik ersetzt.

Treiber der Digitalisierung in den Arztpraxen seien aber vor allem die medizinischen Fachangestellten (MFA) berichtete Landgraf weiter. Bei ihnen sei die Entlastung durch digitale Prozesse am deutlichsten zu spüren. Und falls doch etwas nicht funktioniere, wünscht sich die Ärztin Landgraf eine Anlaufstelle, bei der man sämtliches Feedback einreichen könnte. Diese sollte auch für die Gestaltung von digitalen Anwendungen genutzt werden, forderte Landgraf.

Bei der Frage, ob die Gematik eine solche Stelle künftig sein könnte, hielt sich der Interimsgeschäftsführer Florian Hartge gestern etwas zurück. Allerdings bemühe sich die Gematik, ein möglichst breites Bild von der Ärzteschaft zu erhalten, etwa mittels Umfragen. Er räumte aber ein, dass sich darunter vermutlich viele digitalaffine Ärztinnen und Ärzte befinden würden.

Für Patienten ist Frage des Systems unwichtig

Für Patientinnen und Patienten sei es überhaupt nicht wichtig, welche Systeme hinter der Digitalisierung in den Arztpraxen steckten, erklärte Landgraf weiter. Ihnen gehe es vor allem darum, dass alles funktioniere und sie keine Arztbriefe von einem zum anderen Arzt fahren müssten. Ältere Patienten würden sich zudem oft sor­gen, dass sie nicht so gut versorgt würden wie jüngere, die mit digitalen Anforderungen besser zurechtkämen, sagte Landgraf.

Für Erleichterung im Zuge der Digitalisierung in den Arztpraxen könnte zudem die Rahmenvereinbarung der KBV für Praxissoftware sorgen, erklärten Stachwitz sowie der Unterabteilungsleiter für „Gematik, Telematik­infrastruktur, E-Health“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Sebastian Zilch.

Die KBV hat im März bestimmte Anforderungen für Anbieter von Praxissoftware definiert. Wenn diese einen Vertrag mit der KBV schließen, zeigen sie, dass ihr Produkt bestimmte Anforderungen an Transparenz, Service und Verlässlichkeit erfüllt. Zilch hofft darauf, dass viele Hersteller diese Rahmenvereinbarung unterzeichnen werden. Auch Stachwitz nannte diese Vereinbarung einen „konstruktiven Schritt“ zu mehr Transparenz für Ärzte.

Um genau solche Anwendungen für die Arztpraxen zu schaffen, wurde das Unternehmen kv.digital vor zehn Jahren gegründet, erklärte KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen. Man habe frischen Wind in die Digitalisierung bringen wollen. Damals habe die KBV-Tochter mit sechs Personen begonnen, heute arbeiten mehr als 80 Menschen für das Unternehmen, sagte Gassen.

Ärzte keine Digitalisierungsverhinderer

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte müssten sich oft anhören, dass sie Verhinderer der Digitalisierung seien, das stimme aber nicht. Sonst gäbe es die kv.digital nicht, so Gassen. Den KVen sei es bei der Gründung der Firma zudem darum gegangen, Brücken insbesondere bei der Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern sowie zu Schnittstellen in der Digitalisierung zu bauen, ergänzte KBV-Vize-Vorstandsvorsitzender Stephan Hofmeister.

Zudem sollte die Patientenversorgung durch die digitalen Anwendungen profitieren, betonte er. Die Patienten hätten in den vergangenen zehn Jahren ihr Kommunikations- und Nachfrageverhalten geändert. Auch deshalb habe man das Portfolio der kv.digital stets erweitert.

Die kv.digital unterstützt die kassenärztlichen Vereinigungen mit zwei Produktteams. Ein Team stellt Weban­wendungen und Apps zur Terminvermittlung für den 116117 Patientenservice zur Verfügung. 2023 wurden zwei Millionen Termine über den Terminservice eingestellt. 1,2 Millionen Termine wurden erfolgreich ver­mittelt, erklärte der Geschäftsführer Volker Dentel. Mehr als 65.000 Arztpraxen seien für diesen Service re­gistriert.

Das zweite Team ermöglicht durch die Kommunikationsdienste KV-Connect und den KBV-eigenen KIM-Dienst kv.dox eine sichere medizinische Kommunikation von Gesundheitsdaten. Das Unternehmen unterstützt zudem Softwarehersteller beim Datenaustausch über Kommunikationsdienste, um die Interoperabilität sicherzu­stell­en. Dazu gehöre etwa die Spezifikation praxisgerechter Anwendungen für die Übertragung von beispielsweise elektronischen Arztbriefen und Labordaten.

cmk

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