Ärzteverbände pochen auf Ausgleich für steigende Praxiskosten

Berlin – Nach der ersten ergebnislos vertagten Honorarverhandlungsrunde zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband haben sich heute weitere Ärzteverbände zu Wort gemeldet. Sie verlangen „eine spürbare Anhebung des Orientierungswertes“.
Hausärztinnen- und Hausärzteverband, Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands (Spifa), Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) sowie Medi Baden-Württemberg wiesen auf die in den gestiegenen Praxiskosten hin – vor allem für das Personal. Dem müsste Rechnung getragen werden.
Die Verbände drängen insbesondere darauf, dass die steigenden Gehälter der Medizinischen Fachangestellten (MFA) künftig unmittelbar in den Verhandlungen zum Orientierungswert berücksichtigt werden. Darauf hatten sich KBV und GKV-Spitzenverband im vergangenen Jahr geeinigt.
Die Verbände forderten, dass diesen Ankündigungen nun auch Taten folgen müssen. Im Jahr 2024 sind die MFA-Gehälter im Schnitt über alle Tarifgruppen hinweg um 7,4 Prozent gestiegen. Diese Steigerungen müssen sich in vollem Umfang auch in der Anpassung der Orientierungswerte widerspiegeln.
„Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Praxen verdienen faire Gehälter“, sagten Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Es sei daher vollkommen richtig, dass die MFA-Gehälter stiegen.
„Das Geld dafür muss aber auch irgendwo herkommen. Die Praxen, die ohnehin schon mit den explodierenden Kosten bei Miete, Energie und Praxisbedarf kämpfen, können dies nicht auch noch allein stemmen“, betonten sie. Man erwarte von KBV und GKV-Spitzenverband, dass sie Wort halten und dafür sorgen, dass die Tarifänderungen bei den MFA sich auch im Orientierungswert eins zu eins widerspiegeln.
BVKJ-Vize-Präsident Stefan Trapp ergänzt, mit einer Honorarsteigerung von lediglich 1,6 Prozent, wie sie die Kassen anböten, sei die wirtschaftliche Existenz der Praxen „akut gefährdet“. Das Angebot liege deutlich unter der Inflationsrate. „Die Kassen setzen die zukünftige, umfassende und wohnortnahe Patientenversorgung leichtfertig aufs Spiel.“
Wenn die Kassen wollten, dass ihre Versicherten auch noch in den kommenden Jahren eine Praxis fänden, die sie behandeln könnten, müssten sie es den Praxen nicht nur erlauben, konkurrenzfähige MFA-Gehälter zu finanzieren, sondern sie müssten auch Gehaltssteigerungen für Ärzte akzeptieren, die mit der Klinik mithalten könnten.
„Eine gute medizinische Versorgung in Deutschland gibt es nicht zum Nulltarif, erst recht nicht in einer Zeit, in der immer weniger Praxen immer mehr Menschen versorgen müssen“, sagte Spifa-Chef Dirk Heinrich. Die aktuelle Entwicklung der Inflation, kontinuierliche Preissteigerungen beim Betrieb der Praxen und auch beim Personal müssten bei der Festlegung des Orientierungswertes adäquat abgebildet sein.
„Die ungleiche Behandlung zwischen dem Pflegepersonal in Krankenhäusern und unseren MFA muss endlich aufhören“, sagte er. Die Krankenhäuser könnten die Pflegekosten in voller Höhe, unabhängig von den diagnosebezogenen Fallpauschalen, berechnen und damit eine adäquate Vergütung und somit eine bessere Personalstärke im pflegerischen Bereich erzielen.
„Wir brauchen dringend eine deutliche Steigerung des Orientierungswerts, um auch unsere sehr prekäre Personalsituation durch angemessene Gehälter zu verbessern“, erklärte Norbert Smetak, Vorsitzender von Medi Baden-Württemberg.
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